Die Rubrik „Filmkritik“ des Sonntagsblattes widmet sich der Aufgabe Aufmerksamkeit auf Filme und Dokus zu lenken, welche über die Ungarndeutschen, oder die deutschen Minderheiten Ostmitteleuropas handeln.
Als erstes stelle ich das Dokudrama „die Donauschwaben“ (Originaltitel „Podunavske Svabe“) vor. Der Film von Regisseur und Drehbuchautor Marko Cvejic ist eine serbische Produktion aus 2011. Das Thema ist der Niedergang der deutschen Minderheit in der Wojwodina.
Zwei Handlungen
Der Film hat zwei Handlungsstränge, in dem ersten verfolgen wir Maria, eine Nachfahrin von Wojwodina-Deutschen, wie sie auf der Suche nach dem Haus ihrer Großeltern ist. Diese suche wird von Interviews von Zeitzeugen ergänzt, die Ihre Geschichten erzählen und einen Einblick in ihre persönlichen Perspektiven über die frühe Nachkriegszeit geben.
Die Geschichte nach der Suche des großelterlichen Hauses ist ein überraschend geringer und schlecht gestalteter Teil des Films. Der Handlungsstrang schafft es weder zu unterhalten noch einen Einblick in die Situation der Nachfahren der Wojwodina-Deutschen zu geben, während er im zweiten Teil der Laufzeit vollkommen vom Originalthema abweicht, und auf lächerliche weise versucht Spannung zu erzeugen.
Die Augenzeugenberichte sind der aufschlussreichere Teil des Films, wobei anstatt den Fokus auf die konkreten Fakten und politischen Ereignisse der unmittelbaren Nachkriegszeit zu lenken, die einzelnen Geschichten und Erlebnisse im Rampenlicht stehen.
Parallelen und Unterschiede
Es ist interessant zu beobachten welche Elemente der Erzählungen auch aus den mit ungarndeutschen Zeitzeugen gemachten Interviews bekannt vorkommen. Die historischen Gemeinsamkeiten auf Grund des Zusammenlebens in der Donaumonarchie sind selbstverständlich, Unterschiede lassen sich lediglich auf geographische und ethnographische unterschiede zurückführen. Die prekäre politische Lage der deutschen Minderheiten im Jugoslawien der Zwischenkriegszeit wird leider nicht genug thematisiert.
Die großen Abweichungen beginnen mit der Evakuation der Region am Ende des 2. Weltkrieges, in dessen folge in etwa die Hälfte der Wojwodina-Deutschen die Region verlassen hat. Nach dem Ende des Krieges folgte das Martyrium der zurückgebliebenen, welches viele nicht überlebt hatten. Die Interviews erzählen über die Grausamkeiten der Internierungslager, den Hunger, die Zwangsarbeit und die Kälte, die die Opfer des neuen Jugoslawischen Regimes durchstehen mussten. Traumatisierend wirkte sich auch das Verbot die Muttersprache zu benutzen, die Kollektivschuld und die Enteignung von hab und gut auf die Überlebenden der Lager aus.
Ein schweres Erbe
Verblüfft hat mich der Moment in dem Maria die Fotos von Gedächtnisstatuen des 2. Weltkrieges im alten Haus ihrer Großeltern auf die Wand hängt, der Grund dafür wurde mir bis zum Ende des Films nicht klar. In den Finalen Minuten erzählen die befragten über das Verhältnis des heutigen Serbiens zu den Ereignissen von über 75 Jahren. Es wird recht schnell eindeutig das ein Großteil der Repressionen und Gräueltaten nicht aufgearbeitet worden sind, und auch noch heute Teilweise als Tabuthema gelten. In diesem Kontext habe ich verstanden, dass die Szene mit den Fotos die Unwissenheit der Filmemacher über den eigentlichen historischen Hintergrund hervorhebt. Vielleicht ist auch dass ein Grund, wieso die Interviews allesamt auf Serbisch geführt wurden.
Fazit
Wenn wir das oben erwähnte bedenken schafft der Film es zwar der fast vergessenen und stillgeschwiegenen Geschichte der Wojwodina-Deutschen Aufmerksamkeit zu schenken, jedoch kann er nichts Eigenes mit dem Thema in seiner Handlung anfangen.
Der eigentliche Wert des Films liegt nicht in der sinnfreien Handlung, sondern vielmehr in den Geschichten der Zeitzeugen. Aus diesem Grund möchte ich „die Donauschwaben“ jedem empfehlen, der sich mit den Einzelschicksalen der Wojwodina-Deutschen auseinandersetzten möchte, oder daran interessiert ist wie es den deutschen Minderheiten südlich der ungarischen Grenze im Vergleich zu den Ungarndeutschen erging.
Ein Trailer zum Film finden Sie hier.
Den Film kann man kostenfrei hier ansehen.