Aus Liebe zum Wein

Dr. Joachim Beck ist der Eigentümer, Ideengeber und Betreiber der Beck’s Borveranda in Palkan/Palkonya. Die Idee, Borveranda zu eröffnen, beruht auf seiner Familiengeschichte. Die Vorfahren von Herrn Beck sind nachweislich in der Zeit um 1711 nach Ungarn eingewandert. 1946 wurden die Eltern wegen der Bekenntnis zum Deutschtum bei der Volkszählung 1941 vertrieben. Herr Beck ist Deutschland geboren, aber sein Universitätsstudium hat er in Ungarn absolviert. Das Interview hat Martin Szanyi geführt.

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SB: Gibt es in Ihrer Familie eine Tradition des Weinbaus?

JB: Ja, meine Eltern und Großeltern väterlicherseits waren auch Weinbauern. In meiner Kindheit habe ich bei zahlreichen Weinlesen mitgeholfen. Einige Rotweine, die wir anbieten, sind vom Weinberg meiner Schwiegereltern. Da ich fast jeden Urlaub in meiner Kindheit in Ungarn verbracht habe, wollte ich unbedingt in Fünfkirchen studieren, so habe ich mein Medizinstudium an der Universität Fünfkirchen absolviert.

SB: Wie kam die Idee, Borveranda zu eröffnen?

JB: Fünf Jahre lang war mein Sohn Bürgermeister in Palkan, und das war der Grund, weshalb ich in Palkan meinen ersten Weinkeller gekauft habe, da mein Sohn gesagt hat: Du musst in der Kellerreihe einen Weinkeller kaufen! Und weil ich natürlich auch eine Liebe zum Wein habe. Ich habe 1989 mit einem Willander Weinbauern meinen ersten gemeinsamen Wein produziert, der auch auf der Weinmesse eine Bronzemedaille gewonnen hat. Da ich mich auch in der Zeit des Medizinstudiums mit Önologie beschäftigt habe, bin ich mit dem Wein und Weinbau verbunden geblieben.

Also, mein Sohn war wie gesagt Bürgermeister und meinte, ich müsse unbedingt einen Weinkeller kaufen. Dann habe ich einen gekauft in der Pincesor, der Kellerreihe. Dann hat er die Idee gehabt, noch als Bürgermeister, aus Palkan ein Gastronomiedorf zu machen, weil die Pfingsveranstaltungen bereits zur Legende geworden sind und man zu dieser Veranstaltung immer nur externe Menschen eingeladen hat, die da was gebacken haben oder gegrillt haben oder halt irgendetwas angeboten haben. Und dann war die erste Idee halt einfach ein kleineres Restaurant ohne Küche zu machen. Wir haben am Anfang an Dampfnudeln gedacht und an etwas Ähnliches, aber aus der kleinen Idee ist immer mehr geworden und so kam es, dass ich die Borveranda vor fünf Jahren angefangen habe aufzubauen. Die Bauzeit betrug ungefähr zweieinhalb Jahre.

 

Borveranda 2

SB: Was war für Sie wichtig beim Bau der Borveranda?

JB: Es ging beim Projekt um drei Dinge. Das eine: der geschichtliche Bezug zur Familie und zum Schwabentum. Das zweite: Ich wollte Materialien verwenden, die von Handwerkern aus der Umgebung stammen und mit handwerklicher Arbeit hergestellt werden. Das heißt, dass das Holz der Tische und Stühle von meinem Onkel stammt, Bäume aus dem Eichenwald, die er vor dreißig Jahren gefällt hat und die er dann auch gelagert hat. Die habe ich verwendet, also alles ist aus Eichenholz. Dann gibt es einen Schmied, der über achtzig Jahre alt ist. Er hat alle Lampen und alle Schmideisenarbeiten durchgeführt. Und so zieht sich das Ganze im Prinzip durch die Borveranda, damit es einmal geschichtlich aufgearbeitet wird, wie die Schwaben gelebt haben. Aber auch der regionale Bezug ist wichtig, um Leute, Fachleute zu engagieren, die in der Umgebung arbeiten und nicht etwas aus Deutschland zu kaufen oder so. Und zuletzt wollte ich die Geschichte der Schwaben zeigen: Wie sind die Schwaben nach Ungarn gekommen? Die sind mit der Ulmer Schachtel nach Ungarn gekommen. Dann habe ich mir von der Ulmer Schachtel eine maßstabsgetreue Zeichnung machen lassen und habe mit einem Schreiner aus der Umgebung die Ulmer Schachtel maßstabsgerecht nachbauen lassen. Im Baaja steht noch so eine Schachtel, allerdings steht sie im Museum. Unsere ist etwas kleiner, aber ebenso maßstabsgetreu nachgebaut.

