Vertreibung aus Kirne/Környe-Erinnerungen: Bella Fegyveres

Montag (21. Januar)

Sechs Tage lang stellen wir dank Rebeka Csóti Erinnerungen von Menschen aus Kirne/Környe vor, deren Familien von der Vertreibung betroffen und getroffen waren. Der dazugehörige Artikel ist am 19. Januar 2018 auf dem Portal „index.hu” erschienen.

Bella Fegyveres

„Ich wurde in Kirne geboren, meine Eltern haben 1942 oder 1944 ein Haus im Ortsteil Patar gekauft. Mich konnte sie nicht dazu bewegen umzuziehen, deswegen blieb ich in Kirne bei meinen Großeltern und meiner Urgroßmutter. Ich wohnte gerne dort, weil alles in der Nähe war, die Schule und die Kirche. Am Tag der Vertreibung klopfte man bei uns nicht, denn mein Opa war Anhänger der Kleinlandwirtepartei und erhielt von István Dobi eine Befeiung.

Allerdings tauchten am Abend zwei Männer auf, die meinen Großvater baten, den Befreiungsschein zu überreichen. Er wollte es natürlich nicht, deswegen riss man ihm das Blatt aus der Hand, und sie sagten, dass die Papiere ungültig seien und wir packen müssten, weil man uns mitnehmen werde. Wir hatten Besuch aus Pest, er hat uns die Flucht ermöglicht, während mein Großvater und die Seinen an der Tür verhandelten. Der Bekannte brachte uns zu einem Verwandten. Ich erinnere mich gut, dass ich über das Tor klettern musste, damit ich rein konnte. An diesem Abend wurden vier Familien auf den Wagen geladen, unter ihnen meine Großeltern, zusammen mit meiner Urgroßmutter und der Familie des Bruders/der Schwester meiner Mutter. Sie alle wurden dem Kirner Zug hinterhergefahren. Meine Mutter brach nach Szob auf, um den Verwandten, die im Zug saßen, warme Sachen zu bringen. Ich zog nach Patar zu meinen Eltern und ging von dort in die Schule. Ich hatte kaum Kleidung, das Meiste blieb im Haus meiner Großeltern.

Nach der Vertreibung hat das Leben meiner Familie ein Partisane, der 1945 aus dem ehemaligen Oberungarn kam, zur Hölle gemacht. Er versprach meiner Mutter, dass er die Familie Hoffart nicht nur materiell, sondern auch seelisch (im ungarischen Original: nervlich) kaputtmachen werde. Es kam auch so. Mein Vater kam nach einem Schauprozess für ein Jahr ins Gefängnis, er wurde schlussendlich vom Raaber Volksgericht freigesprochen. Die Anklage lautete, dass er eine Volksbund-Zeitung lese. Wir wurden bei der Verstaatlichung aus unserem Haus in Patar rausgeschmissen und nach Kirne zur Kellerreihe geschickt, um dort eine Wohnstelle zu errichten. Während dessen versuchten meine Eltern mehrfach nach Deutschland zu fahren, aber erhielten nie eine Genehmigung. Ich konnte 1963 dorthin fahren, aber ein Wiedersehen mit den Großeltern war nicht mehr möglich.”

Quelle & Bild: index.hu

Deutsche Übersetzung: Richard Guth

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