Auf der Sitzung der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen am 15. September wurde der Rücktritt von Angela Korb als Vollversammlungsmitglied angenommen. Wir veröffentlichen die Erklärung der bisherigen Abgeordneten aus der Branau mit freundlicher Genehmigung der Neuen Zeitung.
Mit großer Spannung und Anspannung wartete ich am 20. Juni in Stuttgart auf die Berichte der online-Nachrichtenportale über die Abstimmung im Parlament bezüglich des Stop-Soros-Gesetzes und der anstehenden Grundgesetzmodifizierung. Als ich 2014 Vollversammlungsmitglied der LdU wurde, habe ich in meinem Statement geschrieben, dass ich nach meinem besten Wissen und Gewissen, die Anliegen der Ungarndeutschen im Auge behaltend, mich für die Gemeinschaft einsetzen werde. In Anbetracht der Abstimmung unseres ungarndeutschen Abgeordneten im ungarischen Parlament am 20. 06. 2018 lässt sich sein Demokratieverständnis mit meinem Gewissen nicht vereinbaren und zwingt mich dazu, als die einzige Form meines Protestes meinen Rücktritt aus der LdU-Vollversammlung zu erklären. Diese Abstimmung war für mich der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Dass ein Gesetz – rechtswidrig – erlaubt, NGO-Mitarbeiter, die ihre alltägliche Arbeit tun, mit bis zu einem Jahr Haftstrafe zu bedrohen, lässt in mir die Frage aufkommen, ob nun nicht eine Lawine in Bewegung gesetzt würde, bei der nun im nächsten Schritt die Vereine, ehrenamtliche Mitarbeiter, auch engagierte Angehörige der deutschen Minderheit in Ungarn, betroffen sein könnten? Meine Befürchtung lässt sich mit meinem Gewissen als Mitglied der Vollversammlung nicht vereinbaren und ich bitte darum, meinen Rücktritt anzunehmen. Ich kann nur darauf hoffen, dass dies bei der nächsten Sitzung ausreichend behandelt wird, gerne kann auch mein Brief (vor)gelesen werden, um eine Diskussionsbasis zu schaffen.
Ich verstehe meine Rücktrittserklärung als kleines Sandkörnchen in der Wüste, und es ist mir bewusst, dass mein persönlicher Protest nichts bewirken und verändern wird, trotzdem möchte ich darauf hinweisen, dass mir bei der genannten Abstimmung eine Enthaltung genügt hätte, um durch den (unabhängigen?) Vertreter der ungarndeutschen Gemeinschaft ein Zeichen gesetzt zu bekommen.
Ich distanziere mich von der Ja-Stimme unseres ungarndeutschen Abgeordneten in dieser wichtigen, zukunftsbeeinträchtigenden Entscheidung. Pluralismus heißt nämlich auch die Stimmen derer zu vertreten, die nicht meiner Meinung sind, sich jedoch als konstruktive und wichtige Akteure unserer Gemeinschaft auszeichnen. Diesen Aspekt sehe ich nicht gesichert!
Ich bitte darum, dieses mein Anliegen zu diskutieren und meine Rücktrittserklärung anzunehmen. Für die Zukunft wünsche ich der Vollversammlung gute Arbeit, konstruktive Diskussionen, weiterführende Gespräche und alles Gute!
Mit besten Grüßen:
Angela Korb
Bildquelle: elte.hu