Großes Vermächtnis 1

Großes Vermächtnis

Der Tod kam Anfang Juni plötzlich, stand doch Johann Wolfart sen. „noch mitten im Leben”, wie sich sein Sohn Johann jun. erinnert. Ich musste damals die traurige Nachricht überbringen. Wir, Johann und ich, sind uns auf dem Campus der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, wo wir beide studierten, nie zuvor begegnet, an diesem Tag kam er mir auf der weißen Unibrücke entgegen. „Mein Vater war ein wichtiger Bezugspunkt, er rief mich jeden Tag an. Er stand mitten im Leben und war voller Pläne und Vorstellungen”, so der Sohn zwanzig Jahre später im Sonntagsblatt-Gespräch.

Man beging den Todestag mit einer Gedenkveranstaltung im Haus der Ungarndeutschen (HdU). Die Witwe von Johann Wolfart sen. Maria Wolfart-Stang führte das Publikum in den legendären Dokumentarfilm Wolfarts „Hát annak születtem…” über die Sathmarer Schwaben aus dem Jahre 1983. Der Film geht der Frage nach, ob Identität ohne Sprache möglich sei, worauf der Zuschauer ganz unterschiedliche Antworten erhält. Im Anschluss an die Filmvorführung unterhielten sich unter der Leitung von Langzeitweggefährten und NZ-Chefredakteur Johann Schuth die ehemalige Kollegin Martha Stangl, Nachfolgerin Eva Gerner und Árpád Hetényi-Hergenröder sowie Diplomatenkollege Gregor Prőhle über das Lebenswerk des in Ketsching/Görcsönydoboka geborenen Ungarndeutschen. Ziel der deutschsprachigen Veranstaltung sei es auch gewesen, die alten Weggefährten zusammenzubringen. Denn wer weiß, ob es in 20 Jahren möglich wäre. Dabei war die Veranstaltung von Sohn Johann jun. „keine traurige Angelegenheit, wir haben ihn aufleben lassen, zumal er ja ein fröhlicher Mensch war”.

Großes-Vermächtnis
Großes-Vermächtnis

Sohn Johann jun. und Witwe Maria bei der Veranstaltung

Denn Wolfarts Vermächtnis ist groß: Er sei, so sein Sohn, vielen Tätigkeiten nachgegangen und habe immer mit der deutschen Sprache zu tun gehabt genauso wie mit den deutsch-ungarischen Beziehungen und den ungarndeutschen Themen. Angefangen hat der ausgebildete Lehrer beim Ungarischen Rundfunk (Radio, dann „Unser Bildschirm“, dessen erster Redakteur er war), engagierte sich schnell beim Deutschen Verband und stieß zahlreiche Partnerschaften an, war Vorsitzender des Minderheitenamtes, hatte großen Anteil an der Entstehung des Minderheitengesetzes von 1993 und der Schaffung des Selbstverwaltungssystems. Später diente er als Diplomat (u. a. als Gesandter in Bonn) und zuletzt als Ministerialbeauftragter für den Wiederaufbau des Collegium Hungaricum in Berlin.

Johann Wolfart sen. war dabei ein richtiger Gemeinschaftsmensch und lernte viele kennen, die sich später in der Gemeinschaft einen Namen gemacht haben – nicht zuletzt dank der Gründung des Deutschclubs in Fünfkirchen in den 1970er Jahren: Zu ihnen gehören Otto Heinek, Ibolya Hock-Englender oder Eva Gerner. Aber auch Mitarbeiter aus seinem Fernsehteam machten Karriere: Der in den Westen emigrierte Kameramann und Emmy-Preisträger György Lajtai oder der aus Bawaz/Babarc stammende Georg Hoffmann, der für bekannte Fernsehleute der Nachwendezeit wie Sándor Friderikusz oder László Juszt gearbeitet hat. Hoffmann war in der Veranstaltung anwesend.

Auch sein Heimatdorf Ketsching hält die Erinnerung an den Mundartsprecher wach: 2006 wurde eine Gedenkstube eingerichtet.

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