Apropos Bartl 90

Im Gespräch mit Kunstkurator Johann Wolfart jun. anlässlich eines runden Geburtstags

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Von Richard Guth

„Bartl 90” war im vergangenen Jahr in der ungarndeutschen Öffentlichkeit in aller Munde. Es fanden anlässlich des 90. Geburtstages des 2013 verstorbenen Künstlers im vergangenen Jahr vier Ausstellungen über das vielseitige Lebenswerk des bedeutenden Schorokscharer Künstlers statt, eine davon als Gedenkausstellung des Verbands Ungarndeutscher Autoren und Künstler (VUdAK) im Deutschen Haus. Kurator der kulturellen Veranstaltung, die Ende Oktober zu Ende ging, um gleich Raum zu bieten für eine Folgeveranstaltung auf der Kulturmeile von Neuofen (Budapest 11), in der Béla-Bartók-Straße, war Johann Wolfart junior. Das Sonntagsblatt sprach mit ihm über Josef Bartl, die Aktivitäten des VUdAK und das väterliche Erbe des Johann Wolfart senior.

„Josef Bartl war ein ausgezeichneter Künstler. Ein ungarndeutscher Künstler und gleichzeitig ein zeitgenössischer ungarischer Künstler von Rang. Er war von 1972 an vierzig Jahre lang Mitglied der Künstlerkolonie in St. Andrä/Szentendre und hatte große Künstler wie Béla Kondor oder Károly Klimó als Mitschaffende. Aber auch die Entscheidungsträger, die über eine Aufnahme als Mitglied entschieden, waren nicht minder berühmt: Jenő Barcsay, János Kmetty oder Dezső Korniss. Hier entwickelte sich Bartl zum abstrakten Künstler, der volkskundliche Motive wie Herz und Puppe verwendete. Seine Werke sind originell und unmöglich mit Werken von anderen Künstlern zu verwechseln. Dennoch blieb er zeitlebens ein «Schorokscharer» mit vertriebenen Verwandten in Nürtingen, wie er es zu sagen pflegte”, erzählt Johann Wolfart jun.

Das Konzept der Ausstellungsreihe beschreibt Wolfart so: „Es wurden von Freunden und Bekannten Bartl-Werke zur Verfügung gestellt, so unter anderen von Eva Mayer, der langjährigen Redakteurin der Neuen Zeitung und Chefredakteurin der Zeitschrift „Barátság”, die 1976 im Ungarndeutschen Wochenblatt das erste Interview mit Josef Bartl führte, oder Weggefährten und Freunden wie dem Schorokscharer Trompeter Georg Geiger, der den Großteil der Exponate der Ausstellung zur Verfügung stellte, und Anton (Antal) Lux, der lange Jahre mit Bartl zusammenarbeitete und 1979 eine erste gemeinsame Ausstellung zusammen mit Adam Misch durchführte, was man gewissermaßen als Geburtsstunde des 1992 gegründeten VUdAK sehen kann. Die Werke wurden ohne Zögern zur Verfügung gestellt, aber was noch wichtiger ist, waren die Geschichten rund um Josef Bartl, über die nur Freunde und Weggefährten berichten können,” Weggefährten, die vielfach mit dem VUdAK verbunden sind.

Der in der Wendezeit gegründete VUdAK hat gegenwärtig etwa 50 Mitglieder – Dichter, Schriftsteller und bildende Künstler – nach Wolfarts Angaben je nach Herkunftsgeschichte und Sprachkennnisse um Deutschsprachigkeit bemüht, die jedes Jahr auf zahlreichen Ausstellungen vertreten sind, so wie neulich am Liszt-Institut in Stuttgart oder anlässlich des 30-jährigen Verbandsjubiläums in Stuhlweißenburg, wo die Veranstaltung auch um Lesungen bereichert wurde. „Es ist eine Ehre, mich an der Verbandsarbeit beteiligen zu dürfen”, so Wolfart, der beim VUdAK im Bereich Veranstaltungsmanagement und Presse aktiv ist. Der Verband sei um Zweisprachigkeit bestrebt, so dominierte bei der Eröffnung der Bartl-Austellung im HdU die deutsche Sprache und auch die Begleittexte und Pressematerialien sind nach Wolfarts Angaben zweisprachig . „Zudem haben wir ungarisch- und deutschsprachige Führungen durch die Ausstellung angeboten”, sagt Johann Wolfart, der bei einem Auktionshaus als Kunstschätzer arbeitet.

Sein eigener Weg zum VUdAK und zur Kunst insgesamt sei dem Zufall geschuldet gewesen: „2017 war ich wieder in Berlin und besuchte Antal Lux, der seit 1970 in Berlin lebt, in seinem Atelier. Auch zu dem 2022 verstorbenen János (Johann) Wagner entstand ein enger Kontakt, man kann sagen, Freundschaft. Durch diese Begegnungen entstand meine Sammelleidenschaft für ungarndeutsche Werke, allen voran für die von Adam Misch, Josef Bartl, Antal Lux, János Wagner und Robert König.” Bartls Werke begleiteten Johann Wolfart eigentlich seit Mitte der 90er Jahre, seit seiner Kindheit: „Ich bin mit Bartl-Werken aufgewachsen, die waren Teil unseres Zuhauses. Mein Vater hat Bartl-Werke sogar in diplomatischen Amtsstuben aufgehängt, so sah sie (Anm. Red.: diese Werke) Ende der 1990er sogar die spätere Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auch Grafiken von Robert König hingen in der Wohnung, was ein Umfeld schaffte, in dem die ungarndeutsche Identität bestimmend war”. Sein früh verstorbener Vater, Johann sen., der letztes Jahr seinen 70. Geburtstag gefeiert hätte, war auch derjenige, der als „Unser Bildschirm”-Redakteur 1979 anlässlich einer gemeinsamen Ausstellung mit Josef Bartl, Adam Misch und Anton (Antal) Lux ein Interview führte. So schließt sich der Kreis: Was der Vater begann, vollendet der Sohn.

Trotz diesen Kontinuitäten nimmt Johann jun. die Veränderungen innerhalb der deutschen Gemeinschaft sehr intensiv wahr: „Die bäuerlich geprägten Gemeinschaften lösen sich auf oder haben sich schon aufgelöst, an deren Stelle sind kleinere und größere Gemeinschaften wie der VUdAK oder die Selbstverwaltungen getreten, die oft im urbanen Milieu angesiedelt sind. Dies bietet letztendlich unterschiedliche Formen des Erlebens der deutschen Identität, sei es zu Hause im Beisein von Misch-Gemälden oder auf Veranstaltungen in Dorfgemeinschaftshäusern oder Festzelten.”

Bartl 90 2

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