Der Heidebauer Josef Schmidt für ein ungarndeutsches Landesschulamt

 Die Übergabe von Schulen an örtliche Nationalitätenselbstverwaltungen ist schön, gut und stärkt die lokalen Selbstverwaltungsrechte. Aber: Wäre es dennoch nicht angebracht, ein ungarndeutsches Landesschulamt einzurichten?! Denn es gäbe sehr viel zu tun (allein, was die Unterrichtssprache betrifft, überwiegt in den meisten eigenen Schulen die fünfstündige Form, die oft auch noch als Fremdsprachenunterricht verstanden wird), was ein pädagogisches Institut nicht leisten kann. Die Baptisten, die vor einigen Jahren landesweit 30 Schulen übernommen haben, haben es vorgemacht, wie es geht. In der Vergangenheit gab es kurzzeitig ein Landesschulamt für die ungarländischen deutschen Schulen. Sein Leiter war Josef Schmidt, der vor zwanzig Jahren starb.

 

ZUR ERINNERUNG (zur Verfügung gestellt von Georg Krix)

Vor 20 Jahren, am 21. November 1998 hat uns Landsmann JOSEF (Sepp) SCHMIDT für immer verlassen. Ein Kämpfer für das Ungarndeutschtum, dessen wir uns ehrwürdig erinnern wollen.

Josef Schmidt wurde am 7. März 1915 in Sanktpeter (Heideboden, Westungarn) geboren und starb am 21. November 1998 in Stuttgart-Bad Cannstatt. Die Urne mit seiner Asche wurde in seinem Heimatfriedhof Sanktpeter beigesetzt.

 

Für sein Leben und Wirken stehe hier ein Artikel von Josef Volkmar Senz aus früheren Jahren:

Josef Schmidt war im Sommer 1941 der sowohl an Lebens- als auch an Dienstjahren jüngste Landesschulamtsleiter der damaligen südosteuropäischen deutschen Volksgruppen. Er war von Budapest in das Schulungsgut der Volksgruppe in Schloß Futok gekommen, um die dort versammelten Lehrer des eben nach Ungarn zurückgegliederten Batscherlandes zu begrüßen.

Dies war für ihn ein ganz besonderes Erlebnis, da das rumpfungarländische Deutschtum zufolge der verhängnisvollen ungarischen Nationalitätenpolitik an einem totalen Mangel von volksbewußten deutschen Lehrern litt. Schmidt versprach sich vom Geist und von den Erfahrungen dieser Lehrerschaft sozusagen eine willkommene „Blutauffrischung“ für die Ungarndeutschen, die sich nach dem Wiener Abkommen vom August 1940 zum Schutz der deutschen Volksgruppe in Ungarn gerade anschickten, ein eigenständiges deutsches Schulwesen aufzubauen.

Schon in seiner Jugendzeit und bis heute war er immer und überall dort zu finden, wo es galt, für die Erhaltung des ungarländischen Deutschtums tätig zu werden. Er wurde am 7. März 1915 als sechstes Kind einer Heidebauernfamilie in Sanktpeter/Komitat Wieselburg, im ehemaligen Gouvernement Deutsch-Westungarn, geboren. Schon als junger Student knüpfte er enge Beziehungen zur Bewegung Jakob Bleyers, dem Erwecker des ungarländischen Deutschtums. Josef Schmidt gehört zu den wenigen noch lebenden Teilnehmern an Jakob Bleyers Begräbnis in Budapest 1933.

