Forum-Gründer und ehemaliger Hermannstädter Kreisratsvorsitzender Martin Bottesch im Sonntagsblatt-Gespräch
SB: Herr Bottesch, Sie sind 1953 im siebenbürgischen Großpold/Apoldu des Sus geboren – wie haben Sie als Kind und Jugendlicher diese „kleine deutsche Welt” erlebt?
MB: Die Erinnerungen an die Kindheit enthalten immer viel Schönes. Dennoch meinte ich später, bereits als Kind die Spannung empfunden zu haben, unter der meine Eltern und die ganze Dorfgemeinschaft damals lebten. Zur Zeit meiner Geburt waren erst vier Jahre vergangen, seit die in die Sowjetunion deportierten Deutschen Rumäniens zurückgekehrt waren. Über diese Deportation zur Aufbauarbeit nach dem Krieg (1945) wurde in meiner Familie oft gesprochen, sie war auch Thema der Gespräche an den Sonntagnachmittagen, an denen Nachbarn und Verwandte zusammensaßen. Als Kind hat man sich darüber keine Gedanken gemacht, diese Dinge wurden einfach als gegeben wahrgenommen. Ein Jahr nach meiner Geburt bekamen die Deutschen auf dem Land ihre Häuser wieder zurück, die man ihnen nach dem Krieg weggenommen und an Roma und Rumänen aus benachbarten Dörfern vergeben hatte. So hörten wir von klein auf von der „Zigeuner- und Kolonistenzeit“ reden. Mit „Kolonisten“ wurden die neuen Hausbesitzer aus den Nachbardörfern bezeichnet. Über den kommunistischen Staat wurde in der Familie nur Schlechtes gesprochen, legte man ihm doch alles zur Last, was einem nach dem Krieg widerfahren war. Auch waren für uns Kinder die ethnischen Spannungen im Dorf spürbar. Wir – die Deutschen – galten als Verlierer des Kriegs, Rumänen und Roma sahen sich auf der Gewinnerseite. Solche Spannungen habe ich dann im Laufe der Zeit immer weniger empfunden. In der Schule wurde gefördert, wer fleißig war. Ich wurde weder in der Allgemeinschule in meinem Dorf (Klassen 1-8) noch im Lyzeum in der nahen Kleinstadt Mühlbach/Sebeș (Klassen 9-12) noch beim Studium in Klausenburg wegen meiner ethnischen Herkunft diskriminiert. Vom Kindergarten bis zum Abitur konnte man in deutscher Sprache lernen. Das Rumänische lernte ich nach und nach, mehr in der Schule als auf der Straße. Im Dorf spielten wir als Kinder in dem von den Deutschen bewohnten Dorfteil, Kontakte zu rumänischen Kindern und Romakindern waren sporadisch.
SB: Die Evangelische Landeskirche und die Nachbarschaften haben jahrhundertelang eine wichtige Rolle im Leben der Dorf- und Stadtgemeinschaften gespielt – welchen Stellenwert hatten diese Institutionen vor dem Hintergrund der allmählich einsetzenden Auswanderung(swelle) der Siebenbürger Sachsen und Landler (was die einzelnen Gemeinden bis 1989/91 unterschiedlich betraf)?
MB: Die evangelische Kirche war neben der Schule die wichtigste Institution in den Dorfgemeinschaften. Es galt als selbstverständlich, dass die Kinder der evangelischen Familien getauft und später konfirmiert wurden. Die Konfirmation war ein bedeutendes Familienfest, zu dem auch Paten von auswärts (des Dorfes) – falls es solche gab – eingeladen wurden. Zur Konfirmation habe ich von einer Patin aus Deutschland, die durch den Krieg dortgeblieben war, meine erste Armbanduhr bekommen. Zwar wurde zur Zeit des Kommunismus der Atheismus propagiert, doch auf dem Dorf spielte sich das ganze Leben weiterhin in dem von der Kirche bestimmten Rahmen ab. Nach der Konfirmation wurden die Jungen in eine Bruderschaft, die Mädchen in eine Schwesterschaft aufgenommen und bekamen in der Kirche beim Gottesdienst einen entsprechen Platz bei dieser Körperschaft zugewiesen. Nach der Heirat – meist waren beide Partner aus dem gleichen Dorf – wurde das junge Paar in eine Nachbarschaft aufgenommen. Laut Satzung waren die Nachbarschaften ebenfalls kirchliche Einrichtungen. Von den Mitgliedern der Nachbarschaft erhielt man Hilfe bei schwereren Arbeiten, z. B. beim Hausbau, mit ihnen feierte man Feste und wurde schließlich von der Nachbarschaft zu Grabe getragen. In meinem Dorf haben auch Rumänen und Roma die Einrichtung der Nachbarschaft übernommen. Jede Gruppe hatte ihre eigenen Nachbarschaften. Man lebte getrennt, Mischehen zwischen Deutschen und anderen Ethnien gab es so gut wie keine.
