Neugewählter Weltdachverbandspräsident Jürgen Harich im SB-Gespräch
SB: Sie wurden im April als Nachfolger des langjährigen Vorsitzenden Johann Supritz zum Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft (LM) der Donauschwaben gewählt. Wenige Monate später folgte die Wahl zum Vorsitzenden des Weltdachverbandes – wie fühlen Sie sich in Ihren neuen Ämtern?
JH: Sehr wohl! Das Arbeiten für unsere donauschwäbische Gemeinschaft ist für mich eine Herzensaufgabe und bereitet mir eine große Freude. Besonders stolz bin ich auf die von mir neu eingeführte Teamarbeit. Das Wir-Gefühl steht bei uns groß im Vordergrund.
SB: In einem Mitgliederbrief berichten Sie davon, dass Sie sowohl aus der Batschka als auch aus dem Banat stammen – würden Sie uns bitte etwas ausführlicher in Ihre Familiengeschichte einführen?
JH: Sehr gerne! Die Vorfahren meiner Mutter stammen aus Gajdobra in der Batschka und die meines Vaters aus Mramorak und aus Franzfeld. Teilweise stehen noch die Häuser meiner Großeltern und ich pflege zu den jetzigen Bewohnern einen sehr guten Kontakt. So bin ich nahezu jedes Jahr in der alten Heimat.
SB: Geboren und aufgewachsen sind Sie in Schwaben, als Vertreter der Enkelgeneration – inwiefern wurde Ihre Kindheit und Jugend vom donauschwäbischen Erbe geprägt?
JH: Seit meiner Geburt bin ich von Donauschwaben umgeben. Das prägt einen natürlich sehr. Die Familie war und ist mir immer sehr wichtig. So war ich in meiner Kindheit und Jugend sehr oft bei meinen Omas und Opas und ich war regelrecht fasziniert von ihren Geschichten von „dahoam”.
SB: Auch bei der LM der Deutschen aus Ungarn vollzog sich in den letzten Jahren ein Generationenwechsel – inwiefern wird dies das Gesicht Ihrer Landsmannschaft bzw. des Dachverbands verändern?
JH: Wer mit der Zeit gehen will und unser donauschwäbisches kulturelles Erbe nachhaltig bewahren will, kommt um einen Generationenwechsel gar nicht herum. Dies ist in allen Lebensbereichen so. Die meisten haben dies rechtzeitig erkannt. Wichtig ist dabei, dass alle Generationen weiterhin zusammenarbeiten. So können wir gestärkt und voller Zuversicht in die Zukunft blicken.
SB: Mit welchen Herausforderungen hat die Landsmannschaft zu kämpfen?
JH: Da ist der Übergang von der Erlebnis- zur Bekenntnisgeneration ein großes Thema. Dies hat natürlich Auswirkungen auf die Mitgliederzahl. Und wenn sie mich so direkt fragen, ist es auch nicht immer einfach mit gewissen wenigen Personen, die im hohen Alter nicht loslassen können und sich der Zeit einfach nicht anpassen wollen. Dies ist sehr schade und schadet auch unserer Gemeinschaft. Man sollte froh sein, dass es noch Jüngere gibt, die voller Tatendrang sind und sich mit vollem Einsatz in die Landsmannschaft einbringen. Nur so ist die Zukunft gesichert.
SB: Sie haben sich 2017/18 ein Sabbatjahr gegönnt und zahlreiche donauschwäbische Gemeinschaften rund um die Welt besucht – welche Erfahrungen haben Sie dabei gesammelt?
JH: Diese Erfahrungen prägen mich bis heute. Es ist einfach wunderbar zu spüren, wie sehr unsere donauschwäbische Gemeinschaft weltweit aktiv ist. Egal, wo man ist, man fühlt sich bei den Donauschwaben immer wie zu Hause. Wir sind eine große Familie und das merkt man. Darauf bin ich sehr stolz.
SB: Wie lebendig sind die Beziehungen der LM der Donauschwaben bzw. des Dachverbandes zu den Deutschen in Ungarn, zumal diese über eine eigene Landsmannschaft in Deutschland verfügen?
JH: Die Beziehungen sind sehr gut und von einem freundschaftlichen Verhältnis geprägt. In mehreren Gremien arbeiten wir gerne zusammen. Besonders hervorheben möchte ich hierbei unsere Zusammenarbeit mit dem Landesrat, der sich auch im Weltdachverband sehr einbringt.
SB: Sie dürfen als Gymnasiallehrer ein besonderes Augenmerk auf der Jugend haben – wie versucht die LM die Jugend in die landsmannschaftlichen Aktivitäten einzubeziehen?
JH: Das ist mir ein großes Anliegen. Beide Generationen sind mir dabei sehr wichtig. So sind die Zeitzeugen aus der Erlebnisgeneration für die Bekenntnisgeneration unentbehrlich. Sie glauben gar nicht, wie sehr sich die Jugend für ihre Herkunft interessiert. Man muss sie nur zu Wort kommen lassen und ein ehrliches Interesse zeigen. Zeitgemäße Formate sind dabei natürlich auch in der Bildungsarbeit und in den sozialen Medien notwendig. Wir sind auf einem guten Weg.
SB: Welche konkreten Pläne und Vorhaben haben Sie für die nächste Zeit?
JH: Aktuell denken wir in diesem Jahr an eine ganze Veranstaltungsreihe zu „80 Jahre Flucht, Vertreibung, Neubeginn”. All diese Termine finden Sie auch auf unserer neu geschaffenen Homepage unter www.bundesverband-donauschwaben.de. Das gab es so in den vergangenen Jahren leider nicht. Schauen Sie deshalb gerne dort vorbei! Alle lade ich sehr herzlich dazu ein, zu diesen Veranstaltungen vorbeizukommen. Wir freuen uns sehr auf den Austausch und die Begegnungen!
SB: Herr Harich, vielen Dank für das Gespräch!
