(Heroische Gründungsjahre Kötschings, Teil 12)
Von Prof. Dr. Zoltán Tefner
Wie wir in dem letzten, 11. Teil unserer Artikelserie, angedeutet haben, ist das Klarsehen im Thema Familienforschung gar nicht so einfach und die Forschung befindet sich kontinuierlich in einem Überganszustand. Nicht nur bei den Donauschwaben erreicht man keinen festen Zustand im Verlauf der Forschungen, eine „endgültige Lösung”, abgeschlossene Tatsachen gibt es nirgends und nie. Wenn wir bei den Listen der Familien, den Hauptdarstellern dieser heroischen Gründungsjahre Kötschings weitere Studien führen, wird der Forscher von einem anderen nur schwer zu überwindbaren Umstand hart betroffen. Und das ist die Mutatibilität der Bevölkerungsliste in den donauschwäbischen Gemeinden. Die fortwährende Veränderlichkeit beeinflusst den Erfolg der Forschung. Die Familien ziehen weg, kommen neue, dann kommt dieselbe Familie wieder zurück, die das Dorf vor einigen Jahren verlassen hatte. Der Mann, dessen Frau während der Zeit verstorben ist, kommt mit einer anderen Frau samt ihren Kindern zurück. Eine ständige Lage kommt nie vor. Wie es Heinrich Schmidt, der Chronikschreiber der Tolnau-Schomodeier Deutschen, behauptete, hat diese ersten Jahre in diesen nördlichen evangelischen Gemeinden ein ständiges Hin- und Hergehen charakterisiert. Wir sind dessen überhaupt nicht ganz sicher, dass wir für die nächsten Generationen der Familienforscher einen festen Anhaltspunkt anbieten können, aber wir stellen in dieser Artikelserie eine wenn auch zweifelhafte Probe an.
Die Familie Firnperger ist ein Musterbeispiel dazu. Der Name ist nicht unbekannt um 1740, dann sehen wir sie nicht im Ort, vielleicht eine andere Firnberger-Familie taucht in drei Jahrzehnten wieder auf, sie verweilte nur eine kurze Zeit in Kötsching; sie traten am 4. November 1772 durch eine Eheschließung in eine engere Verbindung mit der Familie Storck/Stark. Die kirchliche Konskription 1784/93 erwähnt sie nicht mehr, sie dürften mittlerweile abgewandert sein. Sie, also die 1772er, stammten aus Gelnhausen. Laut der Aufzeichnungen in Deutschland wanderten einige aus der Familie am 10. April 1766 nach Russland aus. Wir haben den Verdacht, dass sie nicht bis zum Schwarzen Meer gelangten. Gleichzeitig erscheint nämlich in Kötsching ein gewisser Jacob Kayser, dessen Frau nach den Darmstädter Evidenzführungen Elisabeth Firnberger hieß.
1724 wurde in Warschad der Name Ludvik Franz – mit der Ergänzung, dass er in Warschad im Juni 1722 angekommen ist – eingeschrieben. Der Name Franz ist bei Laky, in der in unserer früheren Teilen mehrmals erwähnten Konskription von 1814, nicht erwähnt, ebensowenig in den Registraturen von 1750. Die erste Eintragung des Namens in Karád erfolgte am 19. November 1766, als Johannes Auman Elisabeth Francz heiratete. Die erste Erwähnung des männlichen Zweiges fällt auf den 27. August 1775, als Adam Francz und Margarethe Rudolf ihre Hochzeit in Kötsching hielten. 1771 treffen wir Adam Francz schon in der Konskription des Komitats Schomodei. Er soll der Sohn von Ludvik Franz, des Warschader Kolonisten, gewesen sein. Ludvik stand in verwandtschaftlicher Beziehung mit der Familie Franz in Groß-Säckel. (Conrad Franz, das Familienoberhaupt, ist mittlerweile nach Simonsthurm/Simontornya umgezogen.) Sie bildeten um 1793 vier Zweige in Kötsching: Adam, Heinrich, Wilhelm und Simon. Auch bis heute ist die Familie nicht ausgestorben, unter dem Namen Ferencz leben sie immer noch da.
Den Namen Adam Frang (Frank?) notiert László Szita in seinem über die Schomodeier Nationaitäten veröffentlichten Band in seiner Berufung auf die Konskription 1794. Weder in den Listen der Komitatsdokumente noch bei Laky finden wir ihn. Man rechnet hier mit einer Fehlschreibung des Namens Franz, der mit der Person von Adam Francz identisch ist. Eines ist sicher: Die evangelische Familie Frank taucht um 1820 in Kötsching auf und ihr letztes weibliches Mitglied verstarb um 1960.
Wir finden drei Familien Friedrich in der Aufzählung Lakys. Gesichert ist allerdings nur eine Pionierfamilie. Es ist die von Johannes Friedrich, der im Steuerausweis des Komitats 1754 aufgenommen wurde. Konrad war sein Sohn, und Laky hat auch diesen Namen jenen der Familienväter beigelegt. Johann Friedrich starb am 28. Juni 1778 mit 59 Jahren in Kötsching. Sie sind unmittelbar aus Hessen-Darmstadt und aus Rodgau eingewandert. Es geht hier nämlich um den ältesten Sohn Johann Peter Friedrichs, dessen Frau Anna Ließ geheißen hat. Die späteren Beziehungen der Familien Ließ/Lisz und Friedrich in Kötsching beweisen diese Behauptung.