Obwohl diese kirchlichen Einrichtungen alle Mitglieder der evangelischen Gemeinde einbanden und ihnen auch einen gewissen Halt gaben, hinderten sie die Auswanderung nach Deutschland nicht, die bereits in den 60er Jahren einsetzte und sich zusehends intensivierte. Der Krieg hatte dazu geführt, dass viele Familien schon Angehörige in Deutschland hatten. Als es dort dann merklich besser ging als im kommunistischen Rumänien, entstand bei vielen der Wunsch auszuwandern. Er wurde beflügelt durch das Streben nach Freiheit. Die Nachkriegszeit mit der Deportation in die Sowjetunion und der Enteignung der deutschen Landbevölkerung war noch frisch im Gedächtnis. Die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft verstärkte das Misstrauen in den Staat, und bei fehlendem Grundbesitz lockerten sich die Bande zur Heimat mehr und mehr. Die oberste Leitung der evangelischen Kirche hat diese Entwicklung zwar nicht gefördert, aber aufhalten konnte sie sie auch nicht. Mehr noch, da auch Pfarrer den Antrag zur Ausreise stellten, gewann die Auswanderungsbewegung an Fahrt.
SB: Sie gelten als großer Kenner der Geschichte und des Brauchtums der Landler – haben Sie etwa eine familiäre Bindung zum Landlertum, zumal Sie in einer der drei landlerischen Gemeinden geboren wurden? Wie haben Sie das Zusammenleben der Sachsen und Landler – das klaren Regeln unterworfen war -persönlich erlebt?
MB: Die Landler sind die Nachkommen der im 18. Jahrhundert im Zuge der Gegenreformation nach Siebenbürgen deportierten evangelischen Österreicher. Zur Zeit dieser Deportationen waren die Siebenbürger Sachsen bereits sechs Jahrhunderte da gewesen. Ich habe sowohl siebenbürgisch-sächsische als auch landlerische Vorfahren, wobei die landlerischen zahlreicher sind. Landlerisch war auch die Mundart, die ich im Haus mit meinen Eltern und Brüdern sprach. So fand ich es selbstverständlich als Jugendlicher, als die Zeit kam, in eine Bruderschaft einzutreten, die landlerische und nicht die sächsische zu wählen. Die andere Wahl wäre allerdings auch möglich gewesen, es war schließlich eine Sache des Bekenntnisses, welcher Gruppe man sich zugehörig fühlte und anschloss. Dabei spielte außer der Mundart auch die Tradition des Hofes, auf dem man aufwuchs, eine Rolle. In Großpold verlief die Entwicklung so, dass die Zahl der landlerisch Sprechenden sich gegenüber jener der Sprecher der sächsischen Mundart immer mehr vergrößerte. Das führte dazu, dass in der Kirche auf der landlerischen Seite Platzmangel herrschte und auf der sächsischen Seite viele Plätze frei blieben. Versuche, die Bruderschaften zu vereinen, gab es, doch sie scheiterten. Die Sachsen fürchteten nämlich, in der größeren Masse der Landler aufzugehen und ihre Identität zu verlieren. Deshalb widersetzten sie sich der Vereinigung.
