Kunterbunt: Kindergärten in der Trägerschaft örtlicher deutscher Selbstverwaltungen (1)

Teil 1: erste Annäherungen (I)

Von Richard Guth

Es war für mich ohne Zweifel etwas, was man gewöhnlich ein Schlüsselerlebnis bezeichnen würde. Ich verweilte samt meiner Familie vor einigen Monaten im Zoologischen Garten von Budapest. Eine ganze Kinderschar näherte sich plötzlich dem frei begehbaren Gehege, errichtet zum Streicheln von Tieren. An sich nichts Ungewöhnliches, wäre da nicht die „ungewöhnliche” Umgangssprache der Kinder im Gespräch mit den Begleitpersonen: deutsch. Mitten in Budapest Kindergartenkinder, die fließend deutsch sprechen (und genauso fließend ungarisch untereinander). Ich entschied mich, den Kontakt zu einer der Begleitkräfte zu suchen. Wie es sich herausstellte, ging es bei der Dame um eine Kindergärtnerin, die als Muttersprachlerin im deutschsprachigen Kindergarten „Naturkinder” arbeitet.

Dieses Erlebnis kam mir in den Sinn, als ich neulich in der Neuen Zeitung von der Zusatzförderung des Ministeriums für Humane Ressourcen für Kindergärten in der Trägerschaft örtlicher deutscher Selbstverwaltungen gelesen habe. 18 an der Zahl, eine stattliche Größe, und diese Zahl wird in der Zukunft sicherlich weiter wachsen, erhoffe man  sich von einem Trägerschaftswechsel mehr Freiheiten in der Umsetzung des Pädagogischen Programms, mehr Finanzmittel und sicherlich bei vielen eine wahre kulturelle Autonomie. Welche Ziele verfolgen diese Einrichtungen, wie sind sie ausgestattet, welche Rolle spielt die deutsche Sprache im Kindergartenalltag?

Ich versuche in den nächsten Ausgaben des Sonntagsblattes diesen Fragen nachzugehen. Im ersten Teil wage ich eine erste Annäherung an die Einrichtungen und deren Erziehungs- und Bildungsarbeit anhand des Internetauftritts der Kindergärten. Im zweiten Teil werde ich die Antworten auf die Fragen auswerten, die ich an die Leiter der Kindergärten gestellt habe. Im letzten Teil möchte ich ausgewählte Kindergärten im ganzen Land besuchen, um mich vor Ort über die Zweisprachigkeit an diesen Einrichtungen zu informieren – nicht ganz ohne Vorgeschichte, denn im letzten und vorletzten Jahr hat das Sonntagsblatt die ersten vier Grundschulen vorgestellt, deren Trägerschaft von ungarndeutschen Selbstverwaltungen übernommen wurde. Deren Zahl hat sich in der Zwischenzeit auch vervielfacht.

Es ist wahrlich schwierig, den Internetaufritt von Kindergärten und sonstigen staatlichen Bildungs- und Erziehungseinrichtungen zu vergleichen. Denn ganz unterschiedliche Interessen verfolgt, ganz anderen Ansprüchen muss gerecht werden ein Kindergarten auf dem Lande, womöglich der einzige im Ort, als einer, der in Konkurrenz zu anderen Kindergärten des Ortes und der näheren Umgebung steht und sich selbst vermarkten muss.

So gibt es Kindergärten, die einen recht professionellen Internetauftritt haben, der über alle Facetten der Arbeit an der Einrichtung informiert, und auch Einrichtungen, über die man nur wenig erfährt, meist über die Heimseite (Hompage) der örtlichen Selbstverwaltung. Es gibt Internetseiten, die bewusst auf Zweisprachigkeit setzen wie die Internetseite des Kindergartens „Kunterbunt” in Wudigess oder die des 2015 gegründeten Pumukli (sic!) – Kindergartens (auch in der deutschen Version ist von „Pumukli” die Rede, nicht von „Pumuckl”) in Hanselbek, der aber unverständlicherweise die umfangreichen deutschen Informationen hinter ungarischen Menüpunkten versteckt. Auf anderen Heimseiten überwiegt das Ungarische (bei den meisten fehlt es an deutschen Inhalten gänzlich). Im Falle des Deutschstädtischen Kindergartens Jula findet man hingegen zweisprachige Einladungen zum Tag der Offenen Tür (wie auch beim Kindergarten „Lustige Zwerge” Schaumar) und ein zweisprachiges Pädagogisches Programm. Deutsche Inhalte (wie Vorstellung der Einrichtung, Ziele) findet man beim Schlossgarten-Kindergarten Nadasch und beim Kindergarten „Csupaszív” / „Ein Herz für Kinder” Großturwall (der deutsche Name könnte ruhig auch im Wappen auftauchen, nicht nur im Jahresprogramm oder bei der deutschsprachigen Vorstellung), den wir vor einigen Jahren auch eigens vorgestellt haben (als erste Vorschuleinrichtung in der Trägerschaft einer örtlichen deutschen Selbstverwaltung). Dessen Heimseite ist sicherlich die hippste unter allen, aber über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Internetseite des Kindergartens von Marka, die zwar keine eigene Seite ist, sondern ein Menüpunkt auf marko.hu, und auch keine deutschen Inhalte hat, aber dafür ein umfangreiches Pädagogisches Programm (70 Seiten lang) mit einem eigenen deutschsprachigen Kapitel. Auf Zweisprachigkeit setzt diesbezüglich auch der Kindergarten „Lustige Zwerge” in Schaumar.

Es gibt neben der eigenen Heimseite auch Versuche, die Informationen auch über andere Kanäle an den Mann (oder an die Frau zu bringen): Die fortschrittlichste Einrichtung  diesbezüglich ist der Pumukli-Kindergarten inmitten des Speckgürtels rund um Budapest, mit Blog und Facebook-Seite. Auch andere Einrichtungen haben sich an Facebook herangewagt, aber der anfängliche Enthusiasmus schien nach einer Zeit nachgelassen zu haben. Aber die meisten Heimseiten enthalten aktuelle Informationen, soviel steht fest.

Das Entscheidende für mich war die Frage, wie diese „zweisprachigen Kindergärten” (eine Selbstbezeichnung bei den meisten der 18 Einrichtungen) die Billingualität im Alltag praktizieren bzw. was sie sich hinsichtlich der Deutsch-Sprachkompetenz der Kinder Ende des letzten Kindergartenjahrs zum Ziel setzen.

 

Fortsetzung folgt!

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