Peter Magyar

Peter Magyar: „Ungarndeutsche sollen eine größere Rolle im Parlament und im ungarischen öffentlichen Leben haben”

Der Wahlkampf vor den im April 2026 stattfindenden ungarischen Parlamentswahlen nimmt langsam volle Fahrt auf. Orbáns Herausforderer Nr. 1 und Vorsitzender und EP-Abgeordneter der laut Umfragen größten Oppositionspartei TISZA, der Jurist und Ex-Diplomat Dr. Peter Magyar, äußerte sich letzte Woche auf einer der Stationen seiner 80-Tage-Landestournee, beim Bürgerforum in Gran/Esztergom, auf die Frage einer Teilnehmerin dazu, wie er die politische und gesellschaftliche Rolle des Ungarndeutschtums und der anderen Nationalitäten in Ungarn einschätzt.

Das Sonntagsblatt berichtet von Zeit zu Zeit über Wortbeiträge und Positionen von Politikern ungarndeutscher oder nichtdeutscher Herkunft, sofern diese Fragen der deutschen Gemeinschaft betreffen. So haben wir in der Vergangenheit beispielsweise nationalitätenpolitische Wahlprogrammpunkte von politischen Parteien vorgestellt oder ungarndeutsche Parlamentarier porträtiert. Je näher der Termin der Parlamentswahlen heranrückt, desto häufiger werden wir uns solchen Themen widmen. Dabei bemüht sich das Sonntagsblatt, die Standpunkte möglichst vieler Parteien und politischer Akteure in Bezug auf die Ungarndeutschen wie die übrigen Nationalitäten unparteiisch und neutral vorzustellen, und auf diese Weise die uns betreffenden landesweiten politischen Prozesse und Themen in den ungarndeutsch-ungarischen Diskurs einzubringen.

Auf dieser Veranstaltung in Gran ging Magyar mit besonderem Nachdruck auch auf Fragen der ungarndeutschen Nationalitätengemeinschaft ein. Der 44-Jährige, der sich beim erwähnten Treffen erneut zum Ungarndeutschtum bekannte und in seinen Äußerungen oftmals seine „schwäbisch-ungarische” Doppelidentität betonte, sprach von einem grundlegenden Reformbedarf in der nationalitätenpolitischen Interessenvertretung. Seiner Einschätzung nach sei es ungerecht, dass Angehörige der Nationalitäten bei den Parlamentswahlen von der Stimmabgabe für die landesweiten Parteien (Zweitstimmrecht) ausgeschlossen sind, da sie ihre Stimme auf der Liste nur dem/den jeweiligen Kandidaten der Nationalität geben können. Als weiteres Problem benannte er zudem, dass durch die vorherige Registrierung und das Verfahren vor der Wahlkabine die Stimmabgabe nicht geheim sei. (Diesbezüglich gab es bereits im Jahr 2022 ein europäisches Urteil, Beschwerdeführerin war eine ungarische Staatsbürgerin griechischer Volkszugehörigkeit. Das SB hat mehrfach über das Urteil berichtet: https://sonntagsblatt.hu/2022/11/29/egdr-ungarisches-wahlgesetz-bezueglich-nationalitaeten-rechtswidrig/ und https://sonntagsblatt.hu/2023/01/08/reaktionen-nach-dem-strassburg-urteil-fallen-verhalten-aus/

Als Nachfahre der mütterlicherseits aus dem Bakonyer Wald stammenden, bekannten ungarndeutschen Akademikerfamilie Mádl (der ehemalige ungarische Staatspräsident Dr. Franz Mádl war sein Großonkel) beabsichtigt er nach eigenem Bekunden gemeinsam mit den Fachpolitikern der TISZA-Partei die politische und gesellschaftliche Rolle auch der Ungarndeutschen im Lande auf neue Grundlagen zu stellen: Demokratisch gesinnte und in der Kommunikation proaktivere Nationalitätenabgeordnete sowie Nationalitätensprecher sollen im Parlament sitzen, die ihre Standpunkte gegenüber der Regierung und der ungarischen Politik autonom artikulieren sollen – laut dem TISZA-Chef arbeite die Partei bereits an alternativen Vorschlägen. Außer der politischen Rolle will Magyar der autochthonen deutschen Nationalität auch im kulturellen Bereich und dem ungarischen öffentlichen Leben größere Sichtbarkeit und Bekanntheit verschaffen, ebenso wie den übrigen Nationalitäten.

In seinen Reden und seiner Kommunikation verweist Peter Magyar häufig über seine eigene Identität hinaus auf die ungarndeutschen Mitbürger. Der (teilweise) in Hamburg studierte Oppositionspolitiker und der Parlamentsabgeordnete ungarndeutscher Herkunft, Kommunikationsdirektor von Fidesz–KDNP sowie Ministerialbeauftragter für die Entwicklung der deutsch-ungarischen gesellschaftlichen Beziehungen, Thomas Menczer (gleichfalls Ex-Diplomat), führen im aktuellen Vor-Wahlkampf ein kommunikatives Kräftemessen, das zu den aufmerksamkeitsstärksten Ereignissen der aktuellen ungarischen Politik zählt: Bereits im Frühjahr trat Magyar im Wahlkreis von Menczer in Wudersch/Budaörs auf und brachte dabei auch „schwäbische“ Themen ein – noch ferner lässt sich auch eine „ungarndeutsche Rahmung” der gesamten Debatte beobachten.

Bild: https://bit.ly/41Xrfkz

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