Valeria-Koch-Viertklässler/innen empfangen im Dom zu Fünfkirchen die erste heilige Kommunion auf Deutsch
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Von Richard Guth
Als wären Archivaufnahmen aus der Vorkriegszeit zum Leben erweckt worden: Weiß gekleidete Mädchen, hinter ihnen Jungen im Anzug mit traditionellem Sträußchen, bewegen sich langsamen Schrittes durch das mächtige Gotteshaus, am Altarraum erwartet vom Pfarrer, um die heilige Kommunion zum ersten Mal zu empfangen.
Den 21. Mai 2023 erwarteten neunundzwanzig Kinder aus der Pfarrei Herz Jesu mit besonderer Freude, sie empfingen zum ersten Mal den Leib Christi. Die Erstkommunionfeier fand im Dom zu Fünfkirchen statt, der deutschsprachige katholische Gottesdienst wurde von Pfarrer Stefan Wigand aus Bonnhard zelebriert – eigentlich ein Unikat, feiert man auch in ungarndeutschen Gemeinden die Erstkommunionfeier wie selbstverständlich auf Ungarisch, auch wenn dafür beispielsweise die deutsche Messe, die wöchentlich einmal gefeiert wird, weichen muss.
Seit zwei Jahren bereiteten sich die Schülerinnen und Schüler des Valeria-Koch-Bildungszentrums auf die Erstkommunion vor. Unterstützt wurden sie von Henriette Rang und Ilona Dudás. Ein Großteil der weiblichen Kommunionkinder trug traditionelle ungarndeutsche Erstkommuniontracht: Die Mädchen waren ganz in Weiß gekleidet, die Jungen trugen einen schwarzen Anzug mit einem Sträußchen auf der Brust. Die Mädchentracht bestand aus drei weißen, in Falten gelegten Röcken mit einer Schürze. Auf die weiße Bluse mit einem Schmiesel und einem Halsband wurde ein Halstuch gebunden. Die geflochtenen Haare der Mädchen zierte ein Kranz. Die Trachten aus Litowr/Liptód wurden von Klara Gerner genäht.
Henriette Rang berichtete gegenüber dem Sonntagsblatt, dass es ein Anliegen des Bischofs gewesen sei, dass die Kinder vom Valeria-Koch-Schulzentrum, zur Hälfte aus Fünfkirchen, zur Hälfte aus den umliegenden Ortschaften stammend, die Vorbereitung in einer „Gemeinschaft” erleben, in diesem Falle in der Pfarrei Herz Jesu. Die beiden Verantwortlichen der Kommunionvorbereitung bemühten sich nach Rangs Angaben um Zweisprachigkeit. Anfangs dachte man nach ihren Angaben über eine zweisprachige Feier nach, ehe die beiden von den Eltern und dem Pfarrer von der Bedeutung der Einsprachigkeit überzeugt wurden. Henriette Rang durfte auf eine volle Kirche blicken, auch zwischen den Bänken seien Angehörige gestanden: „Die Gläubigen kamen nicht nur aus Fünfkirchen, sondern auch aus der Umgebung, denn sie wollten zusammen mit uns, mit unserer christlichen, donauschwäbischen Gemeinschaft feiern, man spürte regelrecht, dass die Leute ein Bedürfnis nach so einer Feier hatten. Man spürte aber auch das Zusammengehörigkeitsgefühl, wir waren da und zwar so viele, dass viele keine Sitzplätze bekamen.” Auch das gemeinsame Feiern von mehreren Generationen von der Uroma bis zu den Urenkeln fiel der Religionslehrerin positiv auf. Aber auch etwas anderes ist für sie in Zeiten von einer Abkehr von Kirche und Religion wichtig – das hat sie anlässlich der Erstkommunionfeier folgendermaßen beschrieben:
Unsere Welt ist in der Krise, besser gesagt der Mensch selbst ist in der Krise. Die seit Jahrtausenden gültigen Grundwerte werden in die Frage gestellt. Wer bin ich, weshalb bin ich auf der Welt, welche Werte habe ich zu folgen?
Religion gibt uns die Antwort, die uns sicher durch die Welt, durch unser Leben leitet. Religion ist was ganz Persönliches, nämlich die Antwort des Einzelnen auf Gottes Rufe: Willst du mich?
Religion ist aber auch was, was man nur in Gemeinschaft leben kann. Gemeinschaft, die vielfältig ist, doch dasselbe Ziel zusammenhält: Gottes Liebe zu erleben und weiterzugeben.
Es ist genauso, wie mit unserer Nationalitätenidentität. Sie basiert auf der persönlichen Ebene, aber erleben kann man es richtig nur in der Gemeinschaft. Um sich als Gemeinschaft fühlen zu können muss man von Zeit zu Zeit innehalten und dazu dienen unsere Feier. Man vergisst den Alltag, hält inne, konzentriert sich auf das Fest und was es zu sagen hat.
Heute feiern wir die Erstkommunion unserer Kinder, sie werden ein bewusster Teil unserer Wertegemeinschaft. Und wir bestärken sie heute in dieser Gemeinschaft, was auf zwei Säulen ruht, auf unserem Glauben und auf unserer nationalen Identität. So geben wir ihnen klare und beständige Richtlinien, die ihnen immer zur Stütze werden, so dass sie von sich alleine JA sagen: JA zur Religion und JA zur ungarndeutschen Identität.
Mein Ziel ist es sie bei dieser Entwicklung zu unterstützen, denn Glaube und Tradition muss man nicht bewahren, man muss sie leben.