Nach Absolvierung der Lehrerbildungsanstalt in Sárospatak 1936 studierte Josef Schmidt bis 1941 Germanistik und Geschichte an der Hochschule in Segedin. Dort war auch der Germanist Prof. Dr. Heinrich Schmidt, der bewährte wissenschaftliche Mitstreiter von Prof. Jakob Bleyer, sein Lehrer, der sich über die Suevianer, die sich um den Jubilar sammelten, freute und sie mit besonderer Aufmerksamkeit in die Volkskunde und Mundarten der deutschen Siedlergruppen in Ungarn einführte. Drei Semester verbrachte Schmidt an den Universitäten in Graz und Tübingen. Gleich nach Abschluss seiner Studien wurde er am 1. Juli 1941 vom Volksgruppenführer Dr. Franz Basch mit der Leitung des Landesschulamtes der deutschen Volksgruppe in Ungarn beauftragt. Erstmals in der Jahrhunderte alten Geschichte der Deutschen in Ungarn gab es mit dieser offiziellen Amtsbesetzung eine für die gesamte Volksgruppe in allen ihren Siedlungsgebieten für die Selbstverwaltung des eigenständigen Schulwesens zuständige Einrichtung, deren Aufgabe es war, für Aufbau, Erhaltung und Unterrichtsgestaltung in einer deutschen Schulautonomie zu sorgen. Schmidt erhielt mit diesem Amt einen Aufgabenbereich der deutschen Kultur- und Volkstumsarbeit zugeteilt, der zu den wichtigsten institutionellen und geistigen Instrumentarien der Riege des ererbten Volkstums und lebendigen Identitätsbewußtseins für Volksgruppen in andersnationalen Staaten gehörte.

Die rund zwei Millionen Deutschen des damaligen Ungarn hatten zum Zeitpunkt des nationalen Erwachens nach dem Ersten Weltkrieg nur mehr 14 deutschsprachige Schulen. Der totale Mangel an volkseigenen Mittelschulen und höheren Schulen hat dem Deutschtum in Ungarn naturnotwendig die volksverbundene intelligente Oberschicht und Führungsschicht genommen, die unzulängliche volksfremde Volksschule aber hat ganze Generationen und Schichten seiner Angehörigen in ein namenloses völkisch-kulturelles Elend gestoßen.

Es wurde nur ein stufenweiser Aufbau des deutschen Schulwesens in Angriff genommen. Zunächst beantragte der Volksbund die Errichtung einiger wichtiger höherer deutscher Schulen und eigener Volksschulen in Gemeinden, in denen schulisch und volklich eine bedrohliche Situation bestand. Der auch mit diesem übernommenen schulischen Erbe noch längst nicht ausreichende schulische Bestand wurde getragen von drei eigenständigen schulerhaltenden Körperschaften: 1. dem Volksbund der Deutschen in Ungarn, 2. der Schulstiftung der Deutschen Volksgruppe in Ungarn und 3. dem Deutsch-Evangelischen Generaldekanat in Siebenbürgen.

Das innere Urübel der deutschen Schulfrage war der Mangel an volksbewussten Lehrkräften, der nicht von heute auf morgen gedeckt werden konnte. Alle Anstrengungen wurden deshalb auf die Heranbildung eines erforderlichen deutschen Lehrernachwuchses gelegt. Diese Maßnahme erforderte bei nur zwei eigenen Lehrerbildungsanstalten mehrere Jahre, weshalb auch die Gesamtlösung der Schulfrage und der schulischen Selbstverwaltung bis auf die Zeit nach dem Krieg verschoben werden musste.

