In meinem letzten Beitrag habe ich eine Liste mit den deutschesten ungarndeutschen Ortschaften anhand der statistischen Daten der letzten Volkszählung von 2022 veröffentlicht. Dabei rangiert das Tolnauer Dorf Sagetal/Szakadát auf Platz 20 mit 33,7 % deutschstämmigen Einwohnern. Der Prozentsatz scheint vielversprechend zu sein, aber die tatsächliche Einwohnerzahl ist eher ernüchternd, denn das Dorf hat nur 205 Einwohner; folglich zählen 66 Einheimische zur ungarndeutschen Minderheit. Leider ist eine Tendenz der Entvölkerung des einst florierenden Dorfes zu beobachten. Die Gemeinde hatte vor 100 Jahren ein bisschen mehr als 1.110 Bewohner und am Ende des 18. Jahrhunderts lebten 790 überwiegend Ungarndeutsche in Sagetal. Der Rückgang der Einwohnerzahl ist den historischen Geschehnissen des 20. Jahrhunderts zu verdanken – wie bei den meisten „schwäbischen“ Ortschaften. Aber das Ziel meines Beitrags ist es, den Leser·innen diese Ortschaft in mehreren Beiträgen vorzustellen.
Aber zuerst: Wer mehr über Sagetal erfahren möchte, kann im Internet unter http://szakadat.fw.hu/ viel Interessantes über die Dorfgeschichte und die Einwohner auf Deutsch lesen. Weiterhin gibt es eine Facebook-Seite „Szakadátmúltja“ (Die Vergangenheit Sagetals), wo auch interessante Erzählungen, Erinnerungen, Familienfotos, Videos über die Mundart und Sagetaler Rezepte zu sehen und zu lesen sind, auf Ungarisch. Sogar die alten Grabsteine sind fotografiert und dokumentiert. Darüber hinaus sind die Häuser der Dorfbewohner ebenfalls festgehalten. Eine Sammlung, die ich jedem empfehlen würde, der Ahnen aus Sagetal hat! Die ganze Sammlung ist Peter Kremer zu verdanken, der seit 2010 die Geschichte seines Heimatdorfes erforscht und sich für den Erhalt des Vermächtnisses von Sagetal einsetzt. Ich habe auch selbst zwei Ahnen aus Sagetal, deshalb ist diese Gemeinde so besonders für mich.
Aber jetzt werfen wir einen Blick auf die Geschichte des Dorfes. 2023 feierte die Gemeinde ihre 300-jährige Ansiedlung. Aus diesem Grund gab es ein Jubiläumsfest und eine Gedenktafel wurde im örtlichen Heimathaus geweiht. Auf der Gedenktafel sieht man die Ansiedler in einer Ulmer Schachtel in die neue Heimat steuern.
Des Weiteren möchte ich mich mit der kurzen Vorstellung des Dorfes befassen. Diejenigen, die den Ort nicht kennen: Sagetal liegt im Komitat Tolnau, im ehemaligen Kreis Simontornya. Für die Landschaft sind Hügel und steile Berghänge charakteristisch, die für den Ackerbau keine günstigen Voraussetzungen bieten. Sagetal war schon im 14. Jahrhundert bewohnt, jedoch wurde die Ortschaft durch die türkische Herrschaft und die Befreiungskriege entvölkert. Graf Mercy – ein General der Habsburgerarmee und Militärgouverneur des Banats – erwarb im Jahre 1722 das Hedjeßer Herrschaftsgut, zu dem auch Sagetal gehörte. In den Jahren 1723/24 siedelte er deutsche Familien aus verschiedenen Regionen – vor allem aus der Pfalz, dem Trierer Land und aus Gegenden um Limburg – im heutigen Sagetal an. Die Siedler reisten in sogenannten „Ulmer Schachteln“ die Donau hinab. Diese hölzernen Transportschiffe boten auf engem Raum Platz für Menschen, Tiere und Hausrat. Die Fahrt dauerte Wochen und stellte für alle Beteiligten eine enorme körperliche und psychische Belastung dar.
Bei ihrer Ankunft fanden die Familien ein Gebiet vor, das durch die Türkenkriege weitgehend verwüstet und entvölkert war. Es gab kaum Infrastruktur, und das Land musste mühsam urbar gemacht werden. Die Redewendung „Den ersten der Tod – den zweiten die Not – den dritten das Brot“ beschreibt treffend die harte Anfangszeit: Krankheiten, Hunger und Entbehrungen forderten viele Opfer, bevor die Gemeinschaft Fuß fassen konnte.
Trotz dieser Widrigkeiten wuchs die Siedlung stetig. Schon Mitte des 18. Jahrhunderts waren in Sagetal feste Strukturen entstanden: Landwirtschaft, Handwerk und eine Dorfverwaltung. Der katholische Glaube prägte das Gemeinschaftsleben und 1765 konnte die baufällig gewordene Kirche durch den damaligen Pfarrer Winkler gerettet werden. Die deutschen Siedler brachten ihre Sprache, Bräuche und Trachten mit, die über Generationen gepflegt wurden. Sagetal entwickelte sich zu einer blühenden Gemeinde, in der um 1930 rund 1.000 Menschen lebten. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam jedoch der tiefgreifende Einschnitt: Die Vertreibung vieler deutscher Bewohner 1946/47 bedeutete für viele Familien den Verlust ihrer Heimat. Dennoch blieb die Erinnerung an die Vorfahren lebendig, und ein Teil der Bevölkerung pflegt weiterhin das ungarndeutsche Erbe.
Hier endet die kurze Zusammenfassung der Dorfgeschichte. Im nächsten Beitrag werde ich die Jahrhunderte detaillierter darstellen, da die Gemeinde eine interessante Geschichte verzeichnen kann und ich damit die Interessierten bereichern möchte.