Von Richard Guth
Hier sollte eigentlich ein Bericht stehen, aber die Umstände zwingen mich dazu, doch einen Kommentar zu schreiben. Viel kam nämlich an Informationen nicht zusammen, obwohl man denken würde, dass Projekte aus Steuergeldern finanziert doch auf Interesse der Öffentlichkeit stoßen würden.
Stellen wir uns ein Förderprojekt vor, dessen Ziel es ist, lokale Strukturen zu unterstützen. Nennen wir das Programm Zivilfonds – wer erinnert sich noch an die Eskapaden rund um ein ähnliches Förderprogramm von Norwegen, Island und Liechtenstein?! Dieser jetzige Fonds, aufgelegt in diesem Jahr, wird aus Mitteln des ungarischen Staatshaushalts gespeist. Wenn man sich die Liste der Geförderten anschaut, dann trifft man dort auf eine bunte Truppe: Von Traditionspflegern über Jugendorganisationen bis hin zu Sportvereinen reicht die Palette, die maximale Fördersumme beläuft sich auf 15 Millionen Forint. Die regierungskritische Presse wurde schnell auf das Förderprogramm aufmerksam und versuchte eine Nähe der Förderempfänger zu der Regierungspartei herzustellen. Bei auffällig vielen war eine Verbindung zu erkennen, bei anderen wiederum nicht. Also eine bunte Truppe, wie vorhin gesagt.
Aber was geht uns dieses Förderprogramm überhaupt an, könnte der aufmerksame Sonntagsblatt-Leser fragen. Tja, es gibt nunmal zwei ungarndeutsche Vereine unter den mehreren hundert Förderempfängern – der eine in der Nähe der Hauptstadt, der andere im Süden des Landes.
Als aufmerksamer Zeitgenosse dachte ich mir, ich nehme am besten Kontakt mit beiden Vereinen auf, zumal sie alles andere als Fantomorganisationen sind, denn über ihre Aktivitäten kann sich der werte Interessent auf Facebook und über andere Plattformen leicht informieren. Die Schwerpunkte liegen auf Traditionspflege, aber auch der Förderung des Deutschunterrichts, und die enge Verbindung zur jeweiligen Nationalitätenselbstverwaltung, vor allem personell, ist dabei nicht zu übersehen.
Verbindungsaufbau in den Süden – über Mail, wie üblich. Keine Reaktion. Zweiter Versuch – noch immer kein Bild, kein Ton. Beim dritten Mal griff ich zum Telefon, wie gut, dass Uncle Bell uns im vorletzten Jahrhundert mit dieser Erfindung beglückte. Eine nette junge Dame ging heran, die mir versprach, ihrer Chefin den Rückrufwunsch zu überbringen. Wieder keine Reaktion. Nach mehrmaligen Versuchen per Anruf und SMS musste ich erkennen, dass man mich womöglich nicht sprechen möchte. Schade, denn ich hätte gerne erfahren, welche Pläne der Verein hat und was er mit Hilfe der fünf Millionen Forint, wahrlich keine Unsumme, bewirken will.
Etwas mehr Glück hatte ich im Falle des anderen Vereins aus der Nähe der Hauptstadt. Dessen vormaliger Vorsitzender war in der Tat – jedenfalls auf lokaler Ebene – mit der Regierungspartei mehr als eng verbunden, dennoch macht er – wenn man seine Facebook-Seite studiert – den Eindruck eines Menschen, der – auch mit seinen Posts – etwas bewegen möchte. Er hat auch gleich auf meine Messenger-Zuschrift reagiert, wies aber darauf hin, dass er den Stab überreichen musste und ich einen anderen Herrn kontaktieren möge. Dieser andere Vereinsaktivist, „Mitglied”, wie er sagte, der gut Deutsch sprechen soll, antwortete dann nach einigen Nachfragen. Die Antwort fiel aber sehr knapp aus – Ziel sei die „Erscheinung in der Online-Welt” und die „Untersuchung von deutschen Gemeinschaften”, so die ungefähre Übersetzung aus dem Ungarischen, und dazu erhielt der Verein die dreifache Summe als der Verein in Südungarn. Irgendwie unbefriedigend, deshalb eine erneute Nachfrage – die Antwort: In dem Sachbericht könne man dann alles nachlesen, aber die Arbeit würde erst beginnen. Nicht einmal eine reinkopierte Passage aus der Bewerbung, denn, davon könnten wir doch ausgehen, die Bewerbungsschreiber haben sicherlich ihre Projektinhalte und -ziele näher beschrieben, damit das Kuratorium eine fundierte Entscheidung treffen kann.
Nun ja, dann lasst uns doch auf die Ergebnisse warten, wie die Kafka‘sche Figur „vor dem Gesetz”. Überschattet von Wehmut, denn wie schön wäre es, endlich in einer Welt zu leben, wo Transparenz und Kommunikation das A und O menschlichen Miteinanders sind.