Wie es angefangen hat. Heroische Jahre der Kolonisation von Kötsching/Kötcse (1700-1730)

Von Prof. Dr. Zoltán Tefner

Teil 3

Zu Anfang der 1700er Jahre wurde ein recht düsteres Bild über die Schwäbische Türkei gemalt. Der Feldherr Prinz Eugen von Savoyen hat zum Beispiel von Ofen bis Esseg kein einziges Wohnhaus gesehen, als er mit seiner Armee nach Süden vorgestoßen war. Im Süden – entlang der Heeresstraße – soll die Lage ganz fürchterlich gewesen sein. Im Plattenseegebiet, wo Kötsching liegt, hat die Zerstörung ein weniger trauriges Bild gezeigt. Die Zehntelkonskriptionen haben gezeigt, dass in der sonst dicht bewaldeten Gegend schon zur Zeit des Rákóczi-Freiheitskampfes alle 6-7 Kilometer eine Häusergruppe zu sehen war, und so konnte man allein um Kötsching-Pußta in einem Umkreis von 15 Kilometer ungefähr sechs bis sieben Siedlungen zählen. Später, um das Jahr 1726, grenzte Kötsching-Puszta an landwirtschaftlich gut bebaute Gemeinden wie Karád, Csepel, Szólád an, die die Pußta rings umher umgaben. Nur die Flur, die Kötsching selber war, stand unbebaut, immer noch wahrscheinlich dicht bewaldet. Es stehen uns keine vertraulichen Daten zur Verfügung, die zeigen würden, wie groß dieses Waldgebiet war.

Im Sechseck von Karád–Csepel–Szólád–Kőröshegy–Kapoly–Tab sollten sich ausgedehnte Wälder erstreckt haben, in denen sich entlang von Bächen und auf Hügeln kleinere Siedlungen befanden. Es ist nicht anzunehmen, dass diese Siedlungen (Pußten) mit ca. 1–6 Haushalten – auf dem damaligen Produktionsniveau – mehr als 100–120 Morgen Bodenfläche hätten bebauen können. Diese Landflächen könnten aber keinen anderen Anblick bieten, als der Anblick einer größeren Waldlichtung. Solch eine Waldlichtung musste auch Kötcse-Pußta gewesen sein, irgendwo entlang des Mühlbachs (heute „Nagyárok”), von dem heutigen Sósdomb/Salzberg bis zum Lúdfészek/Gänsenest. Aber wo genau, bleibt eine offene Frage.

Die Ansiedlungen erfolgten sowohl aus politischen wie persönlichen Erwägungen mehrheitlich jedoch aus wirtschaftlichen Motiven. Ein Schwerpunkt der Habsburgerpolitik war deren sogenanntes „Verdeutschungsvorhaben”, ein von Leopold Kolonits erarbeitetes Konzept, das darauf abzielte, dass von den Menschen überall dort, wo die rechtliche Souveränität des Habsburgerreiches Gültigkeit besaß, möglichst Deutsch gesprochen werden sollte. Ebenso sollten zurückeroberte Landesteile gegen eventuelle türkische Militäraktionen geschützt werden, doch im Grunde standen bei der Durchführung dieses Konzepts ganz nüchterne wirtschaftliche Überlegungen im Vordergrund. Die Gutswirtschaft Mercystätten/Hidjeß/Hőgyész in der Tolnau wechselte 1722 für 15000 Forint den Besitzer.

Zur Gutswirtschaft gehörten 25 Siedlungen, die nicht nur unbedeutende Pußten waren, sondern tatsächliche Possessionen wie z. B. Hiewrkut/Keszőhidegkút, Warschad/Varsád, Gallas/Kalaznó, Falschnannen/Felsőnána, Mutsching/Mucsi, Seiwicht/Závod, Izmin/Izmény, Kleinmanock/Kismányok usw.; durch sie hatte ihr Besitzer, Graf Zinzendorf, Militärgouverneur der Stadt Varasd, zwei Jahre zuvor alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit er die wunderschönen, fruchtbaren Produktionsbereiche als Entgelt seiner Militärdienste vom Kaiser bekomme. Diese mehr oder weniger leerstehenden Gebiete steigerten nach der Vertreibung der Türken ihren Wert. Unter Zuhilfenahme der Fronabgabetabellen (Urbarium) der Gemeinde Kötsching aus dem Jahre 1767 kann festgestellt werden, dass allein die Pachteinkünfte (ung. árenda) der Familie Antal 88 Forint ausmachten, der überwiegende Teil der Gelder, nämlich das Zwanzigfache der Einkünfte aus der Pacht, floss als Naturalrente in Form von Brennholz, Butter, Kappaunen, Hühnern, Eiern usw. und durch Arbeitsleistungen (Fronarbeit), außerdem in der Form des Neuntels ein. Die Fronarbeit diente der Bebauung der Allodien, und der Absatz der abgegebenen Naturalien bzw. der Produkte der Allodialwirtschaft vermehrten das Einkommen des Haushalts der Antals. Falls der Kaufpreis von 25 Dörfern tatsächlich 15000 Forint betrug – wenn auch ein Großteil dieser Dörfer zu klein für diese Summe war –, wäre der Realwert der Kötcse-Pußta ziemlich hoch gewesen. János Antal hatte eigentlich nur eine vernünftige Alternative, nämlich die Ansiedlung. Denn hätte er seine Besitzungen nicht besiedelt, wäre der dadurch entgangene Gewinn bei der geringfügigen Produktivität seiner mit Wäldern umgebenen von nur ein paar Leuten bewohnten Pußten sehr hoch gewesen. Die hohe Umschlagsrate spornte alle Grundbesitzer dazu an, die Verwaltung ihrer Besitzungen anders aufzufassen, als sie dies in der Türkenzeit getan hatten. Man musste über alles rational nachdenken: über „Startkapital”, den Auftrag der Werbeagenten, die Organisation und schließlich sogar über die Religion in Zeiten der Gegenreformationsperiode. Diese Ansiedlungen mussten vom Kaiser gefördert, ebenso vom ungarischen Landtag, dem Komitat und von der Kirche. Die Familie der Antals musste dieses Unternehmen vorantreiben, wenn sie dem Stand einer adeligen Landes- oder Patriotenfamilie gerecht werden wollte.                                                                                                                                                      (Fortsetzung folgt.)

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