Irgendwo lebten einmal, weit hinter sieben Ländern, drei Brüder. Alle drei waren schöne, tapfere Burschen. Eines Tages rief sie ihre Mutter zu sich und sagte:
„Ich habe euch zu Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit erzogen. Jetzt seid ihr schon erwachsen und verlässt bald das Elternhaus; sagt, was soll ich euch auf den Weg mitgeben?”
“Wir wünschen weder Gold noch Silber, wir möchten nur klug sein” – antworteten die Jungen.
„Es ist gut!” -sagte die Mutter.
“Ihr habt richtig gewählt. Aber die Klugheit kann man nicht als Geschenk erhalten. Sie steckt in euch, ihr müsst nur verstehen, mit ihr umzugehen! Wir machen einen Versuch, wer von euch dreien seinen Verstand am besten nutzen kann. – Ihr wisst, dass euer Vater auf dem Meer ist, weit, weit in der Fremde. Wer von ihm am schnellsten eine Nachricht bringt, ist mein geschicktester und klügster Sohn.”
Die drei Söhne machten sich also auf den Weg. Voran eilte der älteste. Er lief geradewegs zum Meer. Die Vögel riefen ihm von einem Baum zu:
„He, Schwarzhaariger, nimm dir Zeit! Du kommst nicht weit, wenn du deine Kraft vergeudest!”
Der Bursche wurde böse und schrie:
„Kümmert euch um eure Sache! Ich brauche euren Rat nicht! Ich bin selbst klug genug! Ich muss mich beeilen, damit meine Brüder mich nicht überholen!”
Als er zum Breiberg kam, der ihn noch vom Meer trennte, konnte er sich kaum noch auf den Beinen halten. Er dachte, als ihm der Duft des süßen Breies in die Nase stieg:
„Ich esse mich hindurch und gelange so schneller zum Meer!”
Wie er begann, sich durch den Breiberg hindurchzuessen, trat eine gute alte Frau zu ihm und sprach:
“Gib acht, bedenke gut, was du tust! Suche lieber einen Pfad, auf dem du leichter hinübergelangen kannst!”
“Schweig, alte Hexe! Geh an deine Arbeit! Ich bin selbst klug genug, ich weiß, was ich tue!” – fertigte er die alte Frau ab.
Dann machte er sich daran und fraß und fraß sich tiefer in den riesigen Berg hinein. Er war noch nicht bis zur Mitte gekommen, da konnte er seinen Mund kaum noch bewegen. Als er am Ende seiner Kräfte war, holte ihn der mittlere, der braunhaarige Bruder ein. Gemeinsam fraßen sie sich weiter in den Breiberg hinein.
Endlich gelangten sie auf die andere Seite des Berges, aber der Schwarzhaarige war so müde, dass er keinen Schritt weitergehen konnte. Sie wurden sich einig, daß der Braunhaarige an seiner Stelle weitergehen sollte. Er aber wollte so lange hier bleiben, bis er wieder bei Kräften sei. Hinter dem Breiberg trennte ihn noch ein großer Fluss vom Meer.
„Ich schwimme hinüber”- entschloss sich der mittlere Bruder. Als er ins Wasser springen wollte, sprach plötzlich neben ihm ein alter Fischer:
„Mein Junge, wenn du an das jenseitige Ufer gelangen willst, mache dir einen Kahn, denn es ist unmöglich, diesen Fluß zu durchschwimmen.”
„Ich brauche deinen Rat nicht, Alter! Ich bin selbst klug genug!”- sagte der Bursche. Er sprang ins Wasser, aber die Wellen trugen ihn weg und er kam nicht an das andere Ufer. Inzwischen kam ihnen der jüngste, der blondhaarige Bruder nach.
„Nimm dir Zeit, Blondhaariger!” – warnten ihn die Vöglein.
„Danke schön!” – sagte der Junge und ging langsam weiter. Als er zum Breiberg gelangte, traf auch er die alte Frau.
„Suche einen Pfad!” – forderte sie ihn auch auf. Und so tat er es und ermüdete nicht, als er den Berg überstieg.
„Mache dir einen Kahn!” – empfahl der alte Fischer am Fluss.
Er suchte sich also geeignetes Holz, baute einen Kahn und ruderte über den breiten Fluss. Geh nur geradeaus weiter und du findest das Meer!”- wies ihm ein alter Wanderer auf der anderen Flussseite den Weg.
“So werde ich es machen” – sagte der Bursche und ging geradeaus. Bald gelangte er an das Meer. Er fand seinen Vater in einem Bergwerk tief unter dem Meer. Dort sammelte dieser Kostbarkeiten und bereitete sich eben vor, in die Heimat zurückzukehren. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg.
Als sie zu Hause anlangten, wartete die Mutter schon auf sie. Von seinen Geschwistern wusste niemand etwas. Der alte Bergmann brachte viele Schätze mit, alle hätten gut davon leben können. Die Zeit verging und der blonde Junge heiratete. Auch das junge Paar bekam von dem Schatz. Die beiden älteren Brüder blieben verschollen, weil sie nur auf ihre eigene Klugheit gebaut hatten.