Pari und seine Feste im Jahreskreis
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Von Ibolya Lengyel-Rauh
Der Leser konnte bis jetzt über die familiären Feierlichkeiten in Pari/Pári erfahren, aber es gab wichtige religiöse Feste, von denen noch heute Spuren im alten Brauchtum zu finden sind.
In Pari gab es jedes Jahr dreizehnmal einen Ball bzw. ein Fest: 1. Dreikönigsfest, 2. Faschingssonntag, 3. Faschingsmontag, 4. Faschingsdienstag bis Mitternacht, 5. Ostermontag, 6. Maifeiertag, 7. Pfingstsonntag, 8. Peter und Paul, 9. Heiliger Stefan, 10. Kirmes, 11. Katharinentag, 12. Stephanstag, 13. Silvester
Bälle wurden in den zwei Wirtshäusern und im Bauernverein gehalten.
Silvester – das Neujahr
An Silvester gab es am Abend einen Gottesdienst in der Kirche, an dem alle teilnahmen. Danach gingen die jungen Leute zum Tanz. Es gab zwei Gaststätten, den Bauernverein und das Großwirtshaus. Bei den Mädels gingen die Eltern mit. Die Mütter waren mit im Tanzsaal und die Väter spielten Skat in der Gaststube.
Am nächsten Tag – zu Neujahr – gingen die Burschen und die Männer in die Nachbarschaft und zu den Paten, um ihre Neujahrswünsche auszusprechen. Der Spruch lautete: “Ich wünsche euch ein glückseliges Jahr! Gesundheit, Glück und Einigkeit, ein langes Leben und ewige Glückseligkeit!” An diesem Tag wurde kein Hühnerfleisch gegessen, da Hühner das Glück verkratzen. Krapfen, Linsensuppe und Schweinesuppe wurden für diesen Tag vorbereitet.
Ab 6. Januar (Heilige Drei Könige, Erscheinung des Herrn) gab es wieder Hochzeiten, manchmal drei in einer Woche bis Fasching.
Fasching
Fasching wurde auch gefeiert. Sonntag, Montag und Dienstag war abends Tanz in den zwei Gasthäusern. Am Montag und Dienstag wurde am Tag in den Weinkellern gefeiert. Am Mittwoch verabschiedete man sich vom Fasching, es begann die Fastenzeit. Es gab keine Hochzeiten mehr. Im Sommer war es für Hochzeiten zu warm und es war viel Arbeit auf dem Feld und im Weinkeller. Damals verkleideten sich die Parier nicht. Sie zogen nur ihre Tracht an.
Ostern
In der Fastenzeit wurde kein Fleisch gegessen. So bereitete man sich auf Ostern vor. Die Osterwoche dauerte vom Palmsonntag bis Ostermontag. Die wichtigsten Ostertage waren Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag. Am Gründonnerstag wurde auf der Frühmesse das letzte Mal geläutet. Man sagt: „Jetzt fliegen die Glocken nach Rom!” Statt der Glocken ertönte nun dreimal am Tag die Ratsche. Am Karsamstag kamen die Glocken während der Frühmesse zurück und läuteten alle. Die Menschen gingen dann in ihre Gärten und schüttelten die Obstbäume, damit es eine reiche Ernte gibt.
Am Karfreitag gingen alle mit einer Prozession zum Kreuzweg auf den Kalvarienberg. Nur bei schlechtem Wetter wurde dafür in der Kirche an 14 Stationen gebetet.
Am Abend des Karsamstags wurde vor dem Gottesdienst auf dem Kirchplatz ein großes Feuer angezündet, es symbolisierte die Verbrennung des Judas… Danach folgte die Auferstehungsprozession. Die Menschen waren festlich gekleidet. Es wurden Lampen und Fahnen getragen und die Statue von Jesus und die Monstranz. Am Umzugsweg waren die Häuser mit Heiligenstatuen und Kerzen geschmückt. Der Pfarrer erteilte seinen Segen in alle Himmelsrichtungen. Danach gab es nach der langen Fastenzeit ein Festmahl, der Schinken (vom letzten Schlachtfest) wurde angeschnitten! Am Ostersonntag in der Früh wurde ein Osternest für die Kinder vorbereitet (mit Zwiebelschalen gefärbte Eier und Süßigkeiten). Die Eltern bereiteten es in der Scheune oder im Stall. Das Suchen nach dem Osternest machte den Kindern großen Spaß. Jedes Kind besaß ein Körbchen, mit dem es sich auf den Weg machte. Zuerst schauten sich die Kleinen um das Haus herum um und sammelten ihre Geschenke. Nach der Messe sahen sie nach, was der Osterhase bei den Paten und Verwandten gelegt hatte. Die Tauf- und Firmpaten machten dem Patenkind ein Bündel, in dem Ostereier, ein Hefeteighase und Zucker eingepackt wurden. Das Bündeltragen ähnelte dem Brauch zu Weihnachten, aber in diesem Fall handelte es sich nicht um eine gegenseitige Bescherung. Um die Geschenke zu sammeln, besuchten die Kinder auch die Verwandten, von denen sie Ostereier bekamen, die für sie einen besonderen Wert hatten. Man konnte sie essen, aber man konnte mit ihnen auch spielen und sogar Geld gewinnen. Nach der „Sammlung” trafen sich die Kinder auf dem Kalvarienberg. Jeder prahlte mit seinen Geschenken und dann fing das Spiel an. Es wurde ein ungefähr 5 cm tiefer, ca. 10 cm breiter und drei-vier Meter langer Graben angelegt. Die Eier wurden darin gerollt. Der Gewinner war der, dessen Ei nicht zerbrach. Er bekam all die zerbrochenen Eier der anderen. Oft wurde von den Buben das Geldwerfspiel gespielt. Wer das Geld in das Ei werfen konnte, gewann nach jeder Runde das Geld der Verlierer. Die Osterbräuche wurden noch in den 1970er Jahren intensiv gepflegt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Parier aus ihrem Dorf vertrieben und Madjaren aus dem ehemaligen Oberungarn in Pari angesiedelt wurden, verbreitete sich ein neuer Osterbrauch: das Begießen der nicht verheirateten Mädchen. Die Mädchen wurden aus der Stube auf den Hof hinausgetrieben und mit kaltem Wasser aus dem Brunnen übergossen. Die Burschen bekamen bunte Eier als Belohnung von ihnen.
