Die Bergmannsfrau und der Teufel

Die Bergmannsfrau und der Teufel

Es lebten einst ein Mann und eine arme Frau. Ihr kleines Haus war ihr ganzes Vermögen. Darin lebten sie mit ihren sieben Kindern. Drei davon waren Mädchen, die anderen Knaben. Ihr Vater ging ins Bergwerk arbeiten, damit sie ihr tägliches Brot hatten.

Einmal aber – niemand wusste, wie – geschah etwas in der Grube und der arme Mann kam plötzlich ums Leben. Die große Familie stand ohne Brotverdiener da.
Dann ging der älteste Sohn in die Grube arbeiten. Sein Lohn war viel zu gering für so viele hungrige Mäuler. Was konnte die arme Witwe tun? Auch sie bat um Arbeit. Anfangs wollte man davon gar nichts hören, sie drängte und bat aber so lange, bis man sie annahm.
Eine Zeitlang ging auch alles gut, und sie fing schon an, die Arbeit ihres Mannes zu erlernen. Die ermüdende Arbeit fiel ihr zwar schwer, wenn sie aber an ihre hungrigen, zerlumpten kleinen Kinder dachte, vergaß sie alle Müdigkeit.
Eines Tages arbeitete sie gerade im ersten Stollen, als sie ein ungewöhnliches Brummen und Murren hörte. Es kam aus der Tiefe und wurde immer stärker. Auf einmal hörte sie ganz verständliche Laute:
“Wie kannst du es wagen, hierher zu kommen?”
Die arme Frau war zuerst erschrocken, dann fasste sie aber Mut und fragte:
»Wer bist du? Mit welchem Recht schreckst du mich?”
„Ich bin der Teufel, der König des unterirdischen Reiches!”
“Das ist nicht dein Reich, du Teufel.” – erwiderte die arme Frau, das ist das Reich der Bergleute! Der Boden ist mit ihrem Schweiß getränkt!”
Der Teufel aber lachte nur:
„Dein Mann hat dasselbe gesagt und starb noch an demselben Tage!”
Jetzt erfuhr die arme Frau, warum ihr Mann sterben musste. Daraufhin verließ sie wieder ihr Mut.
“Was willst du mit mir anfangen?” fragte sie. “Was wird aus meinen sieben armen Kindern, wenn du mich umbringst?”
Der Teufel betrachtete erst jetzt die Frau genauer. Er sah, dass sie immer noch sehr schön war, und wurde ein wenig zugänglicher.
„Wenn du meine Frau wirst, tue ich dir nichts.”
Die arme Frau wünschte sich auf keinen Fall den Teufel zum Mann. In ihrem Schrecken begann sie, um Hilfe zu schreien. Darauf packte sie der Teufel und verschwand. Abends ging die arme Frau sehr traurig nach Hause. Sie wurde erst dann etwas heiterer, als sie sah, dass ihre Söhne auf einer Wiese spielten.

Wie sie gemeinsam nach Hause gingen, konnten sie ihr Haus nirgendwo finden. Es war verschwunden, als ob es die Erde verschluckt hätte. Die arme Frau meinte verzweifelt: “Dies kann nur das Werk des Teufels gewesen sein.” Sie bekam immer mehr Angst, aber am nächsten Tage fuhr sie doch wieder in die Grube ein. Kaum hatte sie mit der Arbeit begonnen, da erschien ihr wiederum der Teufel.
“Werde meine Frau, so gebe ich dir dein Haus zurück! Ich trage es voll mit Gold und Silber. Du musst auch nicht mehr arbeiten; solltest du dich aber widersetzen, dann nehme ich dir auch noch deine Kinder weg!”
Die arme Frau erschrak. Sie wusste, wie groß die Macht des Teufels war, und willigte ein. Als die Nacht kam, verwandelte sich der Teufel in einen Menschen und begleitete die Frau
mit sechs seiner Gefährten nach Hause. Er ließ sich im Hause nieder und führte sich so auf, wie wenn er darin der Herr wäre. Die Frau hatte von nun an keine Sorgen, doch wurde ihr das Leben zur Hölle, denn der Teufel konnte die Kinder nicht ausstehen. Den Ältesten jagte er schon nach einigen Tagen aus dem Hause. Was konnte der arme Sohn machen? Er ging mitten in den Wald hinein. Bis er dorthin kam, war er schon müde geworden und legte sich
neben einen riesigen Baumstumpf nieder. Bald schlief er auch ein.
In diesem Walde lebte ein armer Einsiedler, der ihn am nächsten Morgen fand. Der schlafende Junge tat ihm leid; er nahm ihn auf seine Arme und trug ihn in seine Hüte. Das Kind erzählte ihm dann, wie es in den Wald gekommen war. Der Einsiedler tröstete es. Es macht nichts, mein Sohn! Sei nur brav! Du wirst so lange bei mir bleiben, bis sich das Schicksal eurer Mutter zum Guten gewendet hat!”
Das Kind bedankte sich für die Güte des Einsiedlers und blieb bei ihm. Von nun an folgte es ihm, wohin der Einsiedler auch ging.
Der war nie untätig. Kaum dämmerte der Morgen, nahm er schon seine besonderen kleinen Gläschen und Körbe und machte sich auf den Weg in den Wald. Dort sammelten sie dann Tau in die Gläschen, in die Körbe aber Kräuter und Blütenblätter. In einem anderen Korb taten sie Pilze, das war ihre tägliche Nahrung. Zu Hause ordnete der Einsiedler das, was sie tagsüber gesammelt hatten.

