Minderheiten mit wirtschaftlichem Potenzial? – Interview mit Matthäus Rauschenberger

Von Patrik Schwarcz-Kiefer

 

Lieber Matthäus, erstmal danke dafür, dass du für dieses Interview zur Verfügung stehst. Die Redaktion des Sontagsblattes will Dir auch im Rahmen dieses Interviews für den erhaltenen Valeria-Koch-Preis gratulieren. Diesbezüglich geht unsere erste Frage um deine Diplomarbeit. Könntest du sie ein bisschen vorstellen?

Danke für die Möglichkeit! In meiner Diplomarbeit wurde der Frage nachgegangen, inwiefern Regionen, die über nationale Minderheiten verfügen auf dem Tourismusmarkt erfolgreicher agieren können, indem sie diese kulturelle Eigenschaft in ihre Kommunikation einbinden. Diesbezüglich haben wir uns mit Experten aus deutschsprachig geprägten Destinationen zusammengetan. Im bunten Team gab es Forscher aus Ungarn, Oberschlesien, Siebenbürgen und Südtirol. Die Ergebnisse sind für alle betroffene Destinationen ermutigend.

 

Du hattest eine interessante Idee, wenige beschäftigen sich mit der Beziehung zwischen Tourismus und autochthonen Minderheiten. Was hat man über diese Idee an deiner Fachhochschule in Salzburg gedacht?

Der genaue Forschungsbereich war tatsächlich nicht detailliert bearbeitet. An meinem Studiengang an der Fachhochschule Salzburg wird großer Wert auf die dialogorientierte Natur von Tourismus gelegt. So werden Fremdsprachen in erhöhten Stundenzahl unterrichtet, Fächer, wie interkulturelle Kommunikation und die Option eines Austauschsemesters gehören zum Programm. Die Lehrende kommen aus verschiedenen Ländern, die Betreuerin Meiner BA-Arbeit kommt zum Beispiel aus Südtirol, wo Mehrsprachigkeit dem Alltag zugehört. So war mein Thema auch nicht weit von der Stoßrichtung der FH Salzburg entfernt.

 

Was würdest du als das größte Ergebnis deiner Forschung nennen?

Das relevanteste Ergebnis ist, dass die Existenz anerkannter Minderheiten nicht nur einen kulturellen und moralischen, sondern auch einen wirtschaftlichen Mehrwert für betroffene Regionen Darstellt. Autochthone Minderheiten bilden eine Brücke zwischen Gast und Gastland. Durch ihre Lebensweise ist es dem Besucher oft einfacher, die kulturelle Vielfalt des bereisten Landes zu adaptieren. Sprache, Tracht, Architektur, Liedgut, Bräuche, regionstypische Produkte: die Ausdrucksweise dieser Volksgruppen bereichert die Heimatländer zusehends. Darüber sollte man einfach öfter reden. Alle Experten haben auf die Wichtigkeit vom weiteren Dialog aufmerksam gemacht.

 

Soweit wir wissen, arbeitest du nach dem Thema deiner Diplomarbeit. Könntest du über dein Projekt erzählen?

Inspiriert von Beispielen aus den alpinen Regionen Graubünden (CH) und Südtirol (IT) arbeiten wir an der Etablierung einer touristischen Dachmarke für donauschwäbische Betriebe aus Ungarn und Kroatien. Zunächst möchten wir den Ruf unserer Landesweit bekannten Winzer in Österreich und der Bundesrepublik etablieren. Anschließend kann es mit der Entwicklung einer touristischen Erlebnisstraße: der donauschwäbischen Kulturstraße „Via Suevia“ beginnen. Praktisch möchten wir eine neue touristische Destination aus Ungarn und Kroatien in den Köpfen der deutschsprachigen Zielgruppe verankern. Mehr darüber erfährt man auf der Webseite viasuevia.info .

 

Du betonst immer die Wichtigkeit der deutschen Sprache. Wofür hältst die Situation der deutschen Sprache in Ungarn bzw. unter den Ungarndeutschen?

Einerseits kann man die schwindende Relevanz von deutschen Dialekten in Ungarn nicht leugnen. Das ist zwar aus kultureller Sicht alarmierend, ist aber zum Beispiel in Norddeutschland genauso. Auf der anderen Seite kann man über eine Renaissance der deutschen Sprache in Ungarn sprechen: tagtäglich erkennen immer mehr Landsleute die Wichtigkeit der deutschen Sprache für die Region. Diese Erkenntnis hat oft einen wirtschaftlichen Aspekt, in meiner persönlichen Umgebung treffe ich aber auf Menschen, die ihren deutschen familiären Hintergrund neuentdeckt haben. Nun wollen sie die Sprache Ihrer Vorfahren beherrschen. Diese Tendenz und die verhältnismäßig günstige soziale Stellung der Deutschen Minderheit in Ungarn sind für mich Gründe, auf eine souveräne Gemeinschaft im Ungarn des 21. Jahrhunderts zu hoffen. Jeder kann seinen Beitrag leisten. Man kann es natürlich immer besser machen

 

Danke für deine Antworten, wir wünschen Dir viel Erfolg für deine weitere Arbeit!

Vielen Dank für die Möglichkeit! Hoffentlich begegnet man den einen oder anderen Sonntagsblatt-Leser bald auf der donauschwäbischen Kulturstraße!

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