Der „Gute Hirte” der Sövényházer Deutschen wieder daheim

von Johann Geigl

Die Wiedereinweihung des Denkmals der „Gute Hirte, nach einer Komplettsanierung,  und die Enthüllung einer Gedenktafel zur Erinnerung an die Flucht und Vertreibung der deutschstämmigen Familien aus den Orten Györsövényház  ( Plankenhausen ) und Lébény  ( Leyden ) waren Anlass für die  Reise vom 22. – 26. Juni 2018.

Die Interessengemeinschaft der Heimatvertriebenen und Flüchtlinge aus dem Kreis Limburg-Weilburg sowie dem Raum Mosbach wollen damit die Verbindung zur „alten Heimat”vertiefen und die Bindungen stärken.  Bei der letztjährigen Reise wurde nach mehr als 70 Jahren ein wesentlicher Grundstein dafür gelegt.  Viele Reiseteilnehmer entdeckten neue , wenn auch teils weitläufige, Verwandte. Inzwischen ist das Gefühl einer großen Familie entstanden.

Johann Geigl übergibt dem Diözesanbischof Dr. András Veres die Grußbotschaften

In der Halle des Bahnhofs von Lébény-Mosonszentmiklós enthüllte Johann Geigl ( Sprecher der Interessengemeinschaft ) mit Tibor Horváth, Vorsitzender der „Deutschen Selbstverwaltung Lébény” die Gedenktafel. Sie wurde von der Interessengemeinschaft gestiftet. Die Anzahl der Personen,  die Daten und Ankunftsorte der Transporte von diesem Schicksalsbahnhof sind darauf zu lesen.

Johann Geigl erinnerte in seiner Rede nochmals an den Abtransport der Heimatvertriebenen aus Györsövényház und Lébény am 26. Mai 1946 nach Deutschland. Es war ein ganzer Zug, 521 Personen aus Györsövényház und 60 Personen aus Lébény. In Viehwaggons mit 30 Personen pro Waggon und 30 kg Gepäck reisten sie ohne ein Ziel zu wissen ab.

Beim Besuch in Györsövenyhaz wurden am Denkmal mit den Namen der Heimatvertriebenen von Johann Geigl, Sprecher der IG und Bürgermeister Imre Hokstok je ein Kranz niedergelegt und eine  Gedenkminute eingelegt.

Ein Metalleimer, pro Waggon, diente als Toilette.  Selbst Gerüchte, der Transport gehe in ein Konzentrationslager, machten die Runde. Ein glückliches Ende nahm der Transport dann doch in Weilburg.  Von dort erfolgte die Verteilung auf das Kreisgebiet Limburg-Weilburg, der neuen Heimat.

Bereits am 9. Februar 1945 verließen mehr als 100  ungarndeutsche Personen den Heimatort Györsövényház aus Angst vor der herannahenden „Roten Armee”. Organisiert hatte diesen Transport die örtliche Kommandantur der Wehrmacht in Györsövényház. Das Ziel war die Gemeinde Pettenbach in Österreich ( nahe Linz ).   Es war nur als Zwischenaufenthalt geplant. Nach Kriegsende sollten diese Flüchtlinge wieder in die Heimat zurückehren.

Johann Geigl betonte ausdrücklich diese Tafel solle nicht nur an die Greuel von Vertreibung und Flucht erinnern, sondern mahnen dass sich diese Ereignisse nicht wiederholen. Tibor Horvath, deutsche Selbstverwaltung, bekräftigte in seiner Reden ebenfalls diesen Wunsch.

Bügermeister von Györsövényház, Imre Hokstok,  hob in seiner Rede hervor, dass nun nach mehr als 70 Jahren durch den letztjährigen Besuch, eine innige Verbindung  zwischen den Vertriebenen und Flüchtlingen mit der „alten Heimat” entstanden ist. Ein Resultat davon ist diese Gedenktafel.

Von der ungarischen Eisenbahn Gesellschaft, sie hatte die Genehmigung zum Anbringen des Schildes erteilt, war Herr Németh Szaboles gekommen. Er ist Stationsvorsteher von Masonmagyaróvár und für diesen Bahnhof zuständig. Mehrere Vorstandsmitglieder der deutschen Selbstverwaltung von Lébény, Annamaria Göltl von der deutschen Selbstverwaltung in Györsövényház und Gábor Hancz vom Verein Györsövényház waren als Ehrengäste gekommen.

Die Einweihung selbst nahmen der katholische Pfarrer Tibor Gögh ( für Lébény und Györsövényház zuständig ) und der evangelisch-lutheranische Pfarrer Ferenc Kohary, Lébény  vor. Nach dem Besuch mit Vortrag in der katholischen Basilika in Lébény und dem Besuch der evangelisch-lutheranische Kirche in Lébény war der offizielle Teil beendet.  Pfarrer Ferenc Kohary, seine Frau stammt aus Györsövényház, hat eine 93 jährige Tante in Merenberg-Allendorf  ( Heimatvertriebene ). Seine Frau ist mit den Nachkommen von Maria Göltl, der Mitstifterin des „Guten Hirten” verwandt. Vier Nachkommen , namens Höck oder geborene Höck, fanden hier noch unbekannte Verwandte in der Pfarrersfamilie.

