Geldentführer (2)

Von Richard Guth

Ein Bericht der regierungskritischen Zeitschrift „Magyar Narancs” über Ungereimtheiten bei der Vergabe von Fördergeldern, die für das religiöse Leben der Nationalitäten bestimmt sind – den Beitrag können Sie in deutscher Übersetzung hier lesen: https://sonntagsblatt.hu/2021/04/16/geldentfuehrer/ – löste viel Wirbel aus: Staatssekretär Miklós Soltész meldete sich am 3. April 2021 in der regierungsnahen Tageszeitung „Magyar Nemzet” zu Wort (Soltész Miklós: Folytatódnak a templomfelújítások Kárpát-medence-szerte, Imre Csekő) und wies die Anschuldigungen von „Magyar Narancs” zurück. Der KDNP-Politiker betonte, dass das Volumen der Förderung der Nationalitäten in den letzten zehn Jahren um 600 Prozent gestiegen sei, was notwendig gewesen wäre, denn es gäbe viele Schulen, Kirchen, die zu Zeiten der linksliberalen Regierungen kaum Unterstützung erhalten hätten. Die Regierung unterstütze auch die Rumänen in Ungarn, so auch die Entfaltung ihres religiösen Lebens. Der Staat hält aber nach Worten von Soltész die ethnische und religiöse Zugehörigkeit der Menschen nicht fest und ergänzte, dass der Anteil der Mischehen stetig steige, was Auswirkungen auf die konfessionellen Verhältnisse hätte: So wären die Katholiken zwar mehrheitlich katholisch, aber auch Protestanten fänden sich unter ihnen. Dies gelte auch für die mehrheitlich orthodoxen Rumänen. So würde man einen kleinen Teil der Förderung für die Erneuerung von Kirchen anderer Religionsgemeinschaften bereithalten. In diesem Zusammenhang bezeichnete der Staatssekretär die ungarische Nationalitätenpolitik „außerordentlich spendabel”, was auch Politiker in Westeuropa beeindrucke.

Bezüglich der Kritik von „Magyar Narancs” sagte Soltész, dass es sowas wie „rumänisches Geld” nicht gebe. Die Rumänen in Ungarn hätten seit 2010 acht Milliarden Forint (21 Millionen Euro) an Unterstützung erhalten, darunter die Rumänisch-Orthodoxe Kirche in Ungarn mehrere hundert Millionen. Die Zuwendungen an Geistliche hätte die Regierung dieses Jahr verdoppelt und auch mehrere Bauprojekte liefen, von den orthodoxe Kirchen betroffen wären. Soltész betonte, dass Empfängerinnen der Förderung zwecks der Erneuerung katholischer und reformierter Kirchen die örtlichen Nationalitätenselbstverwaltungen waren – in diesen Gemeinden wären nach Worten des Politikers das Zusammenleben und die gegenseitige Hilfe etwas völlig Natürliches, „schade, dass linke Politiker und deren Medien dies nicht verstehen können”.

Die Zeitschrift „Magyar Narancs” bohrte indessen weiter und präsentierte ihre Rechercheergebnisse am 24. April 2021 im Beitrag „Mire kaptak nemzetiségi támogatást katolikus templomok és a pálházi önkéntes tűzoltók?” Darin stellt der Autor Tamás Bod weitere Beispiele aus dem Bereich Nationalitätenförderung vor, so die Renovierung je einer katholischen Kirche in Segedin und Debrezin und die Förderung der Freiwilligen Feuerwehr Pálháza. Bod berichtet im Artikel von einer Pressekonferenz von Staatssekretär Soltész am 12. April 2021 in Micherechi/Méhkerék, wo er über die Vervierfachung der Fördersumme für die Erneuerung der orthodoxen Kirche in Aussicht stellte. Der Journalist merkt ironisch an, das Timing wäre höchst interessant.

Bezüglich der Erneuerung der beiden katholischen Kirchen und der Feuerwehr von Pálháza wandte sich Autor Tamás Bod an die Empfänger der Förderung. Bod schreibt davon, dass sich lediglich der Pfarrer der Katholischen Rochusgemeinde Segedin, Päpstlicher Prälat László Kretovics, geantwortet hätte. Dieser bestätigte die Förderung in Höhe von 50 Millionen Forint (150.000 Euro) und sprach von engen Verbindungen der Kirchengemeinde zu Polen. Es bleibe aber unklar, inwiefern die Kirchenerneuerung den Belangen der polnischen Nationalität dienen würde. In Segedin mit 180.000 Einwohnern leben laut Volkszählung 142 Menschen polnischer Nationalität oder Abstammung bzw. Bindungen.

Aus Debrezin (Dominikanergemeinde St. Ladislaus) bekam der Autor keine Antwort, hier förderte der Fondsverwalter „Gábor Bethlen” die Erneuerung der katholischen Kirche mit 14 Millionen Forint (39.000 Euro). Genauso wenig erfuhr „Magyar Narancs”, warum die Freiwillige Feuerwehr eine Million Forint (2800 Euro) für nationalitätenbezogene Investitionen erhielt. In Pálháza haben sich bei der letzten Volkszählung 5,7 % der Bewohner zur slowakischen, 3 % zur rusinischen Nationalität bekannt. Beide Nationalitäten haben in der Gemeinde eine eigene Selbstverwaltung.

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