Eine ungarndeutsche Familienstory 1 Krix in Pari bei den Pelczs

Eine ungarndeutsche Familienstory

Ein Bild und die Geschichte dahinter

Die Erinnerungen an die Geschichte scheinen verblasst zu sein – es war auf alle Fälle 1957, ein Jahr nach der Revolution, als der junge Mann am linken Rand, damals 29 Jahre jung, den Vorsitzenden des Deutschen Verbands Dr. Friedrich Wild auf einer schwäbischen Hochzeit in Pari, Komitat Tolnau, vertrat. Gastgeber war nach Erinnerungen des heute 96-jährigen Zeitzeugen die Familie Pelcz. Dem Gast sind die über hundert Torten gut in Erinnerung geblieben – dabei musste jeder geladene Gast eine Torte mitbringen. Aber auch Hotter und Weinberge, die ihm von der Familie gezeigt wurden, sind noch 67 Jahre danach präsent. Der Mann auf dem Bild im Ballonmantel ist Georg Krix, langjähriger Vorsitzender der Jakob Bleyer Gemeinschaft und Schriftleiter des Sonntagsblattes.

„Dieses Foto ist einige Jahre vor dem Besuch von Herrn Krix entstanden. Aus der Familie Pelcz kenne ich alle persönlich. Sie haben in einem kleinen Tolnauer Dorf namens Pari gelebt. Mein Urgroßvater, Georg Pelcz, ist 1902 geboren. Er war der Rademacher im Ort und fertigte Räder für Kutschen an. Er heiratete Theresia Rozenberger, meine Uroma, die fünf Jahre jünger als er war. Sie bekamen zwei Söhne: Georg, Jahrgang 1924, und Stephan, Jg. 1926. Beide wurden im Zweiten Weltkrieg eingezogen. Georg gelangte in sowjetische Kriegsgefangenschaft und kehrte nie heim. Jahre danach erfuhren wir, dass er 1946 im Kriegsgefangenenlager an einer Krankheit starb. Mein Großvater Stephan hatte mehr Glück: Er vollendete erst 1944 sein 18. Lebensjahr, so dass er in diesem Jahr eingezogen wurde. Der Krieg endete bald. Er geriet in amerikanische Gefangenschaft und starb erst mit 94 Jahren. Über die Geschichte seiner Gefangenschaft und Freilassung hat er uns mehrfach erzählt, seine Freunde haben diese Erinnerungen auf Band festgehalten”, erinnert sich eine Nachfahrin der Familie Pelcz, Esther Pelcz, und krammt ein anderes Familiefoto hervor.

Auch die Nachkriegsgeschichte der Familie Pelcz war voller Wendungen. Stephan Pelcz heiratete nach seiner Rückkehr die einzige Tochter einer wohlhabenden Familie, Maria Weber. Nach dem Krieg traf die Vertreibung auch die Parier Deutschen hart. Die Familie Pelcz musste auch alles hinterlassen und saß bereits auf dem Zug, als es jemandem einfiel, dass Uropa Georg der einzige Rademacher im Ort war. Ihm wurde angeboten, bleiben zu können. Er bestand aber darauf, so Esther Pelcz, dass die gesamte Familie dort bleiben soll – so durften Ehefrau Theresia, Sohn Stephan und dessen Ehefrau Maria den Zug verlassen. Die Eltern der Großmutter wurden aber vertrieben und kamen in die Sowjetisch Besetzte Zone Deutschlands. Erst in den Jahren, als Georg Krix das Dorf besuchte, durften sie auf Heimatbesuch, so dass sie Enkel Stephan junior, den Vater von Esther, kennen lernen durften.

In die 1950er Jahre fiel die Kollektivierung, die das Leben der Dorfgemeinschaften nachhaltig veränderte. Esthers Großvater Stephan sen. wurde LPG-Vorsitzender, Uropa und die Frauen bestellten die Felder rund ums Haus, hielten Kleinvieh, pflegten die beiden Weingärten und stellten jedes Jahr mehrere hundert Hektoliter Wein her. Vater Stephan jun. machte Abitur und studierte als Erster in der Familie. Er heiratete eine Nichtdeutsche und die Familie zog in die nahe gelegene, aufstrebende Kleinstadt Tamási. Aber auch Esther, Jahrgang 1975, blieb mit Pari verbunden, wo sie ihre Sommer verbrachte. Anfang der 1990er Jahre erwarb Großvater Stephan sen. im Rahmen der Restitution gegen Wiedergutmachungsscheine (ung. kárpótlási jegy) mehrere Hektar Land. Urgroßvater Georg konnte das nicht mehr erleben, er starb 1987 mit 85 Jahren. Eine bäuerliche Wirtschaft entstand daraus nicht mehr, da Vater Stephan jun, Maschinenbauingenieur vom Beruf, kein Interesse daran zeigte.

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