Wuderscher/Budaörser besuchten Lenauheim/Csatád in Rumänien

Von Gabi Jaszmann

Das Bundesministerium des Innern unterstützt bereits seit mehreren Jahren den Ausbau von nachhaltigen überregionalen Kontakten zwischen ungarndeutschen Siedlungen, Vereinen und Institutionen. Auch die Mitarbeiter des Budaörser Heimatmuseums nahmen diese Möglichkeit wahr. Nachdem das BMI unseren Antrag auf einen überregionalen Erfahrungsaustausch positiv bewertete, organisierten wir eine Reise nach Lenauheim/Csatád für den 2-3. Oktober 2019.

In Lenauheim angekommen führte unser erster Weg ins Lenau Museum, einem imposanten Gebäude auf der Hauptstraße des Ortes. Hier befinden sich gleich drei Ausstellungen, durch die uns Bürgermeister Ilie Suciu und Frau Elfriede Klein persönlich geleiteten.

Im rechten Gebäudeflügel befindet sich das schwäbische Heimatmuseum, eine Volkskundliche Ausstellung in acht Räumen über das Leben der Banater Schwaben – die wohlgemerkt, hier in der Ortschaft nicht mehr zu finden sind.

Hintergrund: 1940 hatte der Ort 2400 Einwohner, davon über 95% Deutsche. Durch die Abwanderung nach dem Zweiten Weltkrieg sank der Anteil der deutschstämmigen Bevölkerung auf zunächst etwa 50%, 1992 waren von 1400 Einwohnern noch etwa 100 Deutsche – als Folge der „Politik“ von Ceausescu; 2006 nur noch 59 und 2019 nunmehr 24.

Auf Wandtafeln sind wichtige Ereignisse aus der Geschichte der Gemeinde Lenauheim festgehalten. Wertvolle Zeitdokumente und Manuskripte sind in einer Vitrine zu sehen. Geräte und Werkzeuge veranschaulichen den Arbeitsalltag der bäuerlichen Bevölkerung. Ein authentisches Bild von deren Wohnkultur vermitteln die typisch eingerichteten Räume eines schwäbischen Hauses vom Ende des 19. Jahrhunderts.

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Die Lenau-Ausstellung ist in sieben Räumen im linken Flügel des Obergeschosses untergebracht. Präsentiert werden Bilder, Manuskripte und Briefe von Lenau. Im Jahr 1931 wurde die erste Lenau-Gedenkstätte im einstigen Kameralhaus eingerichtet und seither bereits zweimal saniert, restauriert und neugestaltet.

Nikolaus Lenau wurde 1802 in Csatád, dem heutigen Lenauheim geboren, er gilt als einer der bedeutendsten Lyriker Österreichs im 19. Jahrhundert. Seine Werke und sein Schaffen gehörten z.B. vor 40 Jahren zum obligatorischen Unterrichtsstoff deutscher Klassenzüge in ungarischen Gymnasien.

Die Puppenausstellung ist als Kirchweihzug gestaltet, eine hervorragende Idee(!): es sind 50 Trachtenpaare, die die Festtagstrachten von fast allen – ehemals deutschen – Banater Gemeinden zur Schau stellen. Für die Instandhaltung der Puppen muss immer die jeweilige Ortschaft sorgen. Leider gibt es da bereits Schwierigkeiten, da es keine geschickten Näherinnen mehr gibt, die die Kleider fachgerecht und authentisch auffrischen können.
Eine weitere Schwierigkeit hat die Gemeinde mit den Räumlichkeiten im Gebäude, denn zum Teil gehören sie Privatpersonen, die sie selber nutzen möchten, bzw. Miete dafür verlangen.

Die römisch-katholische Kirche zur Heiligen Theresa von Ávila steht unweit vom Museum, sie ist gut im Stande gehalten, zum Teil aus deutschen Spenden. Es werden hier immer noch Messen in drei Sprachen (rumänisch, deutsch und ungarisch) abgehalten.

Der Friedhof am Rande der Ortschaft wird zwar gepflegt, aber er sieht anders aus, wie wir das erhofften. Ganz anders, wie der Alte Friedhof in Budaörs. Es gibt keine Bäume, er wird noch aktiv benutzt und die Grabsteine der Deutschen stehen vermutlich nur noch, weil die Heimatortsgemeinschaft sich darum kümmert. Aber immerhin sind die Spuren der Schwaben noch erhalten.

Vom Besuch in Lenauheim erhofften wir ursprünglich neue Ideen für die Methoden der Zusammenarbeit mit Zivilvereinen, Ideen für neue Veranstaltungen, Ideen für den musealen Bereich, für thematische und Wander-Ausstellungen, Ideen zur Netzwerkbildung. Leider ist auf diesem Gebiet in Lenauheim „nichts mehr zu holen“, da die deutschstämmige Bevölkerung fast völlig verschwunden ist. Wir konnten aber sehen, wie die zurückgelassenen Spuren noch bewahrt und gepflegt werden, wie diese paar Leute alles dafür tun, es so lange es geht, das Andenken lebendig zu halten – obzwar das aus den Spenden der ehemaligen Lenauheimer, der Banater Schwaben geschieht. Es ist ein mulmiges Gefühl daran zu denken, was hier passiert, wenn diese Unterstützung aufhört…

Der Bürgermeister, Herr Suciu, ist Rumäne, hat aber in seiner Kindheit auf der Straße von den deutschstämmigen Kindern einwandfrei Deutsch gelernt und auch die Achtung und Liebe zur deutschen Kultur verinnerlicht. So lange er Ortsvorsteher ist, wird er bestimmt alles daran setzen, dass das Andenken an die Banater Schwaben erhalten bleibt.

Ein zwiespältiges Gefühl hatten wir auch beim Besuch in Temeswar. Die volkskundlichen Ausstellungen entstanden im Adam-Müller-Guttenbrunn Haus dadurch, dass die im sozialen Teil untergebrachten deutschstämmigen Leute ihre Möbel und viele Gebrauchsgegenstände mitbrachten, beziehungsweise der Stiftung schenkten. Einst war es Bedingung für die Aufnahme im Heim „Schwabe“ zu sein, aber mittlerweile nicht mehr, da sie nach und nach „aussterben“.
(Der Verein, der dieser Einrichtung zu Grunde liegt, ist das Hilfswerk der Banater Schwaben e. V.)
Durch das Haus geleitet hat uns Frau Luise Finta, die sich begeistert um die Programme im AMG Haus kümmert und bereits Kontakte zu Ungarndeutschen pflegt, z.B. nach Elek.

Auch auf diesem Wege danken wir dem BMI für die Unterstützung unserer Erfahrungs-Reise, wodurch wir einen Einblick in den Nachlass der Banater Schwaben gewinnen konnten.

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