Seit Oktober 2024 treffen sich in Schaumar alle zwei Wochen Eigenerzeuger und Kunden
Bauermärkte gibt es seit jeher, ihre Rolle war Jahrhunderte lang essentiell. Einen neuen Schwung erfuhren sie in Ost- und Mitteleuropa in der Wendezeit und insbesondere danach durch den (wiederentdeckten) Gedanken der Nachhaltigkeit und des biologischen Anbaus und wurden zu einer gesellschaftlichen Bewegung mit kommerziellem Hintergrund. Sie werden in Ungarn vielerorts in regelmäßigen Abständen abgehalten, so auch in den ungarndeutschen Dörfern rund um Budapest. Dabei entschieden sich einige der Organisatoren, den (ehemals) deutschen Charakter der Gemeinden auch in der Namenswahl zum Ausdruck zu bringen. So heißt der Wochenmarkt in Werischwar/Pilisvörösvár Platz, im benachbarten Schaumar/Solymár Schaumarkt. Über die kreative Namenswahl „Schaumarkt“ und die Erfahrungen der ersten Monate sprach das Sonntagsblatt mit Marktmanagerin Zsófia Vitrai.
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SB: „Schaumarkt“ bezieht sich auf den deutschen Namen der Siedlung: Wer hatte die Idee, diesen Namen zu wählen und welche Absicht steckte dahinter?
ZSV: Die Idee für den Namen stammt von dem lokalen Grafikdesigner Mátyás Sólyom, der auch das Logo entworfen hat. „Schaumarkt“ leitet sich vom schwäbischen Ortsnamen ab: Solymár wird von den Schwaben „Schaumar“ genannt. Von dort war es nur noch ein Schritt, ihn mit dem Wort „Markt“ zu verbinden. Die Namenswahl ist eine Art Hommage an die schwäbischen Wurzeln der Siedlung und spiegelt gleichzeitig den gemeinschaftlichen, marktspezifischen Charakter der Veranstaltung wider.
SB: Der Schaumarkt findet als Bauernmarkt statt – wer steht hinter der Veranstaltung und welche Rolle spielt dabei der Magistrat?
ZSV: Der Markt wurde von der Ersten Gemeinderätin Kata Varjas-Zakar ins Leben gerufen, da es in Schaumar seit über zehn Jahren keinen Bauernmarkt mehr gegeben hat. Die Initiative füllte diese Lücke vollständig. Anfang 2024 übernahm ich die Organisation und Kommunikation und führe das Projekt nun in ziviler Funktion fort. Die Gemeinde unterstützte die Eröffnung von Anfang an und half bei der Standortsicherung und dem Aufbau der Organisation.
SB: Tauchen wir ein wenig in die Welt der Zahlen ein: Wieviele Produzenten bieten ihre Erzeugnisse im Schnitt an, zu welchen Konditionen tun sie das und wie hoch ist der Umsatz?
ZSV: Der Markt ist noch sehr jung, daher ist es noch zu früh, genaue Angaben machen zu können. Normalerweise sind zwischen 10 und 30 Eigenerzeuger vertreten, es gab aber auch schon Fälle, in denen mehr als 30 vor Ort waren. Die Teilnahmebedingungen sind flexibel, grundsätzlich ist eine vorherige Anmeldung erforderlich – die Eigenerzeuger kommen mit eigenem Stand oder Zelt. Der Besucherstrom hängt stark vom Wetter und der Programmgestaltung ab. Es gibt besonders starke Tage, aber auch Zeiten mit weniger Besuchern. Erfahrungsgemäß erhöht ein zusätzliches Programm den Besucherstrom deutlich.
SB: Sie haben erwähnt, dass es den Markt erst seit kurzem gibt: Was bedeutet das genau und welche Erfahrungen haben Sie bislang gesammelt?
ZSV: Der Markt startete im Oktober 2024. Ehrlich gesagt lernen sowohl die Organisatoren als auch die Erzeuger noch, wie sie ihn langfristig nachhaltig betreiben können. Die Zahl der Kunden und Erzeuger schwankt noch, aber es gibt bereits Stammkunden, die sich auf die zweiwöchentlichen Veranstaltungen freuen. Gleichzeitig gibt es aber auch solche Bürgerinnen und Bürger, die erst jetzt vom Markt erfahren, sodass es noch viel Raum für Wachstum gibt. Bisher haben wir zusätzliche Veranstaltungen ausprobiert und versuchen nun, den Markt durch den neuen Standort auf dem Schulhof der Grundschule noch attraktiver zu gestalten.
SB: Sie haben von Nachhaltigkeit gesprochen – welchen Stellenwert genießt der Biogedanke?
ZSV: Der Markt basiert im Wesentlichen auf Produkten lokaler Erzeuger. Viele von ihnen bieten Produkte aus eigenem Anbau an: Gemüse, Obst, Backwaren, Marmelade, Sirup, Käse und Fleischprodukte. Derzeit verfügen nur ein oder zwei Händler über ein Bio-Zertifikat, da die Erlangung in Ungarn ein komplizierter und teurer Prozess ist. Trotzdem umfasst das Angebot viele Produkte, die chemiefrei und natürlich hergestellt werden. Der Kauf direkt beim Erzeuger garantiert per se Frische und Zuverlässigkeit.
SB: Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
ZSV: Das wichtigste Ziel ist der Aufbau eines stabilen Kundenstamms, auf den die Eigenerzeuger bauen beziehungsweise vertrauen können. Wir möchten, dass der Schaumarkt nicht nur ein Markt, sondern auch ein gemeinschaftlicher Treffpunkt ist, wo Programme und Veranstaltungen mit dem Einkaufen verbunden werden. Im August machen wir eine Sommerpause, starten aber ab September mit neuem Elan. Wir hoffen, dass der neue Standort auch dazu beiträgt, dass mehr Einwohner von Schaumar diese Gemeinschaftsinitiative entdecken und sich dafür begeistern.
SB: Frau Vitrai, vielen Dank für das Gespräch!
Das Gespräch führte Richard Guth.
