Sechs Tage lang stellen wir dank Rebeka Csóti Erinnerungen von Menschen aus Kirne/Környe vor, deren Familien von der Vertreibung betroffen und getroffen waren. Der dazugehörige Artikel ist am 19. Januar 2018 auf dem Portal „index.hu” erschienen.
„Unser Haus war das erste im Dorf, wo die Gendarmen geklopft haben. Die beiden Männer mittleren Alters gaben uns eine Stunde, um zu packen. Sie hielten sich im Haus auf, bis wir mit dem Packen begonnen haben. Meine Mutter hat in einen Strohsack vier Leib Brot, die sie am Vortrag gebacken hat, drei Liter Fett, Marmelade, Salz, Speck und Obst aus dem Garten gelegt. Kleidungsstücke hätten gar nicht in das Bündel gepasst. Ein verschließbares Glas haben wir mit Wasser gefüllt, unsere Mutter hat noch Schmalzbrot geschmiert, sollten wir unterwegs Hunger bekommen.
Bevor wir unser Haus verlassen haben, brachten wir unsere Dokumente zu meinem ältesten Bruder. Die Säcke und Truhen aus unserer Straße wurden auf einen Pferdewagen geladen. Ein Familienmitglied musste dem Wagen hinterherlaufen, damit man wusste, welches Gepäck wem gehört. Die anderen liefen auch zu Fuß zum Bahnhof. Als wir an der Schranke ankamen, waren wir bereits eine richtige Menschenmasse. Dort hielt ein Polizist eine Liste in der Hand und ließ nur diejenigen durch, die auf der Liste standen. Unser Bündel wurde in die Ecke eines leeren Waggons gelegt, der noch mit zwanzig weiteren Bündeln beladen wurde. Während dessen brachte man immer mehr Menschen beziehungsweise kamen immer mehr Dorfbewohner um Abschied zu nehmen. Ich erinnere mich, dass es einen Mann gab, der drei Hüte anhatte.
Gegen Mittag kursierte das Gerücht, dass die Bergleute, wenn sie ihre Dokumente vorzeigen können, nach Hause gehen könnten. Da alle meine drei Brüder im Bergwerk arbeiteten, sind wir sofort aktiv geworden. Auf der anderen Seite der Schranke stand mein damaliger Buhler, der aufs Fahrrad sprang und unsere Dokumente holte. Als meine Brüder diese Dokumente der Dreierkommission am Teichrand zeigten, wurden wir entlassen. Bis unser Bündel hervorgeholt wurde, ging die Sonne unter. Die Kirner Turmuhr hat Mitternacht geschlagen, als unser Pferdewagen daran vorbeifuhr. Die Gendarmen haben die Tür des Hauses versiegelt und den Schlüssel beim Gemeindeamt abgegeben, so dass meine Mutter ihn erst am Morgen abholen konnte. In dieser Nacht haben wir draußen an der Türschwelle geschlafen. Wir haben drei Tage gewartet, bis wir mit dem Auspacken begannen, da im Dorf das Gerücht herumging, dass man diejenigen, die man entlassen hat, wieder abholen würde. Zum Glück geschah es nicht, und wir konnten zu Hause bleiben. Später wurden auch in Kirne Madajren aus dem ehemaligen Oberungarn angesiedelt. Bei uns wohnte im hinteren Zimmer eine Weile ein junges Ehepaar.”
Quelle: index.hu
Deutsche Übersetzung: Richard Guth