Wer noch dageblieben ist

Erlebnisse einer ungarischen Gelehrtengruppe in Siebenbürgen

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Von Lajos Káposzta

Wenn wir an die Siebenbürger Sachsen denken, fällt uns eine mystische, mittelalterliche Welt ins Auge: Märchenhafte Landschaft, Kirchenburgen, wunderbare, bürgerliche Trachten und ein besonderer Dialekt.

Die Sachverständigen behaupten mit einem traurigen Winken: „Leider schon vorbei, alle nach Deutschland ausgewandert!“

Ja, ihre Zahl ist wirklich geschrumpft: etwa 10.000 Seelen in der siebenbürgisch-sächsischen Landeskirche. Deshalb war unsere Reise vielversprechend: sechs Männer deutscher Herkunft bzw. mit ethnographischem Interesse aus Ungarn. Unsere Reiseziele waren Schäßburg/Segesvár/Sighişoara und Keisd/Szászkézd/Saschiz.

Unsere Reiseleiter sind ortsansässige Leute: Lehrer, Museologe und Pfarrer. Gute Geschichten zu jeder Siedlung, Kirche, eigentlich zu jedem Stein. Dabei ist ein guter Freund aus alten Zeiten die Schlüsselfigur: Pfarrer Johannes Halmen in Keisd. Er ist nahe 60, ein Missionärgeist. Wir kennen uns noch aus der Ceauşescu-Zeit: Er war damals Pfarrer in Hamruden/Homorod und wurde von ungarischen Studenten heimlich besucht. Ja, das war damals die Zeit der Hoffnung — dass es besser wird. Es wurde besser, aber die Sachsen verließen das Land nach der Revolution 1990 fluchtartig.

Er ist in Siebenbürgen geblieben.

Warum? Er sagt, sein Leben sei hier vollkommen und er habe viele Aufgaben!

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Der Pfarrer empfängt uns in der schön renovierten Klosterkirche zu Schäßburg. Er stellt sich allen Gruppenmitgliedern vor und es dauert nur einige Minuten, bis wir uns alle anfreunden.

„Ich bin Pfarrer in 14 Dorf-Gemeinden, doch darin sind lediglich sieben Predigtstellen plus drei missionarisch-diakonische Zentren“, sagt er nach der Vorstellung unserer kleinen Gruppe. „Ich bin in dieser Stadt aufgewachsen und wohne auch heute hier. Damals wohnten mehr Deutsche hier, etwa 5.000. Jetzt nur 500. Aber kommt mit mir, ich zeige die Schülertreppe und die Bergkirche. Es ist gut, dass ihr heute in die Stadt gekommen seid! Gestern war ich nämlich im Lukasspital in Großlasseln/Laslea/Szászszentlászló. Das gehört auch zu meinen Aufgaben, dort Seelsorge zu machen. Meistens in rumänischer Sprache…“

Und nach einer Viertelstunde sind wir schon oben auf dem Berg und schauen auf die Stadt herab. In der Bergkirche bleiben wir vor einigen Bildern und Reliefs stehen. Er erklärt uns ihre Herkunft und Bedeutung nicht als Reiseleiter, sondern als Pfarrer. Und diese (oft im sächsischen Mittelalter wurzelnden) theologischen und kulturellen Hinweise! Als ob wir in einem Uni-Vortrag wären!

Dann Bier und Kuchen in einem Lokal, das eine gewisse sächsische Prägung hat. Und es kommen die Fragen, die Teilnehmer der kleinen Reisegruppe erleben gleichzeitig Vergangenheit und Gegenwart. Da geht es um jahrhundertealte Tradition und Aktualitäten. Es ist natürlich nicht einfach, alles innerhalb einiger Stunden zu behandeln.

Am folgenden Tag – Sonntag – spazieren wir in der Gemeinde Keisd: knapp 1.500 Einwohner, in der Mitte des Dorfes die imposante Wehrkirche, oberhalb, auf dem Berg eine Bauernburg, z. Zt. in Renovierung. Schneebedeckte Häuser und Gassen, auch im Frühling noch! Auf dem malerischen Hauptplatz werden wir auf ein Info-Schild aufmerksam. Das Bürgermeisteramt will eine Wegweisung geben, wie die ehemals sächsischen Häuser zu renovieren sind. Man illustriert mit Fotos, was erlaubt/empfohlen wird und was nicht. Fenster, Türen, Fassaden und Tore werden als (Gegen)Beispiele gebracht. Man will das Ortsbild authentisch gestalten.

Aber nicht nur in dieser Hinsicht hat das Bürgermeisteramt die Absicht, die alte sächsische Welt nachzuahmen. Wie der Pfarrer erklärt und sogar illustriert hat, werden auch die alten Flurnamen ausgeschildert. Vielleicht zu spät, aber lobenswert!

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Wir treffen auch die hiesigen evangelischen Gemeindeglieder. Der Gottesdienst von Herrn Halmen wird von einer Handvoll Menschen besucht. Dann kommt ein kurzes Gespräch mit Kuchen und Kaffee. Ja, auf deutsche Art und Weise! Aber sie nehmen die Gemeinschaft ernst und haben Pläne. Wir besichtigen die Wehrkirche von innen und können beobachten, dass die alte Orgel in Stücke zerlegt wurde. „Die Restaurierung wird Anfang Oktober abgeschlossen sein, dann halten wir am 5. Oktober 2024 die Orgelweihe“, erzählt der Pfarrer begeistert und er fügt hinzu: „Alle sind herzlich eingeladen!“

Nach dem leckeren Mittagessen fahren wir in die andere Filiale. Um 15.00 Uhr beginnt der Gottesdienst in Arkeden/Erked/Archita. Das ist aber eine völlig andere Gemeinde! Wir sind zwar in einem ehemals sächsischen Dorf, aber das Seklerland (ung: Székelyföld) mit einer hauptsächlich ungarischen (madjarischen, Red.) Bevölkerung, liegt ganz nahe. Wir halten uns also an der Sprachgrenze auf. Deshalb hat dieses Dorf eine gemischte evangelische Kirchengemeinde. Der Gottesdienst findet nicht in der Kirche statt, sondern in einem schönen Gemeinschaftsraum in einer renovierten, gut beheizbaren Scheune. Die verwendete Sprache ist gemischt: Deutsch und Ungarisch. Für die zweisprachige Abwicklung des Gottesdienstes sorgen zahlreiche freiwillige Helfer. Sogar einer unserer Gruppe (ein Katholik — im Geiste der Ökumene) wirkt bei der Lesung mit. Die musikalische Begleitung obliegt einer kleinen Kapelle. Es sind Studenten aus Deutschland, die hier freiwilligen Dienst leisten. Mitten in Rumänien, wo man seit mindestens 800 Jahren einen alten, mittelalterlichen deutschen Dialekt spricht!

Wir müssen bald Abschied nehmen und die Heimreise antreten, aber wir zögern noch! Es ist hier wirklich eine gesegnete Ecke der Welt! Aber am folgenden Tag müssen wir alle schon in Ungarn arbeiten. Dieser Gottesdienst in Arkaden war wirklich ein würdiger Abschluss unserer Siebenbürgenreise!

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