Von Patrik Schwarcz-Kiefer
In den vorigen Artikeln, wo wir uns mit dem Thema des Mikrozensus beschäftigt haben, wurde das Phänomen der unrealistisch hohen Zahl der „Angehörigen der deutschen Minderheit“ bereits angesprochen. In der offiziellen Ausgabe des Statistischen Landesamtes (KSH) sehen wir eine interessante Statistik: Unter allen Minderheiten ist bei den „Angehörigen der deutschen Minderheit“ der höchste Anteil derjenigen zu finden, die nur wegen der Angabe von Deutsch bei der Frage nach der „Im Freundes- und Familienkreis benutzten Sprache“ in die Statistik als „Ungarndeutsche“ aufgenommen wurden. Dies macht 31% der gesamten Minderheit aus!
Wer die Situation der Ungarndeutschen nur oberflächlich kennt, weiß auch, dass es keinen Schwaben gibt, der sich nicht als Deutscher/Schwabe/Ungarndeutscher identifiziert, aber die deutsche Sprache im Alltag benutzt. Das Deutschtum des Landes kann anhand der Sprache einfach nicht mehr identifiziert werden, sie wird Jahr für Jahr unwichtiger für die Identität. Deshalb muss man auch an dieser Stelle hervorheben: Laut dem Mikrozensus 2016 leben etwa 100 000 Ungarndeutsche in Ungarn. Und nicht mehr.
Das Komitat Raab-Wieselburg-Ödenburg ist ein Landesteil, in dem die Zahl der Deutschen seit 2001 kontinuerlich steigt. 2001 gab es nur 5 543, 2011 bereits 12 203 und 2016 12 378 „Deutsche“, ein neuer Rekord. Es wäre schön, wenn sich das Deutschtum dieser von der Vertreibung hart getroffenen Region so entwickelt hätte, hinter der Steigerung steckt aber leider was anderes: Die hohe Zahl der Menschen, die im Alltag Deutsch benutzen (zum Beispiel Pendler). Um dies zu beweisen, brauchen wir einen Blick auf die Statistik von 2011 zu werfen.
2011 gab es nur 5 145 Personen, die bei mindestens einer der beiden Fragen nach der Volkszugehörigkeit Deutsch angegeben haben, die restlichen 7 058 wurden zu „Angehörigen der deutschen Minderheit“ nur aufgrund der Angabe der deutschen Muttersprache oder „Im Freundes- und Familienkreis benutzten Sprache“. Diese Gruppe stellt mit 58% die Mehrheit unter „den Angehörigen der deutschen Minderheit“. Als Vergleich nehmen wir das Beispiel der Branau, da lag der Anteil dieser Gruppe bei 14%!
Das bedeutet nichts anderes, dass die Zahlen dieser Volkszählungen ein falsches Bild vermitteln. Im Komitat Raab-Wieselburg-Ödenburg (und vielen anderen Komitaten auch) werden in der Statistik auch solche als Deutsche geführt, die wahrscheinlich wegen eines nicht ausreichenden Informationsstands die deutsche Sprache bei den Fragen nach der Volkszugehörigkeit angeben. Sie machen da die Mehrheit aus, und diese Statistiken werden überall zum Zweck der positiven Dartellung der ungarischen Minderheitenpolitik verwendet. Die Zahlen werden höher, ja, aber so, dass solche zu „Ungarndeutschen“ werden, die es nicht einmal wissen…
(Um die im Artikel verwendeten Begriffe richtig verstehen zu können, empfehlen wir unsere vorige Artikel (Um 30 000 weniger bekennen sich zur deutschen Nationalität!, Fast ein Fünftel der Angehörigen der deutschen Nationalität lebt in der Hauptstadt) über den Mikrozensus zu lesen.)