SB: Warum heißt der Ort Borveranda? 

JB: Na ja, wie gesagt, wegen der Liebe zum Wein und weil wir einen eigenen Kellermeister haben, der unsere eigenen drei Weinsorten – Weißwein, Roséwein und Rotwein – keltert. Die restlichen Weine sind regionale Weine, also wir kaufen nur von regionalen Weinbauern zu. Und Veranda einfach, weil der Name Terrasse besetzt war und ich mir gesagt habe, dass ich innen und außen etwas anbieten möchte, auch im frühen Sommer und Herbst. Und da kam halt der Begriff Veranda, weil natürlich auch die ungarischen Bauernhäuser traditionell eine Veranda besitzen bzw. besaßen, gewissermaßen als Markenzeichen.

SB: Welche Gerichte bietet Borveranda an?

JB: Von den Speisen her ist es natürlich immer davon abhängig, was der Koch zubereiten kann. Unser jetziger Chefkoch hat eine schwäbische Großmutter und wir bieten unter anderem Strudel an und versuchen schwäbische Gerichte wie Krautzuspeisen, Dampfnudeln und solche Sachen auch anzubieten. Aber der Gast wünscht sich natürlich auch moderne Gerichte. Und wir versuchen beide Richtungen miteinander zu verbinden.

SB: Welche Dienstleistungen bieten Sie Ihren Gästen noch an?

JB: Wir haben auch Übernachtungsmöglichkeiten in drei Kategorien. Also wir haben zum Beispiel vor zwei Jahren 28 Hochzeiten veranstaltet, im letzten Jahr und dieses Jahr etwas weniger. Wir haben also ein Hochzeitszimmer oder VIP-Zimmer für das Hochzeitspaar und Pensionszimmer. Ich würde sagen, über vier Sterne mit Dusche, Klimaanlage und Fernseher usw. Die mittlere Kategorie befindet sich über der Microbowlingbahn – ich sage gleich etwas dazu. Und wir haben auch Weinfässer, in den man wohnen kann. Also drei Kategorien von Schlafmöglichkeiten haben wir.

Es besteht die Möglichkeit, außer Hochzeiten auch Familienfeste zu feiern oder für Firmen Veranstaltungen bis siebzig-achtzig Personen durchzuführen. Wir haben noch den eigenen Keller, wo wir auch Weinproben anbieten. Dann haben wir noch ein österreichisches Geländefahrzeug, ein Pinzgauer, was relativ selten ist, weil es nicht mehr gebaut wird. Mit diesem Oldtimer kann man in die Weinberge fahren und die Umgebung erkunden. Wir haben in der Ulmer Schachtel einen Wellnessbereich eingerichtet, mit Sauna und fürdődézsa, also Tauchfass. Im Moment fangen wir gerade an, ein Schwimmbad zu bauen unterhalb des Gartens. Und wie gesagt, wir haben eine Microbowlingbahn, also so was wie eine Kegelbahn, aber als Bowling mit Bowlingkugeln und etwas kürzer, deshalb Microbowlingbahn.

Zur Microbowlingbahn haben wir im Frühjahr eine Kunstausstellung gehabt mit zwei berühmten ungarischen Künstlern: Ferenc Kovács, einem Maler aus Siklós (Munkácsy-Preisträger) und Franz Tischler, einem preisgekrönten Bildhauer. Und da gab es eine kombinierte Bild- und Bildhauerausstellung. Alle Bilder – auch die Wandmalerei in der Microbowlingbahn – stammen von Ferenc Kovács. Im Hintergrund, wo die Kugeln ankommen, ist unser Weinkeller in der Kellerreihe zu erkennen. Die zwei Personen sind ganz wichtig, weil sie Freunde der Familie sind, die dazu beigetragen haben, dass die Borveranda so aussieht, wie es aussieht.

SB: Wie ist es möglich, dass ein Dorf mit gerade einmal 300 Einwohner so beliebt ist?

JB: Na ja, ich glaube, den Grundstein hat mein Sohn gelegt als Bürgermeister damals. Er hat einen Touristikverein gegründet und hat versucht, über Freunde in Budapest, in Fünfkirchen oder über die Universität, Palkan den Leuten ein bisschen näherzubringen. Ich meine, Willand kennt jeder und die Feste von Willand sind auch berühmt, aber mittlerweile gibt es einen vollen Veranstaltungskalender in Palkan über das ganze Jahr. Die sind Veranstaltungen, die immer sehr gut besucht sind. Also jetzt an Pfingsten waren etwa 6000 Leute in Palkan.

SB: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben!

JB: Gerne, Sie können gerne vorbeikommen und Sie sind jederzeit zu einem Glas Wein eingeladen!

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