Dank der zeitweilig höheren Geburtenzahlen in den Jahren 2006/07 beginnen von diesen Jahrgängen in den kommenden Septembertagen besonders viele Jugendliche ihr Studium in Ungarn. Die frischgebackenen Universitätsbürger strömen jedoch nicht nur auf die Universitätscampusse, sondern auch auf den Immobilienmarkt der Hauptstadt sowie in die Studentenwohnheime. Zu diesem Zeitpunkt müssen sie die erste „schwarze Suppe” ihres jungen Erwachsenenlebens auslöffeln, denn es ist weithin bekannt, dass Budapest besonders stark unter der aktuellen Wohnungskrise leidet.
Dass in den Großstädten unseres Kontinents die Wohnkosten, Immobilienpreise oder Mieten zunehmend steigen, überrascht niemanden. Ungarn, und besonders Budapest, ist jedoch von diesem Preisaufwärtstrend ausgesprochen stark betroffen: Das Juwel an der blauen Donau gehört heute zu den europäischen Hauptstädten, in denen in den letzten Jahren im Hinblick auf das Verhältnis vom begrenzten Angebot und der wachsenden Nachfrage die Preise in die Höhe schossen. Laut den Eurostat-Daten hat Ungarn, insbesondere Budapest, in den letzten zehn Jahren einen der stärksten Anstiege der Immobilienpreise erlebt, was in der Praxis bedeutet, dass sich die Immobilienpreise zwischen 2010 und 2024 mehr als verdoppelt haben (+207 %). Die monatliche Miete für kleine Ein- bis Anderthalb-Zimmer-Wohnungen, die auf Studenten ausgerichtet sind, liegt 2025 bei 180–200 Tausend Forint (~450-506 Euro), was selbst bei einer Teilung mit einer weiteren Person eine hohe Belastung für sie darstellt. Dazu kommen noch eine Vielzahl weiterer Ausgaben, eventuell Studiengebühren, Kosten für Essen und Kleidung, Reisekosten oder die digitale Rechnung – selbst mit tatkräftiger elterlicher Unterstützung aus dem Hinterland und einem möglichen Studienkredit sieht sich der frisch immatrikulierte Student mit großen Schwierigkeiten konfrontiert, wenn er sich finanziell und existenziell absichern und gleichzeitig in den Universitätsbänken geistig bestehen möchte. Die Lebenshaltungskosten für einen Studenten in Budapest liegen heute bei etwa 300 000, können aber auch auf über 500 000 Forint (~750-1260 Euro) steigen, je nachdem, wo er eine Unterkunft findet.
Viel leichter haben es jene Kommilitonen, die sich während ihres Studiums in einem „Kollégium”, also in Studentenwohnheimen einquartieren können. Solche Wohnheimplätze bieten Universitäten, Kirchen, Vereine und andere Privatorganisationen an. Wer auf diese Weise unterkommt, kann sich wirklich den Sohn des Glückes nennen, da die monatliche Miete für ein Zimmer im Studentenwohnheim deutlich niedriger ist als die einer Wohnung: Diese liegt je nach Typ etwa zwischen 15 000 und 30–40 000 Forint (~38 und 100 Euro). Der Wettbewerb um diese Plätze ist daher verständlicherweise auf Messers Schneide, und die Anzahl der verfügbaren Zimmer ist stark begrenzt.
