Serie „Kolonisation der Gemeinde Kötsching”. Teil 15
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Von Prof. Dr. Zoltán Tefner
Das Nordufer des Plattensees gehörte in der Türkenzeit zum Habsburgerreich, das Südufer dagegen dem Türkischen Kaiserreich. Staatsrechtlich beziehungsweise theoretisch. In der Tat war in dieser Zeit nichts sicher. Grenzen im heutigen Sinne waren unbekannt, kein Zaun, keine vertraglich fixierten Linien in geometrischer Form. Die Unstimmigkeiten zwischen Türken und Grenzsoldaten im Dienste der Habsburger führten sehr häufig zu militärischen Aktionen. Truppen stationierten überall in den Burgen und Festungen am Nordufer, die Truppen hatten verantwortliche Befehlshaber in nicht selten hohem militärischen Rang. So war es im Falle von János Antall, der in einer Person zum Burgkapitän von Tihany und Dergécse (Dörgicse) ernannt war. Ein Held der Türkenkämpfe an der Spitze der Truppen der ungarischen Grenzfestungssoldaten. Seine heldenhafte Tätigkeit wurde mit Lehen prämiert, so erhielt er Landgüter in der südlichen Seite, in Kötsching, Rádpuszta, Póczapuszta, Csicsalpuszta. Wie es der ungarischen Bevölkerung im Süden erging, konnten wir im ersten Teil unseres Artikels erfahren.
Es kann aber auch der Dörgicseer Teil des Antall-Kondominiums untersucht werden. Es werden dabei die Namen Ángyán, Molnár, Kováts und Juhász in der Zeitperiode von 1728-1740 einer Untersuchung unterzogen. Johann Schmidt zieht aus der Liste von Laky die Folgerung, dass die Kolonisten ungarischer Herkunft „aus den oberen Komitaten Ungarns” gekommen sind. Diese Bemerkung dient jedenfalls dazu, dass der Ursprung der ungarischen (und der deutschen) Bevölkerung nicht im Komitat Wesprim zu suchen ist. Die Einschaltung des Komitats Wesprim in die Wiederbevölkerung der öden Landschaften war naheliegend und logisch. Im Appendix der Jinker reformierten ungarischen Kirchenbücher liest man: „1722 kamen die Deutschen herunter, die sich in Jink angesiedelt, im Jahre 1723 das heutige Oratorium erbaut hatten, so dass sie diesem auch die heutige Parochialis hinzubauten.” Auch später kam es vor, dass Kolonisten vom „Fősőfér” (nördliches Plattenseeufer) hinuntergekommen sind und sich auf den Gebieten der von den Türken hinterlassenen Besatzungsprovinzen niederließen.
Was „die Ungarn aus dem Fősőfér” anbelangt, stößt man in Jink auf auffallende Übereinstimmungen der zeitgenössischen ungarischen Familiennamen von Jink, überraschenderweise auch mit dem Familiennamen Antal, hier mit einem L. Bei der Untersuchung der Kirchenbücher der Dörgicseer Evangelischen Kirchengemeinde war auffallend, wie die in den Adelstand erhobenen Antals mit dem Gemeinvolk umgehen, denn sie haben in ihrer Verwandtschaft Angehörige, die noch dem Gemeinvolk angehören. Zur Hochzeit der Tochter von Imre Antal sind zwei Taufpaten eingeladen, der „alte Schweinehirt János” und „der Schäfer György Nagy.” Gergely Antal lvon Alsódörgicse nimmt die Taufe seiner Tochter am 12. April 1741 vor, und als Taufpaten werden drei bäuerliche Namen sowie der Name eines Schäfers, Miklós Nagy, erwähnt. In Jink stößt man zu dieser Zeit, wie auch in den späteren, sehr oft auf den Namen Antal. Selbst in Kötsching wissen wir über eine Familie Antal, die von bäuerlichem Stand ist und evangelisch, die aber weder dem evangelischen noch dem katholischen Zweig der Antals angehörte. Es kann sein, dass es sich dabei nur um eine zufällige Namensgleichheit handelt. Weitere Forschungen können diesen Zweifelsfall vielleicht lösen.