Kirmes
Das Dorf feierte seinen Kirmestag am 29. September. An diesem Tag gab es einen Gottesdienst und einen Ball am Abend. Auf dem Kirchplatz gab es Stände, wo man den Kindern etwas kaufen konnte und die Kinder Karussell fahren konnten.
Nikolaus
Am 6. Dezember war es in Pari Brauch, dass sich jemand aus der Gasse oder aus der Familie als Nikolaus verkleidete. Dieser zog sich einen alten Pelzmantel mit einer Pelzkappe an. In der Hand hielt er eine lange Kette, mit der er rasselnd durch die Gasse marschierte. Bevor er das Zimmer betrat, klopfte er drohend am Fenster. Die Kinder versteckten sich unter einem Tisch oder hinter der Tür. Als der Nikolaus ins Haus trat, krochen sie zitternd hervor und gestanden alles, was sie verbrochen hatten. Sie bereuten alle Sünden, die sie während des Jahres begingen. Als „Strafe” mussten sie Gebete und Gedichte vortragen. Der folgende Reim war dem Nikolaus vorgetragen:
„Lieber, braver Nikolaus
komm in unser Vaterhaus.
Leer hin das Säckchen aus,
lieber guter Nikolaus.”
Danach verteilte der Nikolaus die Geschenke: Äpfel, Nüsse und Dörrobst. Wenn sich die Eltern über das Benehmen ihres Kindes beschwerten, wurde es vom Nikolaus mit einer Rute verhaut. Das Kind musste versprechen, in der Zukunft artig zu sein.
Weihnachten
Es gab in jeder Familie einen Christbaum aus Wacholderbusch zusammengezimmert. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es keine Tannenbäume in Pari. Geschmückt war der Wacholderbaum mit vergoldeten Nüssen, Äpfeln, Gebäck und Salonzucker. Später gab es schon Kugeln. Der Baum wurde in eine Zuckerrübe hineingesteckt. Das Schmücken des Weihnachtsbaums war die Aufgabe der Mutter. Die Kinder wollten nicht mithelfen, da sie fest daran glaubten, dass das Christkind den Weihnachtsbaum bringe.
Am Heiligen Abend wurden Fastenspeisen gegessen: Backkürbis (Herakherbus), der vor Halsschmerzen schützen sollte, Hefekuchen, Bohnensalat und aus Dörrobst gekochtes Kompott (Huzl). An diesem Abend erschienen das Christkind wie auch der Nikolaus, „persönlich”. Jemand aus der Bekanntschaft verkleidete sich ganz in Weiß. Bevor die im Leinentuch gekleidete weiße Gestalt die Stube betrat, klingelte sie mit einem Glöckchen und fragte mit tiefer Stimme:
„Darf das Christkind herein?”
Die Kinder mussten sich knien und sagen:
„Christkind Rat,
ich habe dich schon lange erwartet.
Gib mir einen Apfel oder eine Nuss,
dann gibt es keinen Verdruss.”
Das Christkind streute Dörrobst, Nüsse und Lebkuchen auf den Boden. Die Kinder sammelten die Geschenke auf und bedankten sich dafür sehr herzlich.
An diesem Abend wurde auch von den Mädchen und Jungen das Krippenspiel von Bethlehem gespielt. Sie zogen von Haus zu Haus. Maria, Josef und die Hirten wurden dargestellt. In einer kleinen Wiege lag das Jesuskind.
Alle gingen um Mitternacht in die Christmette. Der heiligste Tag war der erste Feiertag. Die Messe wurde mehrmals besucht. Die älteren Leute gingen in die erste Messe. Die Jüngeren haben früh das Vieh versorgt und gingen um 10.00 Uhr in die zweite Messe. Die Omas haben gut für die Familie gekocht. Es war auch noch Fleisch vom Schlachtfest übrig, das ja kurz vor Weihnachten stattfand.
Der zweite und dritte Feiertag waren die Männernamenstage Stefan und Johannes. Sie wurden groß gefeiert und die Männer gingen sogar in den Keller. Der vierte Feiertag (28. Dezember) war der Tag der unschuldigen Kinder. Nun durften die Kinder zu Nachbarn oder Verwandten mit der Rute zum Kindeln gehen. Der Spruch dazu hieß: „Frisch und gesund, das Neujahr kommt. Bleibet a gesund bis es wieder mal kommt.” Die Kinder wurden mit etwas Geld belohnt.
So ging das alte Jahr mit Silvester zu Ende und man freute sich auf das kommende Neujahr. Aber was die kommenden Jahre ab 1940 für die Parier mitbrachten, war bis 1940 unvorstellbar für die Bevölkerung. Darüber erfährt der Leser mehr in der nächsten Ausgabe.