Von Richard Guth
Vor einer Woche haben wir über den Beschluss der Regierung bezüglich der Streichung zweier Förderprogramme für Nationalitäten in diesem Kalenderjahr in Höhe von einer Milliarde Forint berichtet (https://sonntagsblatt.hu/2020/05/15/2595/). Die Entscheidung der Regierung betrifft neben geplanten Nationalitätenlagern und Sommerferienangeboten auch andere kulturelle Veranstaltungen sowie die Herausgabe von Publikationen. Begründet wird die Entscheidung mit der Corona-Pandemie und dem Vorhaben, mit Hilfe einer neuen Ausschreibung des Bethlen-Fondsverwalters, die die Instandsetzung und den Ausbau von Immobilien zum Ziel hat, die Wirtschaft zu beleben.
Auch „Treffpunkt am Vormittag”, die deutsche Sendung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt MTVA, beschäftigte sich heute Vormittag mit der umstrittenen Maßnahme. Angelika Pfiszterer von der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen lieferte im Gespräch auch keine Erklärung für die Entscheidung, sprach aber von mehreren hundert Organisationen, Vereinen und Selbstverwaltungen, die betroffen seien. Sie sprach im Gespräch von 700 Millionen Forint für kulturelle Aktivitäten und 400 Millionen für Sommercamps). Selbst solche Projekte erhielten keine Förderung, die bereits im Spätwinter diesen Jahres realisiert worden wären, so würden die Veranstalter womöglich auf den Kosten sitzen bleiben, so die LdU-Referentin. Durch die Entscheidung wurden nach Angaben von Pfiszterer Sommercamps gestrichen, aber auch Dorftage, Festivals und Publikationen wären davon betroffen. Es bleibe fraglich, ob eine erneute Bewerbung um Fördergelder als sinnvoll erscheint, denn nun könnten nur solche Selbstverwaltungen und Vereine einen Antrag stellen, die bereits über Immobilien verfügen, die sie erneuern oder ausbauen wollten, was den Kreis der Begünstigten eingrenze, zumal solche Bewerbungen viel Aufwand bedeuteten.
Als brisant erscheint die Entscheidung der Regierung vor einer Woche deshalb, weil diese ab dem 16. Juni die Durchführung von Sommercamps unter Einhaltung von besonderen Hygienevorschriften wieder zu erlauben beabsichtigt. Eine entsprechende Verordnung soll am nächsten Montag in Kraft treten. Aber auch die Streichung der Förderung für die Herausgabe von Publikationen und die Einrichtung von eigenen Internetseiten wirft Fragen auf. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer Entscheidung der Regierung von gestern (Regierungsbeschluss 1247/2020), wonach für die Unterstützung von Aktivitäten (Programmen) der Auslandsmadjaren 1,026 Milliarden Forint (2,93 Millionen Euro) zur Verfügung gestellt werden. Auch wenn man die Legitimität der Förderung auslandsmadjarischer Gemeinschaften in keinster Weise in Frage stellen soll, erscheint vor der Entwicklung der Coronapandemie in einigen Nachbarländern als fragwürdig, wieso Aktivitäten dort eher entfaltet beziehungsweise gemeinschaftliche Programme eher realisiert werden sollten als im Kreise der Nationalitäten in Ungarn.