Von Richard Guth
„In den Achtzigern war das Verhältnis der Kinder zur deutschen Blasmusik anders. Vor einiger Zeit habe ich festgestellt, dass es bei den Kindern eine Grenze gibt, wo man zu anderen Musikrichtungen wechseln soll. Trotzdem bin ich der Meinung, dass die traditionelle ungarndeutsche Musik ein Muss ist, allein wegen der Traditionspflege”, sagt der 45-jährige Musikpädagoge und Kapellmeister aus Willand/Villány. Ahmann stützt sich dabei auf die Erfahrungen seines Vaters, des bekannten Kapellmeisters und Lehrers, Georg Ahmann, der 2017 die Ehrennadel erhielt. Der 81-jährige leitet immer noch die Blaskapelle in Bawaz/Babarc.
Gefunden habe ich Blasius Ahmann wiederum in einem nicht-ungarndeutschen Kontext: Es ging um die Fragen der Bildungspolitik und was man – insbesondere hinsichtlich der Besoldung von Lehrerinnen und Lehrern – machen sollte, um Probleme in der Zukunft zu vermeiden. Der Name Ahmann klang dabei bekannt, so dass ich nach kurzer Recherche auf den berühmten Vater und nicht minder beliebten Sohn stieß. Die meisten kennen ihn unter seinem ungarischen Vornamen Balázs, aber Blasius sei ihm auch nicht fremd, denn so habe ihn sein vormaliger Schulleiter Josef Michaelis stets genannt.
Vater Georg entstamme noch einer Generation deutscher Muttersprachler, so sein Sohn Blasius. Auf ihn treffe das nicht mehr zu: Zwar sprach die Großmutter mit ihm deutsch, er antwortete aber ungarisch. Es gebe in Bawaz noch Muttersprachler – auch solche, die im Alltag die Mundart benutzen -, die Generation sterbe aber aus. Nach seinen Beobachtungen sei die Situation in Willand anders: Dort sprächen auch die Älteren nur noch ungarisch untereinander. Hier müsse man die Traditionen pflegen, damit die Kinder deren Wert erst erkennen.
Und hier würden die Schwierigkeiten beginnen. „In den Köpfen dreht es sich um was anderes, die Werte haben sich verändert“, so der Eindruck von Ahmann und er konkretisiert seine Ausführungen: Jeden Tag zu proben, das falle den Jugendlichen schwer, denn sie seien auf der Suche nach dem schnellen, leichten Erfolg und wollten nicht mehr kämpfen. Das bedeute gleichzeitig, das Familienleben „beiseite zu legen”. „Früher waren von 30 Bläsern 29 stets an Ort und Stelle”, heute würden Familienfeiern oft vorgezogen, so Ahmann. Er trat nach eigenen Angaben im Alter von 9-10 Jahren in die Bawazer Kapelle, vom Vater geleitet, ein. Es drehte sich nach seinen Erinnerungen alles um die Musik, der deutsche Bezug sei damals stärker gewesen. Auch im Anschluss tat er nach eigenen Angaben viel dafür, um sagen zu können, dass das kulturelle Erbe „meins ist”.
Bei all den Veränderungen und Herausforderungen die deutsche Kultur zu erhalten und zu tradieren, nimmt er ein reges kulturelles Leben und die Existenz vieler Kapellen wahr, was sich auch jeden Sonntag im Sommer in Fünfkirchen zeige, wo jede Woche eine (andere) Kapelle spiele. Die Corona-Zeit bedeutet(e) laut Ahmann große Einschränkungen. Die Tanzgruppen und Blaskapellen müssten wieder zum Leben erweckt werden. Was gefehlt habe und immer noch fehle – zum Zeitpunkt des Gesprächs Ende Juli- seien die Auftritte, wovon das Ganze lebe.
Eine weitere Herausforderung stelle – wenngleich aus seiner Sicht nicht so gravierend -, die Abwanderung und Arbeitsmigration innerhalb des Landes und ins Ausland dar. Davon sei die Region der besseren Deutsch-Sprachkenntnisse wegen besonders betroffen, was sich durch fehlende Arbeitskräfte (wenn man einen Sanitärinstallateur brauche…) zeige. Willand verfügt nach Eindruck des 45-Jährigen über eine bessere Infrastruktur als Bawaz. In Willand, wo der Weintourismus selbst unter der Woche viele Leute anlocke, sei mehr Leben in der Stadt. Bawaz hingegen erlebt er als einen verschlossenen Ort.
Insgesamt sieht der Musikpädagoge viele Jugendliche, denen Sprache und Abstammung wichtig seien: Dies zeige sich daran, dass viele Willänder nach der sechsten oder achten Klasse ins Valeria-Koch-Schulzentrum oder ins Leöwey-Gymnasium wechseln würden; das sei eine Entwicklung, die sich seit vielen Jahren beobachten lasse. Eine Beobachtung, die bei all den Schwierigkeiten ihn zuversichtlich stimme.