Einmal, als sie wieder im Walde waren, stießen sie auf den zweiten Sohn der armen Frau. Auch er schlief unter einem Baum. Sie trugen ihn in die Hütte. Als das Kind erwachte, erzählte es, dass es der Stiefvater aus dem Hause weggejagt hätte. So ging es der Reihe nach. Der Teufel ruhte nicht, bis alle Kinder aus dem Hause waren. Der Einsiedler und der älteste Bruder fanden sie alle im Walde auf.
Inzwischen zerbrach sich zu Hause die arme Witwe Tag und Nacht den Kopf darüber, wie sie den Teufel loswerden könnte. Sie hätte ihre verlorenen Kinder gerne gesucht, fürchtete sich aber davor. sich den Weg zu machen, denn sie war ja in der Macht des Teufels. Sie hätte den Teufel samt seinen Spießgesellen schon längst vernichtet. Wenn aber er und seine sechs Gesellen zu Hause waren, schlief keiner von ihnen, deshalb konnte die arme Frau nichts ausrichten.

Einmal, als die Teufel weggegangen waren, klopfte um Mitternacht jemand an die Tür. Die Frau erschrak, furchtsam öffnete sie das Fenster.
„Wer ist da?” – fragte sie.
„Ich bin es, Mutter !” flüsterte der älteste Sohn, denn er war’s, der geklopft hatte.
Der Einsiedler hatte ihn geschickt, damit er seine Mutter tröstet. Die Frau ließ den Sohn herein, umarmte und küsste ihn innig. Als sie dann hörte, dass die anderen Kinder auch noch alle am Leben sind, weinte sie vor lauter Freude! Sie nahmen gar nicht wahr, wie die Zeit verrann. Es dämmerte schon der Morgen, als die Frau sich jäh besann:
„Geh, mein liebes Kind, dass sie dich hier nicht antreffen! Ach” – seufzte sie – “wenn ich sie nur einschläfern könnte, sie würden die Sonne bestimmt nicht noch einmal erblicken!”
Kaum hatte der Sohn dies gehört, rannte er in den Wald zurück.
Als er in der Hütte ankam, berichtete er dem Einsiedler, was seine Mutter zu ihm gesagt hatte.
Der Einsiedler dachte eine Weile nach, dann trat er zu dem Kästchen, in dem seine Fläschen waren, suchte dort und nahm endlich eines heraus.
„,Da hast du es, und bringe es heute Nacht deiner Mutter. Sag ihr, morgen Nacht, wenn die Teufel nach Hause kommen, soll sie das Fläschchen hervornehmen und sie damit
bespritzen. Sie soll darauf achten, dass daraus auf einen jeden etwas kommt, nur auf sich selber soll sie nichts tröpfeln, sonst schläft sie auch auf ewig ein!”
Als die Nacht hereinbrach, ging der Sohn wieder nach Hause. Er gab seiner Mutter die kleine Flasche und erklärte ihr alles, was der Einsiedler ihm aufgetragen hatte. Die arme Frau konnte kaum den Abend des nächsten Tages erwarten. Als die Teufel nach Hause gekommen waren, zog die Frau das Fläschchen hervor und bespritzte alle. Sie schliefen sofort ein. Jetzt ergriff die Frau die Gabel des Teufels und begann, damit ihren Teufel zu schlagen. Kaum hatte sie angefangen, da kam auch ihr Sohn herbei. Dieser ergriff auch eine Gabel, und sie schlugen die Teufel tot. Im selben Augenblick waren die Körper der Teufel verschwunden. Keine Spur blieb von ihnen zurück, nur das ungeheuer viele Silber und Gold, das sie im Hause zusammengetragen hatten. Es gehörte nun der Frau und den Kindern.
Als alle Kinder wieder nach Hause zurückgekehrt waren, füllten sie einen Sack voll Gold und Silber und machten sich auf den Weg zum Einsiedler. Den suchten sie aber vergebens, sie fanden ihn nirgends! Sie gingen wieder nach Hause und lebten lange Zeit glücklich und zufrieden.

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