Im April wählt Ungarn ein neues Parlament, und das kann Veränderungen für die Nationalitäten des Landes bedeuten. Einerseits gibt’s eine große Chance, dass durch die deutsche Liste ein vollberechtigtes Mitglied des Parlaments gewählt wird, das die Interessen der Ungarndeutschen und anderer Minderheiten in der Ungarischen Nationalversammlung vertreten kann. Anderseits kandidieren sich viele Parteien, die verschiedenen Meinungen über die Lage der ungarländischen Nationalitäten haben. Aus diesem Grund hat die Redaktion des Sonntagsblattes so entschieden, dass wir 4 Fragen an diejenigen ungarischen Parteien schicken, die möglicherweise Abgeordnete ins Parlament schicken werden. Alle Parteien haben die Fragen ausführlich beantwortet. Wir werden die Antworten bis zur Wahl in einer ausgelosten Reihe auf unserer Webseite veröffentlichen. Die Liste sieht folgend aus:
LMP
MSZP
DK
Momentum
Jobbik
Die erste Partei ist also die Partei Fidesz-KDNP:
Erste Frage: Gegenwärtige Lage der Minderheiten
Die Nationalitätenpolitik ist auch auf europäischer Ebene mustergültig. In der Zeit nach 2010 veränderte sich das Leben der Nationalitäten auch qualitativ, dadurch, dass sich die ungarische Verfassung von 2011 dazu bekennt, dass die Nationalitäten staatstragend sind. Ungarn unterstützt konsequent die Bewahrung der Identität und Sprache der hiesigen alteingesessenen Nationalitäten sowie die Weiterentwicklung derer Institutionen. Die ungarländischen Nationalitäten – darunter in besonderer Weise die deutsche Nationalität, die über das breiteste und am besten aufgestellte Netz von Institutionen verfügt – nutzen auch die juristischen Möglichkeiten. Grundlegendes Ziel der Nationalitätenpolitik der Regierung ist die Stärkung der kulturellen Autonomie der Nationalitäten, was durch die Erhöhung der Fördersummen für die Nationalitäten gesichert wird. Seit 2010 konnte das Fördervolumen deutlich erhöht werden: 2018 werden fast 10,4 Milliarden Forint direkt unter den 13 alteingesessenen Nationalitäten verteilt. Dies betrug 2010 lediglich 3,6 Milliarden Forint, d. h. die Unterstützung der Nationalitäten stieg beinahe um das Dreifache.
Die Zahl der Bildungseinrichtungen in der Trägerschaft von Nationalitätenselbstverwaltungen stieg seit 2010 beinahe um das Siebenfache, von 12 auf 82, auch die Zahl der Schüler stieg von knapp 3000 im Jahre 2010 auf 15000 im Jahre 2018. Neben Staat, Kirchen und zivilen Organisationen dürfen auch Nationalitätenselbstverwaltungen auf lokaler und Landesebene Schulträger werden. Die Träger haben ein direktes Mitspracherecht, diese Schulen sind darüber hinaus in der Regel zweisprachige Einrichtungen, in den die Schüler die örtliche Nationalitätenkultur kennen lernen. Diese haben insgesamt eine enorme Bedeutung und Rolle bei der Bewahrung der Nationalitätensprache und -identität.
Zweite Frage: Verbesserungsvorschläge
Die Partei hat Punkt 1 und 2 zusammen beantwortet.
Dritte Frage: Parlamentarische Vertretung
Die ausgesprochen positiv gestimmte und fördernde Minderheitenpolitik Ungarns zeigt sich auch darin, dass seit den Parlamentswahlen von 2014 bereits Fürsprecher der 13 anerkannten Nationalitäten an der Arbeit des Parlaments teilnehmen. Die Fürsprecher bilden im Parlament den Ausschuss der Ungarländischen Nationalitäten. Am Ende der ersten Amtsperiode kann man feststellen, dass das System der Fürsprecher die Erwartungen erfüllt hat: Die Fürsprecher beteiligen sich aktiv an der Arbeit des Landtags bzw. trugen sie durch ihre Tätigkeit im besonderen Maße der Stärkung der bilateralen diplomatischen Beziehungen mit den Mutterländern bei.
Die Regeln zu den Parlamentswahlen 2018 sind unverändert geblieben, weiterhin entscheidet die Vollversammlung der jeweiligen Landesselbstverwaltung über die Kandidatenliste und die Reihenfolge. Und es ist immer jeweils die Entscheidung der Nationalitäten, wer sich auf eine eigenständige parlamentarische Vertretung vorbereitet. Anhand der Zahl ihrer Angehörigen haben mehrere Nationalitäten eine Möglichkeit dafür. Ob sie letztendlich einen eigenen Abgeordneten ins Parlament entsenden können, hängt von der Wahlbeteiligung der jeweiligen Nationalität ab.
Vierte Frage: Zweisprachigkeit im Alltag
Hier nahmen wir Bezug auf eine Initiative der slowakeimadjarischen Bewegung „Für eine zweisprachige Südslowakei” (Kétnyelvű Dél-Szlovákiáért), der es gelungen war, Fortschritte auf dem Gebiet der Zweisprachigkeit im Bahnbetrieb zu erzwingen.
Die Zweisprachigkeit ist Alltag für die Nationalitäten. Es gibt entsprechende Rechtsvorschriften und diese Rechte werden von ihnen genutzt. Das beweisen die zahlreichen zwei- und in manchen Fällen um die Bezeichnung im Dialekt erweiterte dreisprachigen Schilder, Aufschriften, Texte, die die Region, Kulturregion, Ortschaft, Plätze und Straßen bzw. Schul-, Kultur- und Magistratsgebäude kennzeichnen.
Die Zwei- oder Mehrsprachigkeit im Bahnbetrieb ist prinzipiell möglich, es gibt entsprechende Rechtsvorschriften. Die konkrete Umsetzung obliegt den Ungarischen Staatsbahnen, in dieser Sache sollte man sich an die Bahngesellschaft wenden.
Foto: MTI (Parteikongress der Fidesz)