Vertreibung aus Kirne/Környe-Erinnerungen: Anna Haffner

Sonntag (20. Januar)

Sechs Tage lang stellen wir dank Rebeka Csóti Erinnerungen von Menschen aus Kirne/Környe vor, deren Familien von der Vertreibung betroffen und getroffen waren. Der dazugehörige Artikel ist am 19. Januar 2018 auf dem Portal „index.hu” erschienen.

Anna Haffner

„Mein Vater war Mitglied beim Volksbund, so haben wir damit gerechnet, dass man uns 1945 unseres Hauses verweisen wird. Enes Tages kamen dann die Polizisten, mit der Nachricht, dass wir gehen müssen. Zuvor haben wir einige unsere Möbelstücke in ein anderes Haus gebracht, von dem wir annahmen, das es von der Vertreibung nicht getroffen wird, aber die dortigen Bewohner wurden 1947 nach Deutschland gebracht, so ging all unser Vermögen, das wir zu retten versuchten, für immer verloren. Ich habe mich beim Schleppen sogar geschlagen. Es kam ein Mann, der den Sparherd mitnehmen wollte, aber ich zog ihn zurück, damit dieser im Haus bleibt. In unser Haus zog eine Neusiedlerin mit drei Kindern. Sie erlaubte uns, eine Weile zu bleiben, aber dennoch mussten wir rasch gehen. Zuerst vertrieben sie uns, danach wir sie. Unsere Freunde halfen dabei, sie haben die Flügel von einigen Hühnern gebrochen, dann die Füße von Hasen, danach machte sich die Frau derartige Sorgen um ihr verbliebenes Schwein, dass sie es in das hintere Zimmer verfrachtete, damit diesem nichts zustößt.

Wir mussten fünfmal umziehen. Zuerst zogen wir zum zweiten, dann zum dritten Nachbarn, in die Mitte des Dorfes zu einer Familie, danach zogen wir in den Kindergarten, dessen Fenster mit Papier verdeckt waren. Damals lebten wir in großer Armut. Mein Vater war interniert, meine Mutter ging auf Märkte, damit wir uns von etwas ernähren konnten, mein Bruder in Tarian, ich fast alleine im Kindergarten bei den Ráczs.

Am Ende nahm uns die Familie meiner Patentante auf, dort wohnten wir, als man 1947 an unserer Tür klopfte, damit wir packen, weil man uns zum Bahnhof bringen wollte. Mein Vater war unten im Bergwerk, er wurde benachrichtigt, dass er sich nach Hause begeben soll, da die Vertreibung begann. Wir haben alles in einem Bündel verstaut, ich habe dabei sogar fünf Röcke angezogen, damit deren Gewicht nicht zum Bündel dazugerechnet wird. Als wir unten ankamen, waren die Wagen bereits voll, wir konnten nicht mehr zusteigen. Wir wurde an die Seite gestellt und nach einer gewissen Zeit entlassen. Auf dem Nachhauseweg hat mein Buhler, der später mein Mann wurde, einen Neusiedlerburschen angehalten. Er hat diesen verjagt und das Pferd mit unserem Bündel bepackt und zu uns nach Hause gebracht. Von dem Polizisten haben wir bereits am Bahnhof wieder unsere Schlüssel erhalten, so konnten wir sofort ins Haus.

Besitzlos, aber wir konnten zurückkehren. Meine Eltern hatten Haus und drei Morgen Besitz, aber diese wurden uns ohne ein Wort weggenommen. Man hat diejenigen weggebracht, die noch etwas besaßen. Die Eisenbahnwaggons standen noch einige Tage bei Weinhield/Bánhida, dorthin brachten wir dem Bruder meines Vaters und dessen Familie Honig und dies und jenes. Den Kontakt zu ihnen brach nicht ab, wir haben viel per Brief korrespondiert. Wir haben in den Umschlag rote Paprika gesteckt, nach einer gewissen Zeit war es erlaubt Pakete zu schicken. Nach 1956 wurde dann alles einfacher.”

Quelle & Bild: index.hu

Deutsche Übersetzung: Richard Guth

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