Heiraten zwischen Sachsen und Landlern gab es aber immer wieder, so dass von der Abstammung her kaum ein Großpolder sagen konnte, er habe nur sächsische oder nur landlerische Vorfahren. Ausnahmen waren die in neuerer Zeit aus anderen Gemeinden zugezogenen Sachsen. Es gab Familien, in denen beide Mundarten gesprochen wurden. Dazu gehörte auch meine Familie. Der Großvater war Sachse, hatte eine Landlerin geheiratet und sprach mit ihr landlerisch. Mit den Kindern sprach aber jeder Elternteil seine eigene Mundart. Nachdem mein Vater auch eine Landlerin geheiratet hatte, sprachen alle im Haus landlerisch, bloß der Großvater sprach mit dem Sohn und mit den Enkelkindern – nicht aber mit seiner Frau und seiner Schwiegertochter – sächsisch. Im Dorf gab es ein interessantes Miteinander von Sachsen und Landlern. Im Allgemeinen verstand man sich gut, auch wenn zuweilen Gegensätzlichkeiten auftraten.
SB: Sie haben in den 1970er Jahren in Klausenburg studiert – wie haben Sie diese Stadt mit einer bedeutenden ethnisch ungarischen Bevölkerung damals erlebt?
MB: Ich habe an der Babeș-Bolyai-Universität Mathematik studiert. Zu jener Zeit war die Mehrheit der Bevölkerung Klausenburgs bereits rumänisch, aber Ungarisch hörte man auch oft sprechen. An unserer Fakultät gab es auch eine ungarische Gruppe – also eine Gruppe, die in ungarischer Sprache unterrichtet wurde. Unterricht in deutscher Sprache wurde damals an der Fakultät nicht angeboten. Wir wären auch zu wenige deutschsprachige Studenten gewesen, um eine eigene Gruppe zu bilden. Zu den ungarischen Kollegen hatten wir wie auch die Rumänen ein gutes Verhältnis. Ich kann mich keiner ethischen Spannungen entsinnen. Auch bei den nachherigen Absolvententreffen kamen wir stets alle zusammen.
SB: Die Securitate war auch im Leben der Siebenbürger Sachsen und Landler allgegenwärtig – so jedenfalls die Theorie. Haben Sie davon in irgendeinem Zusammenhang Notiz genommen – als junger Erwachsener?
MB: Dass die Securitate die Menschen überwacht, wusste man. Es hieß, Telefongespräche wurden abgehört – in welchem Umfang, weiß ich nicht. Jedenfalls war Vorsicht geboten in allen Äußerungen, im Privaten und in der Öffentlichkeit sowieso. Privat wurde dennoch über alles geredet, auch über Politik – und das gewöhnlich kritisch. Unter Bekannten konnte man sich erlauben alles zu sagen, wenn auch mit einem gewissen Risiko. Politische Witze waren an der Tagesordnung. Als junger Erwachsener hatte ich das Glück, nicht mehr die Zeit erleben zu müssen, in der Verhaftungen und Strafprozesse wie Ende der 1950er Jahre an der Tagesordnung waren. Man hörte allerdings, dass der eine oder andere von der Securitate unter Druck gesetzt wird, von manchen hieß es auch, sie seien Mitarbeiter dieser Geheimpolizei. Ich selbst wurde als junger Lehrer ein einziges Mal vorgeladen. Wahrscheinlich waren die Antworten auf die mir gestellten Fragen allgemein und nichtssagend genug, so dass man davon absah, mich ein weiteres Mal zu rufen.
SB: Sie haben sich 1989/90 (und davor) gegen eine Übersiedlung in die Bundesrepublik entschieden – was waren Ihre Beweggründe?