Nach Kriegsende finden wir Josef Schmidt in Wien, wo er sich infolge des Elends und der Not seiner evakuierten Landsleute als Mann der ersten Stunde um die Betreuung und Vertretung der Belange der ungarländischen Deutschen in Österreich bemühte. Mit Vertretern anderer Vertriebenengruppen aus den Südoststaaten gründete er bereits 1945 das Zentralkomitee der Volksdeutschen in Österreich, in dem er auch mit Dr. Sebastian Werni aus dem Batscherland zusammenarbeitete. Als Hauptschriftleiter übernahm er ab 1946 die Wochenschrift „Wegwarte“, das Organ des Zentralkomitees. Als die Überparteilichkeit der „Wegwarte“ nicht mehr gewährleistet war, legte er die Hauptschriftleitung nieder. 1950 übersiedelte Josef Schmidt nach Deutschland. Auch da trat er für die Gleichberechtigung der Deutschen aus Ungarn ein. In der Heimatauskunftsstelle für Ungarn, die im Innenministerium Baden-Württembergs in Stuttgart errichtet wurde, übernahm er als Stellvertreter und später als Nachfolger des Leiters Max Albert das Referat „Dokumentation“, das sich um die Erfassung der Daten und Unterlagen der Vertriebenen aus Ungarn zu bemühen hatte. Er setzte sich mit ganzer Kraft für seine Landsleute in ihren jetzigen Aufnahmegebieten ein und erfüllte diese verantwortungsvolle Aufgabe in engster Zusammenarbeit mit den zuständigen Stellen der Staatsverwaltung, der Landsmannschaft, des Rates der Südostdeutschen und anderen zuständigen Gremien.

1974 schied er infolge angeschlagener Gesundheit aus dem Dienst aus. Doch auch im Ruhestand ließ ihn die Sorge um die Wahrung der Belange und Zukunft der Deutschen aus Ungarn nicht zur Ruhe kommen. Als engagierter Journalist bezog er mit volkspolitischen und zeitgeschichtlichen Kolumnen und Beiträgen Stellung zu aktuellen Fragen der Deutschen aus und im heutigen Ungarn. Die Geschichte des Kampfes um die deutsche Schule und die mannigfaltigen politischen Schwierigkeiten der damaligen ungarischen Nationalitätenpolitik, die er als Landesschulamtsleiter von 1941 bis 1944 maßgebend gestaltet hat, sind bisher nur in gelegentlichen Bruchstücken da und dort dargestellt worden, so in der Schrift „Volksdeutsche Schulerziehung in Ungarn“ aus „der Arbeit des Volksdeutschen Schulwesens und der Deutschen Erzieherschaft des Volksbundes der Deutschen in Ungarn“, herausgegeben vom Landesschulamt des Volksbundes der Deutschen in Ungarn, Zusammenstellung von Josef V. Senz. Neusatz 1943,135 Text- und 15 Bildseiten mit 1 Karte“ (erschienen in der Amtszeit von Josef Schmidt).

Die in der AG Donauschwäbischer Lehrer vor Jahren bereits in Angriff genommene Aufarbeitung konnte bis heute noch nicht zum Abschluss gebracht werden. Eine solche Aufarbeitung hätte eine praktische politische Bedeutung, weil die darin dargestellten Erfahrungen mit großem Nutzen in die derzeit in Ungarn und Deutschland aufgenommenen Bemühungen um den Aufbau eines neuen deutschen Schulwesens in Ungarn herangezogen werden könnten, wie das Josef Schmidt in seinen Kolumnen im „Donauschwaben“ immer wieder fordert.

Im Rückblick auf seine kulturelle und politische Arbeit stellt er dann auch fest: „Wir sind heute die letzten spärlichen Reste eines solchen schöpferischen Volkes, ohne dessen historische Leistungen auf allen Gebieten eine abendländische Kultur bei den Völkern der südosteuropäischen Länder überhaupt nicht aufgekommen wäre. Es war die größte noch immer nicht überwundene Enttäuschung meines Lebens, dass unser Opfergang um die Erhaltung des ungarländischen Deutschtums vom ‘Vaterland’ durch die Vertreibung geächtet und vom ‘Mutterland’ nicht beachtet, geschweige denn geachtet wurde.“

In herzlicher Verbundenheit grüßen den Jubilar zu seinem 75. Geburtstag alle seine Freunde und Bekannten, die donauschwäbischen Lehrer und ungarndeutschen Landsleute, und danken ihm für seine bewahrende und anregende Lebensleistung im Dienst unseres Volkes. Sie wünschen ihm weiterhin den Segen des Allmächtigen in seinem Leben und Tun.

 

Bild: kinofenster.de

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