Viele Familiengruppen machen allerdings keine Probleme in der Forschung. Ein relativ klares Blatt bieten uns die Familien Gaspari, Gebel, Grosch, und Gutman. Gaspari: Eine schon im vorigen Jahrhundert in anderen Familien aufgegangene Familie. Friedrich Gaspari starb mit 58 in Kötsching. Bei Laky kennen wir sie als Dorfbegründer. Sie stammen aus Oberhessen. Die Familie Gebel dürfte unter der Führung ihres Urvaters Heinrich unmittelbar aus Hessen gekommen sein. Ihre Verbindungen hier in Ungarn lassen sich problemlos abbilden, ihre deutschen Verhältnisse umso mehr. Der Herkunftsort der Familie ist nicht geklärt, aber er kann auf die Umgebung von Rainrod eingegrenzt werden. Die Frau Georg Gebels, Marianna, starb am 11. April 1773 im Alter von 60 Jahren in Kötsching. Am 23. Juli 1747 erfolgt die erste Erwähnung der Familie Grosch/Garas im Karáder Kirchenregister. Johannes Grosch, der Mann von Elisabeth Gaspari, wird hier als Taufpate bezeichnet. Der Name ist in Hessen sehr verbreitet. Vermutlich sind sie aus dem Alsfelder Kreis. Bei Szita werden zwei Linien der Familie Gutman angeführt. Eine ist die Warschader, die andere die Groß-Säckler. Der Ursprung der Kötschinger Gutmans liegt in Warschad, sie wanderten aus Holpersheim ein. Der Kötschinger Gutman-Zweig war nie calvinistisch-reformierter Konfession, hingegen der in Groß-Säckel immer reformiert war. Bei Laky findet sich die Bezeichnung „Gutman öreg” (Gutman der Alte): Es ist der um I690 geborene Warschader Johann Gaspar Gutman. Am 20. Mai 1760 stirbt er in Kötsching.
Es gibt im Orte jedenfalls „problematische” Familien. Michael Harmónia, (Hermann?), der erste Lizentiat-Schulmeister Kötschings, bildet in einer Person ein tragisches Kapitel in der Kötschinger Kirchengeschichte. Harmonia gehörte nicht der ersten Kolonistengruppe an. Die Tragödie seines Lebens wird als interessantestes Kapitel in der konfessionellen Geschichte des Dorfes dargestellt, da er seine Konfessionsgesellen sozusagen „verraten”. Er wurde – ein typischer Fall der Maria Theresianischen aggressiven Gegenreformation– zum Übertritt in die katholische Konfession mit Gewalt gezwungen. Seine Herkunft ist unbekannt, einige Überlieferungen bezweifeln sogar seine deutsche Abstammung. Er stirbt als Katholik in Karád, wohin die Husaren ihn verschleppt hatten. Sein Sterbedatum ist der 27. März 1760. Vor seinem Tode wurde ihm die letzte Ölung erteilt. Nicht viel einfacher wird das historische Schicksal von Hieronymus Haas angesehen. Die Familie Haas erhält bei Laky wieder eine Vergrößerung; nur Hieronymus Haas kann als um 1730 Eingewanderter angenommen werden, Johann nicht. Ihren ersten ungarischen Wohnsitz hatten sie in Maisch bei Bonnhard. Hieronymus Haas diente nach der Verschleppung Michael Harmonias 1745 als illegaler Schulmeister bis in die ruhigeren josephinischen Zeiten.
Eine andere Klasse bilden Familien, indem sie sich in den ersten Zeiten wie der sich belaubende Baum zu sehr vergrößern, nach einigen Jahrzehnten verschrumpfen sie sich, zum Schluss verschwinden sie. Die Familie Hartmann verließ um 1740 Warschad und kam nach einiger Zeit des Herumwanderns schließlich nach Kötsching. Das andere Beispiel, Johannes Hartmann, treffen wir allerorts in den Registern; er war der Sohn eines Tischlermeisters in Warschad. 1749 schloß er eine Ehe in Kötsching. Ihre ursprüngliche Heimat soll Süd-Hessen gewesen sein, und zwar aus dem Raum des Groß-Bieberauer Kirchspiels. Die Kötschinger Helfenbein-Familie ist die zweite Generation der Warschader Helfenbeins. Johannes Helfenbein geht 1726 nach Gallas, 1728 ist er hier Schulmeister, später bekleidet er dasselbe Amt in Mekenitsch. Um 180 waren sie noch zahlreich, der Kötschinger Zweig verschwand im vorigen Jahrhundert. So wie viele, die nach einem kurzen Aufenthalt weggegangen sind, ohne Spuren zu hinterlassen. Ihr Fleiß hätte aber etliche Steine in die Mauern der Gemeinde Kötsching trotzdem einbauen lassen. (Fortsetzung folgt)