Ich muss gestehen, dass ich schon einmal mit dem Verfassen dieses Beitrags begonnen habe. Dann bin ich aber unsicher geworden und habe das Geschriebene wieder gelöscht. Ein erneuter Fall rief das Vorhaben wieder in Erinnerung. Worum geht es?
Wenn man eine gewisse Sympathie-Rangordnung aufstellen würde (dies tun Meinungsforscher tatsächlich), dann würde unsere deutsche Gemeinschaft unter den 13 ethnischen und nationalen Minderheiten weit oben landen (die besagten Umfragen bestätigen dies). Man verbindet mit „deutsch” weiterhin positive Eigenschaften wie Fleiß, Ordnungsliebe oder Ehrlichkeit. Also Leute, denen man als Angehöriger der Mehrheitsbevölkerung vertrauen kann! Ein wesentlich negativeres Bild hat die Mehrheitsbevölkerung über die Nachbarvölker wie Slowaken oder vor allem Rumänen. Hier vermischen sich althergebrachte Supremitätsvorstellungen mit nicht verarbeiteten historischen Traumata wie Trianon. Interessanterweise besitzen in diesem Kontext die deutsche Besatzung 1944 oder die jahrhundertelange habsburgische Herrschaft mit zeitweise harschen Germanisierungstendenzen so gut wie keine derartige Relevanz, die dann das positive Bild beeinflussen könnte.
Oft wird diese positive Fremdwahrnehmung dann auch durch kulturelle Veranstaltungen verstärkt, die ein romantisches Bild über die Lage der deutschen Gemeinschaft zeichnen. Wenn man dann mit den Leuten (Madjaren) ins Gespräch kommt, dann schwärmen diese von der mustergültigen Minderheitenpolitik des Landes, in deren Folge ja jeder seine Traditionen und seine Muttersprache pflege(n) könne.
Es kommt aber hin und wieder vor, dass unsere Gemeinschaft – oder genauer gesagt Vertreter der Gemeinschaft – in einem etwas anderen Licht erscheint bzw. erscheinen. Oft erreicht die Berichterstattung darüber nicht die Schwelle der Öffentlichkeit, da nur regionale Medien darüber berichten – oder zwar überregionale, aber mit einer überschaubaren Print- oder Online-Leserschaft. Da wird beispielsweise über ein Gemeinschaftshaus berichtet (Bauherrin: die örtliche DNSVW), dessen Bau zwar gefördert worden sei, aber dessen Fertigstellung nicht erfolgt sei. Oder die Rede ist von einem mit der Gemeinschaft verbundenen Bürgermeister, der durch Zwangsversteigerung ein Haus erworben habe, aus dem eine sechsköpfige Familie habe ausziehen müssen. In einem anderen Bericht ging es um einen Musiker, der in einem Ferienlager der Gemeinschaft mitgearbeitet habe, obwohl er früher wegen Kindesmissbrauchs verurteilt worden sei und zum damaligen Zeitpunkt seine Probezeit absolviert habe.
Das Gemeinsame bei allen drei Vorfällen ist die Tatsache, dass in der Berichterstattung ein Hinweis auf die Zugehörigkeit der Akteure zur deutschen Gemeinschaft gegeben wurde. Es geht mir dabei nicht um eine Präjudikation der Beschuldigten (denken wir auch an den Grundsatz „in dubio pro reo”) – dazu müsste man ihnen Gelegenheit bieten, Stellung zu nehmen – oder gar um die Fälle an sich, von denen es zehn- oder hunderttausende im Land gibt. Es geht mir vielmehr um die Lehren daraus.
Wir sind zweifelsohne gut integriert. Wir denken und handeln genauso wie die Mitglieder der Mehrheitsbevölkerung, unser Konsumverhalten unterscheidet sich auch kaum von der nichtdeutschen Bevölkerung – vom allgemeinen Sprachgebrauch ganz zu schweigen. Fast hätte man den Eindruck, man sei sang- und klanglos in der Mehrheitsbevölkerung aufgegangen, mit der man ja mittlerweile auch familiär vielfach verbunden ist.
Dennoch nimmt man uns als die „Schwaben“ oder „Ungarndeutschen“, also doch als etwas wahr, das sich von der Majorität unterscheidet. Diese Unterscheidung stellt uns vor Herausforderungen und verlangt von uns, moralisch fast eine reine Weste zu haben. Denn jede Verfehlung wird der deutschen Gemeinschaft angehaftet und nicht dem vermeintlichen schwarzen Schaf als Individuum und Teil einer Körperschaft. Daher: Lasst uns unseren Kritikern nicht dieses Gefallen tun.