MB: Ganz so fest stand der Entschluss – in Siebenbürgen zu bleiben – nicht. Kurz vor 1989 und kurz danach meinten meine Frau und ich, unser Weg würde uns nach Deutschland führen – so wie die meisten anderen Rumäniendeutschen. Beeilen wollten wir uns aber nicht, wir wollten die Entwicklung zunächst ein Jahr, dann noch ein weiteres Jahr abwarten. Nach zwei Jahren fiel dann die Entscheidung zu bleiben. Es hatten sich neue berufliche Chancen ergeben. Auch hatten wir eingesehen, dass die Gemeinschaftsformen, die hier aufhörten zu existieren, in Deutschland nicht wiederzufinden waren. Ich war übrigens in der Minderheitenorganisation, dem Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR), von Anfang an mit dabei. Als Lehrer setzte ich mich vor allem für den Erhalt des deutschsprachigen Unterrichts ein und es wurde immer klarer, dass dieser bestehen bleiben kann. Meine Frau hatte als Germanistin an der Hermannstädter Uni viel Freude an der Arbeit mit den Studenten gefunden. Wir fühlten uns da nützlich und waren eingebunden in eine sich neu formierende Gemeinschaft um das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien und die evangelische Kirche.
SB: Die Wendezeit brachte eine Auflösung der siebenbürgisch-sächsischen und landlerischen Gemeinschaft im herkömmlichen Sinne – wie haben Sie diese Zeit einschneidender Veränderungen erlebt?
MB: Fast alle dörflichen Strukturen der siebenbürgisch-sächsischen und landlerischen Gemeinschaft haben aufgehört zu existieren. Geblieben ist auf den Dörfern als Institution nur noch die evangelische Kirche, doch in manchen Dörfern gibt es kaum noch jemanden, der die Kirchenschlüssel aufbewahrt. Die wenigen Personen können ein Gotteshaus natürlich nicht mehr instandhalten. Ich selbst habe zur Zeit des Umbruchs nicht mehr auf dem Dorf gewohnt, also die Entwicklung auf dem Lande aus einiger Entfernung wahrgenommen. In den Städten gibt es noch mehr deutschsprachiges Leben und oft auch noch Schulen mit deutscher Unterrichtssprache. Da diese in der Regel von mehrheitlich rumänischen Kindern besucht werden, können sie weiter bestehen, falls sich Lehrkräfte dafür finden lassen. Die Aufgaben, die der Minderheit zukommen, sind groß, nicht nur im Schulbereich. Es gilt, ein bedeutendes Kulturerbe zu erhalten, und dafür hoffen wir, mehr und mehr auch auf die Hilfe des rumänischen Staates rechnen zu können. Der Kontakt zu den Organisationen der ausgewanderten Landsleute ist da ebenfalls wichtig, ebenso die Beziehungen der evangelischen Kirche in Rumänien zu jener in Deutschland. Nicht zuletzt kamen der evangelischen Kirche die Unterstützungsprogramme mit EU-Mitteln zugute, so dass unter der Leitung des Landeskonsistoriums eine Reihe von Kirchenburgen restauriert werden konnten.
SB: Auch im Kreis Hermannstadt nahm der Anteil der Deutschen rapide ab – dennoch erzielen die Kandidaten des Forums immer noch beachtliche Erfolge – worauf führen Sie das zurück?
MB: In der Tat hat Hermannstadt seit dem Jahr 2000, also bereits ein Vierteljahrhundert lang, einen Bürgermeister bzw. eine Bürgermeisterin aus den Reihen der deutschen Minderheit. Als Minderheitenverband kann sich das DFDR an den Wahlen so wie die politischen Parteien beteiligen, obwohl es keine Partei ist. Im Hermannstädter Stadtrat hatte das DFDR zeitweilig die absolute Mehrheit inne. Gegenwärtig haben wir zwar weniger als die Hälfte der Sitze, bilden aber immer noch die stärkste Fraktion und das, obwohl die Deutschen etwa 1 Prozent der Stadtbevölkerung ausmachen. Die Erklärung liegt in der Art, wie das DFDR die Stadt verwaltet hat und in der Entwicklung, die seit dem Jahr 2000 stattgefunden hat. Bei der ersten Wahl eines deutschen Bürgermeisters hatte die positive Wahrnehmung der Siebenbürger Sachsen durch die rumänische Mehrheitsbevölkerung gewiss eine Rolle gespielt, seither zählt jedoch das, was von der Stadtverwaltung getan wird.
SB: Sie waren acht Jahre lang Kreisratsvorsitzender des Kreises Hermannstadt – welche Erfahrungen haben Sie als Politiker in dieser Position gesammelt, gerade im Hinblick auf die imposante Entwicklung des Kreises im Vergleich zu anderen siebenbürgischen/rumänischen Kreisen?
