Therese Etsberger aus Paaja über ein besonderes Projekt namens „Schwäbisches Tanzhaus“
Von Richard Guth
„Als Kind sind wir auf Hochzeiten gegangen, wir konnten rumhüpfen und haben uns an die Musik gewöhnt – man könnte sagen: uns „eingelebt”. Die heutigen Kinder haben diese Möglichkeiten nicht, es gibt keine traditionellen Hochzeiten mehr in den Dörfern, und so auch nicht die Möglichkeit diese Musik zu hören und diese ersten Tanzschritte wie natürlich zu erlernen”, erzählt Theresa Etsberger. Sie ist Co-Initiatorin eines besonderen Projekts – wie schon häufig erfuhr ich dank Facebook über dieses Angebot in Paaja/Baja, das mit einem deutschsprachigen Plakat beworben wurde.
„Ich war einmal in einem ungarischen Tanzhaus, ich fand es nicht gut, dass mein Enkel diese Möglichkeit nicht hat und deswegen entschied ich mich dafür, ein solches Angebot zu unterbreiten”, erzählt die 62-jährige gebürtige Nadwarerin im Gespräch mit dieser Zeitung. „Ich habe mich vor einigen Monaten mit einer Kinderhelferin vom Kindergarten und meiner Tochter zusammengetan und erst jetzt (Anfang September) damit begonnen, diese Idee umzusetzen”, so Etsberger. Nach ihrem Eindruck freuten sich alle darüber, und zu der Freude gesellte sich Hilfsbereitschaft: „Die Leute machten Plakate und teilten sie gleich im Internet.” Die Plakate wurden nach Angaben der Initiatorin von der Eötvös-Hochschule gedruckt, die Bildungseinrichtung würde darüber hinaus auch die Tanzlehrerin bezahlen, die Stadt sorgte für die kostenlose Nutzung des Raumes und gleich zwei Firmen hätten sich angeboten, für weitere Ausgaben aufzukommen, nicht zu vergessen ist natürlich die Unterstützung des Batschkaer Schwabenvereins, dem sie seit Jahren angehört. „Alle wollten teilhaben”, so der Eindruck von Therese Etsberger.
Zum ersten schwäbischen Tanzhaus kamen dann insgesamt 30 Personen, allesamt Ungarndeutsche oder Menschen ungarndeutscher Herkunft – unter ihnen 12 Kinder, aber auch Kindergärtnerinnen, Eltern und Großeltern. Man hofft, dass sich im Weiteren auch Kinder aus Waschkut und Érsekcsanád anschließen. Ein Teil der Kinder, so auch die Enkelin von Therese Etsberger, besuchen den Kindergarten des Ungarndeutschen Bildungszentrums. Im Tanzhaus bemüht man sich darum, mit den Kindern schwäbisch zu sprechen – ein schwieriges Unterfangen, denn die Kinder sprechen auch hier kaum die Sprache ihrer Ahnen.
Das ist eine Erfahrung, die sie in ihrer Kindheit so nicht erlebt hat: „In meiner Kindheit war Nadwar so gut wie schwäbisch, heute leben viele im Ausland, die Kinder können kein Schwäbisch mehr, in der Schule wird ja auch Hochdeutsch gelernt. Zudem sind viele Nichtdeutschsprachige nach Nadwar gezogen.” Sie selbst heiratete auch einen Madjaren, was auch ihren Sprachgebrauch und ihre Beziehung zur eigenen Volksgruppe beeinflusst hat: „Ich bin so gut wie mit den Großeltern großgeworden, die schwäbisch sprachen. Nach meiner Heirat habe ich zwanzig Jahre lang kein Schwäbisch gesprochen. Dann bin ich wieder zu den eigenen Wurzeln, zu meiner Identität zurückgefunden”, so Etsberger. Die Zukunft sieht sie eher kritisch: „Die Sprache wird einmal aussterben. Trotzdem versuche ich schwäbisch zu sprechen, wenn die Möglichkeit besteht – das tue ich auch auf dem Markt, wo ich meine Produkte verkaufe.” Theresa Etsberger betreibt seit 15 Jahren ökologischen Landbau am Rand der Stadt an der Šugovica: Auf 10,5 Hektar werden Biogemüse, Gewürze, Heilkräuter angebaut. Frau Etsberger kommt nach eigenen Angaben ganz ohne Strom und Wasser aus – diese werden von einer Solaranlage und dem Grundwasser geliefert. Das Ganze sei mit viel Arbeit verbunden und sichere ein bescheidenes Auskommen: „Ich kann aus dem Geld nicht auf Hawaii fahren, aber für mich reicht es.”
Auch bezüglich des Tanzhauses rechnet die 62-Jährige noch mit viel Arbeit: Ihre Hoffnung ruht da auf dem Einsatz ihrer 34-jährigen Tochter, die das Projekt langfristig am Leben erhalten soll. Aber auch auf eine aktive Gemeinschaft Batschkaer Schwaben kann sie zurückgreifen, die sich ebenfalls bemüht, die Mundart und die deutsche Sprache in dieser von sieben Nationalitäten bewohnten Stadt am Leben zu erhalten.