In diese Welt tauchen auch die ungarndeutschen Studienanfänger ein, die in erheblicher Zahl ebenfalls die Budapester Universitäten in diesem Semester besuchen. Viele von ihnen kommen aus ländlichen Regionen und müssen in der Hauptstadt feststellen, dass sie dort kein eigenes Studentenwohnheim für Ungarndeutsche erwartet. Die Idee eines eigenen Wohnheims für deutsche Nationalitätenstudenten wurde bereits mehrfach aufgegriffen, da sich der Bedarf dafür Jahr für Jahr deutlich zeigt. Derzeit nimmt nur das eigene Wohnheim des Deutschen Nationalitätengymnasiums (DNG) seine eigenen Gymnasialchüler auf, aber im universitären Bereich fehlt ein ungarndeutsches Studentenwohnheim. Noch vor der Covid-Zeit gelang es dem ungarndeutschen Studentenverein, dem Verein Deutscher Hochschüler (VDH Budapest), für ein paar Jahre auf eigene Initiative eine „Etage“ bzw. ein Vereinshaus zu mieten und einzurichten, wobei ein ungarndeutscher Student pro Zimmer untergebracht wurde. Seitdem konnte der VDH jedoch sein eigenes Wohnheim nicht aufrechterhalten. Dabei ist leicht einzusehen, wie groß der Bedarf an der Errichtung einer solchen Institution wäre: Die ungarndeutschen Studenten würden in der Hauptstadt dadurch günstigen Wohnraum erhalten, mitten in der Budapester Wohnungskrise. Außerdem gilt auch die alte Wahrheit, dass Zimmerkameradschaft Gemeinschaft stiftet: In ihrem eigenen Umfeld würde ihnen die Möglichkeit geboten, dass sich die zukünftige ungarndeutsche Intelligenz zusammenschweißt, sie von einer deutschsprachigen Umgebung und Kommilitonenschaft in der ungarischen Hauptstadt (oder evtl. auch in Fünfkirchen) umgeben sind und nach dem Gymnasium im ungarndeutsch-bundesdeutschen Netzwerk bleiben, ohne von der Gemeinschaft abgeschnitten zu werden. Auch im Wettbewerb mit dem Brain Drain der ausländischen Universitäten wäre günstiger Wohnraum und ein ungarndeutsches Umfeld in Budapest ein großes Argument. Dies würde das Wohnheimumfeld mit den deutschen Universitäten und deutschsprachigen Studiengängen in Pest verbinden (Andrássy Universität, deutscher Studiengang der Semmelweis- und Corvinus-Universitäten, Germanistik-Studium), von wo aus der direkte Weg zu Masterstudiengängen an ungarischen, bundesdeutschen oder österreichischen Universitäten (als Zweitstudium, verbunden mit den ungarischen), zu Praktikumsplätzen bei der Regierung, Ministerien oder in der freien Wirtschaft und schließlich zum ersten Meilenstein der eigenen Karriere führen würde. Zur Finanzierung könnten ungarische oder deutsch-österreichische staatliche Bildungsstellen und Förderprogramme eine Lösung bieten, siehe das multinationale Fördermodell der Andrássy-Universität von Ungarn, Deutschland und Österreich bis Bayern und Baden-Württemberg. Dieser Initiative könnte sich die Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen (LdU) anschließen, ebenso wie andere zivilgesellschaftliche Organisationen oder Privatpersonen.
Ein ungarländisches Vorbild existiert bereits: ein Kollégium einer ungarländischen Nationalität für Nationalitätenstudenten, das Studentenwohnheim der Ungarnkroaten. Das Collegium Croaticum, das seit 2022 über zwei Standorte (Fünfkirchen und Budapest) verfügt, stellt für ungarländisch-kroatische Universitätsbürger zwei Wohnheime in Fünfkirchen und Budapest bereit und bietet insgesamt 14 Studenten Platz (8 in Fünfkirchen, 6 in Budapest). Das erklärte Credo der Institution ist es, „für die kroatische Nationalität in Ungarn maßgeblich an der Ausbildung einer zukunftsgestaltenden Intelligenz mitzuwirken, diese aktiv zu fördern und die jungen Ungarnkroaten während und nach dem Studium auf ihre gesellschaftliche Rolle im Dienste der kroatischen Nationalitätengemeinschaft vorzubereiten.” Die Existenz des Collegium Croaticum stützt sich auf die Landesselbstverwaltung der Ungarnkroaten („Hrvatska Drzavna Samouprava, kurz OHÖ) sowie auf staatliche Förderungen und Förderprogramme. Die Aufnahme steht Studenten an einer Universität in Pest oder Fünfkirchen offen, die ungarnkroatischer Herkunft und/oder Kultur sind und/oder Bezug zum Ungarnkroatentum aufweisen können, mindestens das Niveau A2 der kroatischen Sprache beherrschen und bereit sind, aktiv am intellektuellen und gesellschaftlichen Leben der Nationalität teilzunehmen.
Auch für uns obliegt in Zukunft genau jene Aufgabe, die unsere ungarnkroatischen Landsleute erkannt und in die Tat umgesetzt haben. Eine vollständige, vielschichtige und auf breiter gesellschaftlicher Basis ruhende Nationalitätengemeinschaft ist ohne eine zusammenhaltende, organisierte und durch Netzwerke zusammengeschweisste Intelligenz undenkbar. Einer der ersten Schritte dazu ist die Gewinnung des Studententums, indem die Pflege der Identität und Sprache mit allgemeiner und vielfältiger gesellschaftlicher Verantwortung zum Wohle der ungarndeutschen Nationalität, des Heimatlandes Ungarn und der deutsch-österreichischen Mutterländer verbunden werden, sei es in der Wissenschaft, im Staatswesen, in den zwischenstaatlich-internationalen Beziehungen, im Bildungswesen oder in der freien Wirtschaft. Eine der entscheidenden Schmieden dafür sind ja neben den Universitäten die Studentenwohnheime nach dem bewährten Kolleg-Modell.