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Lokalredakteur und Sonntagsblatt-Leser Hatto Schmidt aus Südtirol im Gespräch

Von Richard Guth

Deutschsprachige journalistische Arbeit im Ausland stellt wahrlich etwas Besonderes dar. So fühlte es sich auch für den gebürtigen Deutschen Hatto Schmidt aus Tübingen an, als er vor 32 Jahren bei dem Südtiroler Tagblatt „Dolomiten” angefangen hat. Die Tageszeitung gehört zu den renommierten Presseerzeugnissen deutscher Sprache. Sie wurde vor über 130 Jahren, noch zu k. u. k. Zeiten, gegründet und erlebte gerade in der faschistischen Zeit eine bewegte Geschichte. Als das Nazi-Regime im September 1943 die Macht in Südtirol übernahm, wurde die kritische Zeitung sogar verboten. Die Zeitung hat mit 40.000 Printlesern und 3000 E-Paper-Lesern auch heute noch eine starke Reichweite, wenn man bedenkt, dass die Zahl der Deutschsprachigen in Südtirol 280.000 beträgt. Das Tagblatt gliedert sich in Außenpolitik mit besonderem Augenmerk auf die italienische und österreichische Innenpolitik, Innenpolitik (Südtirol), Lokales und Sport. Ergänzt wird das Angebot um eine Sonntagszeitung und die Internetseite stol.it. Letztere beschäftigt fünf feste und zahlreiche freie Mitarbeiter, die eng mit den Printredaktionen zusammenarbeiteten. Das deutschsprachige Medienportfolio der Athesia Gruppe, zu der mittlerweile auch Energieunternehmen und Tourismusbetriebe samt eines Skigebiets in den Alpen gehören, hat sich nach Hatto Schmidts Worten – selber Nachkomme von Siebenbürger Sachsen – der Vertretung der deutschen und der ladinischen Sprache verschrieben. Dennoch übernahm die Gruppe vor einigen Jahren zwei italienische Zeitungen auf der Suche nach Synergien gerade in den Bereichen Anzeigenmanagement und Verwaltung.

Aber auch in anderen Bereichen ist der Kontakt zur italienischen Sprache sehr intensiv, was „höheren Aufwand” bereitet: Man ist nach Schmidt auf viele italienische Quellen angewiesen, wenngleich in Südtirol vieles zwei- oder dreisprachig veröffentlicht wird. Dennoch ist im Alltag eine 100-prozentige Zweisprachigkeit kaum zu leisten, zumal der Verlag nicht auf die Dienste einer Presseagentur für Südtirol zurückgreifen kann. Das Zeitungsgeschäft hat sich in den letzten Jahren massiv verändert, aber „das Tagblatt «Dolomiten» schlug sich gut”. Insbesondere das Wegbrechen des Anzeigenaufkommens stellte 2008 viele überregionale italienische Zeitungen vor große Herausforderungen. Hier konnte „Dolomiten” nach Worten des Redakteurs auf die starke Lokalberichterstattung setzen: Während Großkonzerne ihre Werbeetats zusammengestrichen hätten, seien die kleinen Unternehmen dem Tagblatt treu geblieben. Aber es gebe ohnehin viel zu berichten, denkt man an das rege Vereinsleben in Südtirol: „Dass jemand in vier, fünf Vereinen aktiv ist, ist auch heute keine Seltenheit”. Nicht zu unterschätzen sind die sechs Millionen Euro aus Rom, die das Tagblatt jährlich verlässlich erhält – im Gegensatz zu der Förderung von Minderheitenmedien in Ungarn, die über jährliche Bewerbungsverfahren läuft, was für alles andere als Berechenbarkeit sorgt. Was aber weniger als früher geworden ist, sei der sprachliche Kontakt zwischen Deutsch- und Italienischsprachigen. Dadurch ließen die Sprachkenntnisse beiderseits nach – insbesondere die Italienischkenntnisse der Deutschsprachigen – trotz vieler tausend Stunden Sprachunterricht. Auf der anderen Seite gebe es – anders als früher – viel mehr Staatsbedienstete italienischer Muttersprache, die sich auf Deutsch verständigen könnten. Es habe sich in den letzten 20-30 Jahren viel getan auf dem Gebiet der Bilingualität in der Öffentlichkeit. Schmidt nennt dabei das Beispiel von Carabinieri, die in Gruppe patrouillieren – unter ihnen immer zumeist einer, der deutschsprachig ist.

Bild: https://festivaldelgiornalismoronchi.files.wordpress.com/2018/04/hatto-schmidt-e1524596925999.jpg

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