Donnerstag (24. Januar)
Sechs Tage lang stellen wir dank Rebeka Csóti Erinnerungen von Menschen aus Kirne/Környe vor, deren Familien von der Vertreibung betroffen und getroffen waren. Der dazugehörige Artikel ist am 19. Januar 2018 auf dem Portal „index.hu” erschienen.
Anna Fábián
„Damals habe ich in Obergalla gedient, Häuser geputzt und Kinder gehütet. An einem Donnerstag kam die jüngere Schwester eines Dienstmädchens aus unserem Dorf, mit der Nachricht, dass wir schleunigst nach Hause kommen sollen, weil die Vertreibung begann. Wir liefen als Abkürzung über die Weingärten, aber die Kirner Dorfflur wurde bereits am Morgen gesperrt. Viele fuhren im Morgengrauen nach Totis/Tata um einzukaufen, aber zurück ließ man sie nicht mehr. Leidiglich an der Kellerreihe standen keine Gendarmen, dort konnten wir ins Dorf gelangen. Als ich zu Hause ankam, waren meine Mutter und die anderen bereits mit dem Packen beschäftigt. Es wurden bereits viele Familien weggebracht.
Ich habe gesehen, dass die Nachbarsfrau ihre Töchter anzog, während diese weinten, weil sie die viele Kleidung nicht mehr tragen konnten. Ich war schon immer neugierig und lief deshalb bis zur Dorfmitte um mich umzuschauen. Ich werde einen älteren Mann nie vergessen, der mit seinem Bündel am Tor stand und heftig weinte. Überall sah ich Menschen mit Tränen in den Augen. Wir wurden nicht weggebracht, weil die Familien der Bergleute bleiben konnten, so mussten wir, nachdem wir belegt haben, dass Opa dort arbeitet, nicht zum Bahnhof.
Es gab Familien, denen die Polizisten halfen, um hier zu bleiben. Meinem Schwiegervater beispielsweise – als sie ihren Familiennamen hörten, verstanden diese es gar nicht, warum sie überhaupt auf der Liste standen. Sie meinten, Fábián wäre ein madjarischer Name, warum sollten sie umsiedeln?! Mein Schwiegervater erwiderte, dass der Name womöglich ein madjarischer sei, aber wir Schwaben seien. Jedes Mal, als der Wagen sie abholen wollte, schickte ihn der Gendarm weg, unter der Vorwand, sie würden noch Brot backen oder mit dem Packen beschäftigt sein. Er konnte es bis zum Nachmittag hinauszögern, da mussten sie zum Bahnhof. Ehe sie den Bahnhof erreichen konnten, hat man sie unterwegs zurückgeschickt, da die Wagen bereits voll waren. Der Zug startete erst am Abend.
Die Eisenbahnschienen verliefen nah an unserem Grundstück, und es ertönte die Stimme der wartenden Schwaben. Ich kann mich noch recht gut an das Lied, was sie sangen, erinnern:
Burschen, wir gehen weg,
Wir können dieses kleine Dorf nie wieder sehen.
Wir können das Gittertor nie wieder sehen,
Sagt dem, der heimkommt,
Dass ich im fremden Boden ruhe.