MB: Vorsitzender des Kreisrats war ich von 2004 bis 2012. In der ersten Zeit musste ich viel lernen, hatte aber auch bald die Genugtuung, Ergebnisse der Arbeit dieser Institution zu sehen. Das größte und wichtigste Projekt des Kreises war in jener Zeit die Modernisierung des Flughafens, das der Kreis gemeinsam mit der Stadt durchgeführt hat. Klaus Johannis war zu jener Zeit Bürgermeister von Hermannstadt. Aber auch in den ländlichen Gebieten konnte einiges erreicht werden, so der Ausbau der Straßeninfrastruktur und der Aufbau eines Systems für Müllmanagement. Der bedeutendste Posten im Budget war immer jener für den Sozialbereich. Hermannstadt kam zugute, dass es 2007 europäische Kulturhauptstadt war. Das brachte einen nachhaltigen Entwicklungsschub nicht nur im Bereich des Tourismus. Als Kreisratsvorsitzender habe ich mit den Vertretern verschiedener Parteien zusammengearbeitet und war stets bestrebt, ein äquidistantes (gleich weit entferntes, Red.) Verhältnis zu ihnen zu bewahren.
SB: Sie waren lange Zeit in der Lehrerfortbildung tätig – mit welchen Herausforderungen haben die Reste des deutschen Schulwesens zu kämpfen?
MB: In der Lehrerfortbildung war ich vor meiner Zeit als Kreisratsvorsitzender tätig. Ich habe das Zentrum für Lehrerfortbildung in deutscher Sprache (ZfL) in den ersten sechs Jahren seines Bestehens geleitet. Es muss gesagt werden, dass es ein solches Zentrum zur Zeit des Kommunismus nicht gab – und vorher erst recht nicht. Dass aber eines notwendig war, erkannten wir bald nach der Wende. Durch die Auswanderung sind Lehrkräfte, die Deutsch als Muttersprache sprachen, weggegangen, es kamen solche mit rumänischer oder ungarischer Muttersprache nach. Um die Sprachkompetenz von Lehrern und Schülern zu erhalten bzw. zu verbessern, ist es notwendig, dass die Fortbildung in der Unterrichtssprache stattfindet. Unser Verband, das DFDR, hat mehrere Eingaben ans Bildungsministerium in Bukarest gemacht, in denen die die Fortbildung der Lehrkräfte in deutscher Sprache vorgeschlagen wurde. 1998 wurde dann das ZfL gegründet – als eine vom Ministerium finanzierte Einrichtung – und voriges Jahr feierte es sein 25-jähriges Bestehen. Die größte Schwierigkeit im deutschsprachigen Schulwesen besteht allerdings im Sichern der Lehrkräfte. Der Lehrerberuf ist heutzutage in Rumänien bei der jungen Generation allgemein nicht geschätzt. Kaum jemand will Lehrer werden, weshalb viele Schulen den Lehrermangel beklagen. Umso schwerer ist es, Lehrer zu finden, die in deutscher Sprache unterrichten, denn wer diese Sprache kann, findet bessere Verdienstmöglichkeiten als die Schule sie bietet.
SB: Die Zahl der Sachsen und Landler nimmt immer noch ab – wo sehen Sie die Gemeinschaft in 20 Jahren?
MB: Die Siebenbürger Sachsen haben ihr Ende als Volk schon vor mehr als 200 Jahren einmal vor Augen gesehen, als Kaiser Joseph II. den Königsboden auflöste und bis dahin geltende Gesetze außer Kraft setzte. Auch seither hat es in der Geschichte Momente gegeben, in denen die Sachsen meinten, für ihre Gemeinschaft sei alles aus. Dennoch ist das Ende nicht eingetreten. Auch wenn es eine siebenbürgisch-sächsische Gemeinschaft im hergebrachten Sinn nicht mehr geben kann, glaube ich, dass die deutsche Sprache in Siebenbürgen eine Zukunft hat. Dafür setzen wir uns ein.
SB: Herr Bottesch, vielen Dank für das Gespräch!
Das Gespräch führte Richard Guth.