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Nicht mehr Teil des Alltags

Nicht mehr Teil des Alltags

Im Gespräch mit dem madjarischstämmigen Kaplan Tibor Berecz aus Fünfkirchen

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Deutschsprachige Seelsorger in Ungarn muss man mittlerweile mit der Lupe suchen. Das Sonntagsblatt fand einen jungen Kaplan in Fünfkirchen, den aus Sagetal/Szakadát stammenden Tibor Berecz, der maßgeblichen Anteil an der Wiederbelebung und Gestaltung der Fünfkirchner deutschen Sonntagsmesse hat. Er ist Kaplan am Fünfkirchner Dom, Jugendseelsorger und Schulkaplan. Das deutschsprachige Gespräch führte Richard Guth.

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SB: Herr Kaplan Berecz, Sie sind im Wendejahr 1990 geboren: Erzählen Sie bitte ein wenig über Ihre Jugend, insbesondere, ob und wenn ja, in welcher Form Sie mit den Ungarndeutschen in Berührung kamen?

TB: Mein Heimatdorf Sagetal, Tolnau, ist traditionell ein ungarndeutsches Dorf gewesen. Man muss heute eher in Vergangenheitsform reden. Unsere Nachbarn waren ein altes Ehepaar, sie waren Ungarndeutsche. Viele im Dorf haben auch heute noch ungarndeutsche Wurzeln. Ich persönlich komme nicht aus einer ungarndeutschen Familie, meine Großeltern väterlicherseits kamen nach der Vertreibung aus Oberungarn, kamen ins Dorf als Fremde. Mütterlicherseits stamme ich aus der Tolnau, es waren arme Leute, Ungarn. Zwei meiner ehemaligen Klassenkameraden sind aber Ungarndeutsche.

SB: Sie sprechen ausgezeichnet Deutsch – wie kam es dazu, dass Sie sich die Sprache auf so einem hohen Niveau angeeignet haben?

TB: Ich habe die Grundschule in Jink besucht, wir hatten bis zu sechs Deutschstunden pro Woche. Das war für einen kleinen Jungen etwas mühselig, aber am Gymnasium konnte ich mehr als die anderen, die deutsche Sprache habe ich mit der Zeit richtig liebgewonnen. Ich mochte und mag die Sprache. Auch in den Ferien habe ich Vokabeln gelernt. Ich habe die Sprache in meinem Dorf gebraucht. Die älteren Menschen waren größtenteils Ungarndeutsche, zu ihnen hatte ich bereits als Kind regen Kontakt. Es kamen auch Deutsche aus Deutschland ins Dorf, manche haben sich niedergelassen. Hervorheben möchte ich das Ehepaar Günther und Anita Venohr, sie spielten eine große Rolle im Gemeinschaftsleben. In der einen Familie gab es Kinder, mit denen ich deutsch sprach, also man brauchte für die Kommunikation Deutsch. Nach dem Abitur habe ich Theologie studiert, danach wurde ich nach Rom geschickt, ans Collegium Germanicum et Hungaricum. Mein Deutsch hat sich da weiter verbessert. Es gab Ungarn, Deutsche, Kroaten, die Haussprache war Deutsch. Im Kolleg haben wir die Messen deutsch gefeiert. Insgesamt war ich leidiglich zweimal einen Monat in Deutschland.

SB: Sie lesen des Öfteren die deutsche Sonntagsmesse in Fünfkirchen – warum fiel die Entscheidung der Organisatoren/der Bistumsleitung auf Ihre Person?

TB: Das ist keine ausgesprochene Regel. Es kam einfach dazu, weil ich meine Dienste hier in Fünfkirchen verrichte, ich bin Kaplan im Dom, Jugendseelsorger und Schulkaplan. Es ist viel einfacher, 50 Meter zu laufen als aus Bonnhard anzureisen. Ich mache das gerne.

SB: Nun hatten Sie die Gelegenheit über die Gottesdienste einen Einblick in das Innenleben der deutschen Gemeinschaft zu gewinnen? Wie ist Ihr Eindruck?

TB: Die Messe besuchen viele Ungarndeutsche, aber auch einige deutsche Studentinnen und Studenten, vor allem aus dem Bereich Medizin. Vorgestern war der Chor aus Mohatsch da. Orgelspiel gibt es immer, der Kantor kommt aus Himmesch. Das größte Problem ist, dass die Jugendlichen die Traditionen nicht weiterpflegen. Die Alten kommen noch, aber die Gefahr besteht, dass sich das zu einer Museumsmesse wird. Die Probleme liegen im Glaubensleben, die Kirche altert, die Jugendlichen bleiben immer mehr weg. Auf dem Lande ist es bereits ein größeres Problem als hier in Fünfkirchen. Wenn die Menschen nicht glauben, dann kommen sie nicht zur Messe. Bei den Kroaten lässt sich mehr Zusammenhalt und Religiosität beobachten. Die Schicksalsschläge bei den Deutschen haben sicher auch dazu beigetragen, dass die Situation auch so ist wie sie ist. Auch die Tabuisierung der Schicksalsschläge wie Malenkij Robot, Bevölkerungstransfer und Vertreibung war nicht gut. Dinge übrigens, von denen ich persönlich gehört habe.

SB: Welche Rolle spielt die (groß)muttersprachliche bzw. deutschsprachige Seelsorge Ihrer Meinung nach heute?

TB: Es spielt zwei Rollen. Zum einen für die Traditionspflege, zum anderen ist sie wichtig für die Studenten, d. h. Seelsorge in der Muttersprache, damit sie auch zur Beichte kommen. Interessant, dass auch manche Gläubige darum bitten auf Ungarisch predigen. Die deutsche liturgische Sprache gehört zur Kindheit, aber nicht zum Alltag. Selbst bei ungarischen Messen hat man Verständigungsprobleme, es ist irgendwie eine andere Sprache, für heutige Ohren fremd geworden.

SB: Herr Kaplan Berecz, vielen Dank für das Gespräch.

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