Ab September wird die Deutsche Nationalitätenselbstverwaltung Werischwar Schulträgerin der Grundschule am Marktplatz

Von Richard Guth

Der Weg für die Deutsche Nationalitätenselbstverwaltung Werischwar war steinig und lang. Das Sonntagsblatt beschäftigte sich mehrfach mit der Übernahme der Trägerschaft von Bildungseinrichtungen durch örtliche deutsche Nationalitätenselbstverwaltungen. Besonders ausführlich haben wir uns mit den Veränderungen in der Schullandschaft in der Stadt Werischwar/Pilisvörösvár nahe der ungarischen Hauptstadt beschäftigt (SB 04/2016). Den Durchbruch lieferte die Vollverstaatlichung der Grundschule am Marktplatz (wie tausende anderer im Land) zum 1. Januar 2017, denn eine Übernahme der Einrichtung scheiterte bis dahin stets an der Ablehnung der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Werischwar, insbesondere des Bürgermeisters Stefan Gromon, der in der Übernahme große Risiken sah (Mit dem Bürgermeister haben wir damals ein längeres Gespräch geführt, dieses können Sie ebenfalls in der Ausgabe 04/2016 nachlesen.). Die „Werischwarer Zeitung” berichtete in ihrer Juli-Ausgabe (7 / 2017) über die Übernahme, wir zitieren aus dem Gespräch der Chefredakteurin Mária Palkovics mit Bürgermeister Stefan Gromon:

___________________________________

„ – Der Bildungsstaatssekretär hat am 31. Mai entschieden, dass die Schulträgerschaft der Deutschen Nationalitätengrundschule (Schule am Marktplatz) ab dem 1. September die Deutsche Nationalitätenselbstverwaltung übernimmt. Was bedeutet das im Einzelnen?

– Laut dieser Entscheidung wird ab dem 1. September 2017 anstelle des Schulträgerschaftszentrums Klebelsberg – Staatliches Schulamt Hanselbek – die Deutsche Nationalitätenselbstverwaltung (NSVW) Werischwar Trägerin der Nationalitätengrundschule. Das bedeutet, dass die staatlichen Zuwendungen für den Betrieb der Schule die Deutsche NSVW abrufen wird, und dass alle die Schulträgerschaft betreffenden Entscheidungen ab September die Verordnetenversammlung der Deutschen NSVW treffen wird. Die Schule wird eine natürliche Person mit einem eigenen Haushalt, und Arbeitgeber der Grundschullehrerinnen und -lehrer wird nicht mehr das Staatliche Schulamt, sondern die Schulleiterin.

(…)

– Die Stadtverordnetenversammlung hat früher dreimal einen entsprechenden Antrag der Deutschen NSVW Werischwar auf die Übernahme der Trägerschaft der Grundschule am Marktplatz abgelehnt. Jetzt kann sie dennoch die Trägerschaft übernehmen. Was spüren Sie jetzt?

–   Ich bin und war auch früher der Überzeugung, dass es die beste Bildungspolitik ist, wenn der Staat eine unmissverständliche und die gleiche Verantwortung für alle Kinder im schulfähigen Alter übernimmt und für Chancengleichheit sorgt (natürlich unter anderen auch unter Berücksichtigung der Interessen der Nationalität), und wenn unter der Lenkung des Staates die Kommunen Träger der Schulen sind, die örtliche Begebenheiten gut kennen und Verantwortung für die ganze Gemeinde übernehmen. Ich bin der Überzeugung, dass der optimalen Entwicklung der lokalen Gemeinschaften auf lange Sicht am besten diese Lösung dient.

Heute wird die Trägerschaft von immer mehr Schulen in die Hände von Religionsgemeinschaften und Nationalitätenselbstverwaltungen gelegt, was aus meiner Sicht in gewisser Hinsicht gut für die Eltern ist, aber schlecht für die Orte als Ganzes und das Land als Ganzes.

Die getroffene Entscheidung nehme ich unabhängig davon natürlich zur Kenntnis, und wenn es schon so gekommen ist, werde ich die Beteiligten nach Möglichkeit unterstützen und dazu beitragen, dass sowohl die Schule am Marktplatz als auch die am Kirchplatz in der neuen Situation immer besser arbeiten. Ich wünsche mir, dass sich meine Sorgen als grundlos erweisen und die Zeit diejenigen bestätigt, die diese Entscheidung angestoßen und durchgesetzt haben.”

_________________________________________

Konzepte und Vorstellungen hinsichtlich guter Schulpolitik unterscheiden sich wahrlich. Manche setzen auf mehr Staat, manche auf Autonomie. Für die ungarndeutsche Gemeinschaft in Werischwar dürfte meines Erachtens diese Übernahme ein symbolischer Akt auf dem Weg zur Verwirklichung der kulturellen Autonomie sein. Darin stimme ich mit dem Bürgermeister überein, dass es eines festen Fundaments und eines tragfähigen und auf lange Sicht angelegten Konzepts bedarf um unter Beweis zu stellen, dass diese Entscheidung die richtige war.

Foto: www.nnai.hu

Folgen Sie uns in den sozialen Medien!

Spende

Um unsere Qualitätsarbeit ohne finanzielle Schwierigkeiten weitermachen zu können bitten wir um Ihre Hilfe!
Schon mit einer kleinen Spende können Sie uns viel helfen.

Beitrag teilen:​
Geben Sie ein Suchbegriff ein, um Ergebnisse zu finden.

Newsletter

Möchten Sie keine unserer neuen Artikel verpassen?
Abonnieren Sie jetzt!