Von Patrik Schwarcz-Kiefer
Vor einigen Jahren, als ich in der Budapester Ortsgruppe der GJU tätig war, wurden wir von Ágnes Sós (Regisseurin des Films) kontaktiert, um an den Dreharbeiten zu einem Dokumentarfilm teilzunehmen. Wir waren mitten in den Vorbereitungen für unsere Aktion, bei der wir am TrachtTag in der Budapester Innenstadt Informationsblätter über das Ungarndeutschtum verteilen wollten. Diese Aktion von uns kommt auch im Film vor. Das ist aber nur ein ganz kleiner Teil des zweistündigen Films.
Wie entdecken donauschwäbische Jugendliche ihre Wurzeln und warum wurde in den Geschichtsbüchern bis zur Wende nichts über Vertreibung und Malenkij Robot geschrieben? Wie kommt es, dass Millionen von Ungarn nicht wissen, dass Hunderttausende wegen ihrer Nationalität vertrieben wurden? Was geschah mit den Schwaben während und nach dem Zweiten Weltkrieg? Der Film gibt Antworten auf diese Fragen. Mit Hilfe von jungen Ungarndeutschen und Zeitzeugen.
Zeugnisse, die von bitteren Schicksalsschlägen erzählen! Voller Emotionen und Leiden! Zwangsarbeit im Donbass, vertriebene und verlorene Familienangehörige! Und von Jahrzehnten, in denen nicht einmal darüber gesprochen werden durfte!
Dieser Film ist lückenfüllend. Er wurde vielleicht zum letztmöglichen Zeitpunkt gedreht, denn viele der Gesprächspartner sind nicht mehr unter uns. Diese traurige Tatsache macht den Film noch wertvoller.
Natürlich ist es beeindruckend, solche Geschichten zu hören. Und in 30 bis 40 Jahren wird dieser Film noch wichtiger sein, weil es wahrscheinlich niemanden mehr unter uns geben wird, der diese Ereignisse aus eigener Anschauung erlebt hat – dann werden diese Geschichten wirklich Geschichte sein. Aber dank dieses Films wird es leichter sein, diese Geschichte bekannt zu machen.
Wenn man nicht nachrechnet, ist es auch nicht selbstverständlich, dass der eineinhalbjährige Junge, dessen Mutter zu Malenkij Robot verschleppt wurde und der 4 Jahre ohne seine eigene Mutter leben musste, in diesen Tagen schon über 80 Jahre alt ist. Die Zeit vergeht und wenn wir uns nicht aufwecken, verpassen wir wirklich die Möglichkeit, unsere Geschichte besser kennen zu lernen. Dieses Trauma soll nicht mehr ein Faktor für Angst sein, sondern eine feste Basis unserer Identität. Denn wir haben auch das überlebt.