Die Ansiedlung magyarischer Elemente hätte auch aus südlicher Richtung geschehen können. Man rechnet hier vor allem mit Mernye und Mocsolád, es ist aber eher unwahrscheinlich, dass diese Art der Migration mit unserem Thema zusammenhängt. Wollen wir aber genauer auf das Thema der ungarischen Kolonistengruppen aus dem Süden eingehen, müssen wir auf das Wirken von György Antal in Tapsony zurückgehen. Einige Taten von ihm sind nämlich im Protokoll der adeligen Kongregation verewigt. Am 13. Mai 1728 wurde eine Verordnung von Antal betreffs Bevölkerungsumsiedlung aus Csokonya in der Südschomodei nach Karád ins Protokoll eingetragen. Mangels Kenntnisse über den Vorhergehenden weiß man darüber nichts Bestimmtes, was eigentlich hätte passieren können.
Im Protokoll handelt es sich um das arme Landvolk, das von der Drau bis nach Csokonya fliehen musste, das aber infolge der Verordnungen von Antal nach Karád befördert wurde, wo sie Antal unterbringen ließ. Untersucht man die Kirchenbücher und verschiedene Schriften aus den beiden Gemeinden Mezőcsokonya und Csokonyavisonta, so wird ersichtlich, daß dort nur die am häufigsten vorkommenden ungarischen Zunamen vorzufinden sind (Pap, Kováts, Molnár, György), deren Identifizierung aufgrund dieser spärlichen Daten fast unmöglich ist. Ob einige dieser Menschen bis nach Kötsching gelangten? Vielleicht ja, vielleicht auch nicht: Keine der Antworten ist berechtigt. Zu diesem Dilemma könnte man noch Folgendes hinzufügen: Laut einiger Erinnerungen soll eine kleine kroatische, katholische Minderheit im 18. Jahrhundert im Dorf gelebt haben. Bloß als Illustration zwei kroatische Namen aus dem Karáder katholischen Kirchenbuch mit dem Appendix „Köcse”: Eva Rusics 1760, Stephan Beksics 1764.
Hätte sich diese konfessionelle wie kulturell gemischte Dorfgesellschaft aus den verschiedensten Orten auch zusammengefunden, schließlich kam es doch dazu, dass am Ende der 1750er Jahre auch die ersten gemischten Ehen zustande kamen. Die gegenreformatorische Intoleranz in der Herrscherzeit von Maria Theresia hatte zur Folge gehabt, dass einige hauptsächlich von den ungarischen Reformierten zur katholischen Religion übergetreten sind. Nach dem Erlass des Toleranzedikts kamen auch die ersten Zeichen der konfessionellen Duldsamkeit zum Vorschein, und die Ereignisse nahmen nachher eine entgegengesetzte Richtung. Die Völker verschiedener Sprachen sind demzufolge unter den starken Einfluss der evangelischen Kirche geraten, dadurch erfolgten die Konversionen nunmehr zu Gunsten der lutherischen Konfession. Infolge der demographischen Explosion des Kötschinger Deutschtums in den letzten zwei Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts hatte die Kötschinger evangelische Kirche einen schweren Weg von der unterdrückten bis zur diktierenden Kirche zu gehen. Die Familien Molnár, Juhász, Gulás, Bertsik usw. sind in dieser Zeit evangelisch geworden, samt der Gruppe einiger deutscher Reformierten: Felde, Tefner, Ferber, Lohr u.a., wodurch anfängliche Intoleranzen schließlich fast zur Gänze abgeschafft werden konnten. Dabei ist jedoch noch zu bemerken, dass es zwischen den madjarischen und deutschen Jugendlichen („Burschen”) noch um 1890 zu nächtlichen Raufereien kam. Diese Zusammenstöße sind aber nicht mit den Streitigkeiten der globalen Gesellschaftsschichten auf den gleichen Nenner zu bringen.