Am 02.September erfüllte sich der donauschwäbische Autor und Ulmer Einwohner Josef Trabert einen Wunsch: sein Buch „Die zweite Heimat“ in seinem geliebten ungarischen Heimatdorf Véménd vorzustellen. Die herzliche Lesung, die ihm Rahmen des anlässlich des 70. Jahrestages der Aussiedlung organisierten „Wemender Treffens“ stattfand, könnte glatt Teil der etwas anderen Vertriebenengeschichte sein.
Denn auch in seinem 2016 erschienen Werk beweist Trabert, dass er eine vom Thema her traurige Geschichte mit einer kräftigen Prise Herzlichkeit und gar Humor erzählen kann. Etwa, als er 1947 verarmt auf der Reise aus Ungarn im sächsischen Frauenstein angekommen von Verwandten aus den USA eine Jacke gespendet erhält: der kleine Josef freut sich sehr über diese – bis er von einem Mädchen darauf hingewiesen wird, dass es sich um einen Frauenmantel handelt, was ihm sehr unangenehm ist. „Und ich hatte mich nur gewundert, warum die Knöpfe so komisch angeordnet waren“, schreibt er im Buch hierzu kurz. Es sind solche persönlichen Anekdoten und Geschichten Traberts, dessen „zweite Heimat“ seit 1960 Ulm ist, die beim Vorstellen der damaligen Ereignisse helfen; sein Humor und seine Herzlichkeit helfen wiederum beim Verarbeiten.
Doch beweist Trabert auch live bei der Buchpräsentation im randvollen Gemeindehaus in Véménd sein Erzähltalent und gutes Gedächtnis, etwa als er ausführlich von den Erlebnissen seines Vaters im Zweiten Weltkrieg berichtet. „Ich könnte den ganzen Tag erzählen“, meint er schmunzelnd, worauf viele im Publikum zustimmend lachen. Ferner erklärt der Autor, dass der Koffer vom Buchcover sein über 70 Jahre alter Reisekoffer voller alter Erinnerungen sei.
Den Koffer, in dem sich u.a. ein ungarischsprachiger Katechismus befindet, hat er auch heute mit dabei. Das Vorführen alter Videoaufnahmen von einem Ungarn-Besuch im Jahre 1967 rundet das gemeinsame Schwelgen in alten Erinnerungen ab, denn manche aus dem Publikum entdecken mit Trabert zusammen alte Bekannte oder Verwandte im Bild. Das Erinnerungen austauschen setzt sich auch bei der abschließenden Dedikation und Begegnung mit dem Autor fort.
Auch nach rund 70 Jahren im deutschen „Exil“ ist für Trabert jede Reise nach Véménd eine Heimkunft. Man kennt und schätzt sich, er hat hier immer noch Verwandtschaft und alte Freunde, sogar unter den Ungarn, die ihn 1947 von dort aussiedelten; vorher zog eine ungarische Familie sogar direkt zu ihm mit ins Haus, und beanspruchte dies immer mehr für sich. Die Nachfahrin dieser Familie ist die heutige Bürgermeisterin von Véménd, Erzsébet Barta, die immer noch dort wohnt. Auch sie kam zur Buchvorstellung. Trabert hielt über die ganzen Jahre den freundschaftlichen Kontakt zu den Bartas bei, am Tag vor der Lesung übergibt er sogar ein Modell des „Ulmer Schachtel“ genannten Bootstyps. Direkt nach der Buchvorstellung geht es zum Friedhof, tote Verwandte besuchen, sagt er, danach zeigt er seiner Familie sein Geburtshaus. Die Bartas erwarten sie bereits.
GS
Josef Trabert: „Die zweite Heimat. Eine Familienchronik aus Südungarn.“
danube books, Ulm, 2016.
Foto: Der herzliche Erzähler: Josef Trabert mit seiner Enkelin Jil (links) und seiner Tochter Sabine Geller (rechts). (Foto: GS)