LdU-VV: Ritter bleibt Spitzenkandidat – Englender-Hock besteht auf bessere Zusammenarbeit
Eine Analyse von Armin Stein
Am 27. November fand die Vollversammlungssitzung der LdU in Werischwar statt. Wichtigstes Ereignis dieser Veranstaltung war das Bestimmen der Landesliste für die Parlamentswahlen 2022. Nach Angaben der LdU waren die Verhandlungen lang und voller Streitpunkte. In einer geheimen Wahl setzte sich letztendlich der bisherige Abgeordnete, Emmerich Ritter, durch. Das Ergebnis der Abstimmung und damit die Landesliste der Ungarndeutschen für das Wahljahr sieht wie folgt aus:
1, Emmerich Ritter
2, Ibolya Hock-Englender
3, Emil Koch
4, Olivia Schubert
5, Josef Manz
Aufgrund der Regelungen und der voraussichtlichen Zahl der ungarndeutschen Wähler ist es höchst unwahrscheinlich, dass mehr als ein Kandidat von der Liste ins Parlament kommt. Sollte die Zahl der für die Ungarndeutsche Liste abgegeben Stimmen etwa 0.27% (ein Viertel eines Eindreiundneunzigstels aller abgegebenen Stimmen) überschreiten, kann der Erstplatzierte der Ungarndeutschen Liste per Vorzugsmandat Mitglied des Parlaments werden. Sollte diese Zahl nicht erreicht werden, bekommt die Minderheit keinen Abgeordnetensitz, sie kann jedoch einen Fürsprecher entsenden. Diese Schwelle wurde bisher nur bei den Parlamentswahlen 2018 überschritten, wo der Stimmanteil 0.46% betrug.
Ein wichtiger Wunsch des Wahlvolkes wurde während der Vollversammlung zwar angesprochen, verwirklicht wurde er jedoch nicht. Die Transparenz der ungarndeutschen „Innenpolitik” ist nicht groß genug. Das Vertrauen der Wählerschaft könnte signifikant gestärkt werden, wenn nicht nur die Plätze, sondern auch die Prozentzahlen der einzelnen Abgeordneten–Kandidaten auf der Liste veröffentlicht werden würden. Diese Zahl spiegelt das Vertrauen unserer gewählten Vertreter, der Vollversammlungsmitglieder, bezüglich der Wählbarkeit der Abgeordneten-Kandidaten wieder.
Neben der Bestimmung der Landesliste kam es auch, auf Betreiben der Vorsitzenden Ibolya Englender-Hock, zur Verabschiedung eines Beschlusses zu den Grundprinzipien der Zusammenarbeit zwischen der LdU und ihrem gewählten Abgeordneten.
Die wichtigsten Inhalte des Beschlusses betreffen einerseits die Definition der Nationalitätenthemen:
„Die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen und der ungarndeutsche Parlamentsabgeordnete konsultieren einander vor den parlamentarischen Entscheidungen, insbesondere in Fragen des Gebrauchs der Muttersprache, der Wahrung der Identität, des ungarndeutschen Bildungswesens (öffentliches und Hochschulwesen), des Rechtsstatus der Nationalitätenselbstverwaltungen, der Staatsbürgerschaft, der Wahlen und Matrikelangelegenheiten.” Quelle: ldu.hu
Sowie die Verpflichtung zur Parteineutralität: „In den vom Parlament behandelten Angelegenheiten, die die ungarndeutsche Gemeinschaft nicht unmittelbar betreffen, die aber einen breiten Teil der Mehrheitsgesellschaft angehen – insbesondere in den Bereichen Bildung, Zivilorganisationen, Gesundheitswesen, Altenpflege, Steuerwesen, wirtschaftliche Entwicklung –, tauschen sie sich aus. Jeder der Partner hat die Möglichkeit, Konsultationen zu Gesetzesentwürfen über die Nationalitäten oder zu Gesetzesentwürfen, die in der Nationalversammlung eingebracht und auf die Tagesordnung gesetzt wurden und die eine erhebliche öffentliche Debatte ausgelöst haben, einzuleiten.“ Quelle: ldu.hu
Diese neuen Grundsätze sind ein erster Schritt in Richtung einer besseren Kommunikation zwischen Landesselbstverwaltung und dem Parlamentsabgeordneten. Während der „Causa Ritter“ zeigte sich nicht nur, dass das Verhältnis zwischen dem Abgeordneten Ritter und der Vorsitzenden Englender-Hock mehr als zerrüttet ist, auch kommunikativ konnten die Bedenken der Wähler bezüglich der Parteineutralität nicht gemildert werden. Weder Ritter noch Englender-Hock äußerten sich im Einzelnen zu der Lage innerhalb der politischen Führungsriege des Ungarndeutschtums, was die ungenügende Information der Wählerschaft von Seiten unserer Vertreter exemplarisch gut darstellt.
Dennoch ist es wichtig zu vermerken, dass die Tendenz zwar langsam, aber dennoch in positive Richtung zeigt. Das Bestehen auf Parteineutralität ist entscheidend und erfordert mehr als nur Symbolpolitik. Dies führt hoffentlich zu einer stärkeren Profilierung der LdU mit Ihren eigenen Themen und Angelegenheiten. Ersichtlich ist auch, dass die LdU eine steile Lernkurve meistern muss, da die neuen politischen Möglichkeiten von Parlamentspolitik und der rapide finanzielle Zuwachs an Fördergeldern ihr das abverlangen.
Bild: Marco Verch/ccnull.de