Am Nachmittag des 23. Juni traf die Reisegruppe am Dorfgemeinschaftshaus in Györsövényház ein.  „Im Gepäck” hatten sie ca. 600 Kinder- und Jugendbücher für die staatliche Schule in Györsövényház. Annamaria Göltl von der deutschen Selbstverwaltung hatte nach unserem leztztjährigen Besuch den Wunsch geäußert uns bei der Einrichtung einer „Deutschen Bibliothek” für diese Schule zu unterstützen. Johann Geigl hat die Sammlung dieser Bücher organisiert und zusammen mit Monika Strzalka durchgeführt

Der Höhepunkt der Reise begann am  Nachmittag mit einer Messe in der Pfarrkirche von Györsövényház und  anschließender Einweihung des Denkmals ” Guter Hirte”. Die Messe wurde gemeinsam vom, extra angereisten Diözesanbischof von Györ, Dr. András Veres mit Pfarrer Tibor Gögh gelesen.

Das Denkmal der „Gute Hirte” wurde 1921  von den Familien Johann Husz und Maria Göltl gestiftet. Nachfahren der Familie Husz leben sowohl in Deutschland als auch in Ungarn, die der Stifterfamilie Göltl überwiegend in Deutschland. Maria Göltl heiratete Josef Höck, daher tragen die direkten Nachfahren meist diesen Namen.

Die Vorgeschichte zur Komplettsanierung des Denkmals der „Gute Hirte” geht auf die Initiative von Roland Göltl und Johann Geigl zurück. Sie sahen bei der letztjährigen Reise in die „alte Heimat” den schlechten Zustand diese Wahrzeichens des Glaubens der Ungarndeutschen und aller Györsövényházer Einwohner. Spontan ward der Gedanken geboren was können wir tun um eine fachmännische Sanierung durchzuführen. Roland Göltl berichtete über seine persönlichen Kontakte zu den Herren Dr. Alexander Gantner ( Vizepräsident des Landgerichtes Mosbach ) und Rechtsanwalt Uwe Gehring von der Franz und Gertrud Schenzinger Stiftung in Obrigheim am Neckar. Das Ehepaar Schenzinger, er Ungarndeutscher und seine Frau kam aus den deutschen Ostgebieten. Sie  kamen nach dem zweiten Weltkrieg nach Deutschland. Von hier wanderten sie nach Kanada aus. Nach erfolgreichem Berufsleben dort, kehrten sie wieder nach Deutschland zurück. Sie förderten bereits zu Lebzeiten kirchliche und kulturelle Projekte der Vertrieben. Mit ihrem Vermögen gründeten sie diese Stiftung.

Dritter im „Bunde” ist Gábor Hancz, stellvertretender Bürgermeister, Vorsitzender des Vereins Györsövényház und Redakteur bei der Tageszeitung Kisalföld in Györ. Er führte die Gespräche mit der Akademie für bildende Künste an der Universität in Budapest zur Restaurierung des „Guten Hirten”. Die Professoren Richárd Kaldy und Balázs Szemerey-Kiss mit ihren Studenten Frau Borbála Gheorghita und Herr Tamás Zomborácz Erklärten sich bereit die Sanierung durchzuführen. Sie machten es im Rahmen eines Studienprojektes, daher wurden nur die Material- und Transportkosten in Höhe von rund 3900 Euro berechnet. Für den Arbeitsaufwand wurde nichts in Rechnung gestellt. Die Franz und Gertrud Schenzinger Stiftung erklärte sich, nach Vorlage der Fakten und Zahlen, bereit die Restaurierung mit 3500 Euro zu unterstützen. Den Restbetrag von ca. 400 Euro, so der Wille der Stiftung, sollte als Eigenanteil von der Gemeinde Gyösövényház bezahlt werden. So kam es zur Vollendung dieses Gemeinschaftwerkes. Die Interssengeminschaft stellte noch einen Betrag von 400 Euro für Auffrischung des Bereiches um das Denkmal zur Verfügung.

Die Einweihungsfeierlichkeiten leitete der Vorsitzende der Komitatsselbstverwaltung von Györ-Moson-Sopron,  Zoltán Németh, ein. In seiner Rede sagte er dass die jetzigen Generationen trotz der Vergangenheit nicht ewig mit den Schmerzen der Krieggsfolgen leben sollten. Die restaurierte Statue vermittelt ab jetzt eine neue Botschaft: sie erinnert uns nicht nur an die Grausamkeiten,  sondern auch an die Vergebung. Darüber hinaus macht sie uns auf unsere Verantwortung aufmerksam: Wir sollen das Laufrad der Geschichte anhalten, das in den vergangenen Jahrhunderten als teuflischer Kreislauf, nach längeren und kürzeren friedlichen Perioden erneute Kriege und Grausamkeiten verursachte.

Eine Gruppe der Heimatvertriebenen

Johann Geigl berichtete in seiner Rede über das Zustandekommen der Restaurierung dieses gemeinsamen Denkmals der Heimatvertriebenen und den heutigen Bürgern von Györsövényház.  Er bedankte sich in seiner Rede besonders bei den Herren der Akademie die dieses einzigartige Meisterwerk vollbrachten. Einen ganz besonderen Dank sprach er auch der Franz und Gertrud Schenzinger Stiftung aus, nur durch ihre großzügige Unterstützung war diese Denkmalsanierung möglich !

Die Rede von Johann Geigl vor dem Denkmal

Einen weiteren, ganz besonderen Dank sprach er dem Diözesanbischof Dr. András Veres aus Györ aus, der das Denkmal einsegnete. Für ihn hatte er noch zwei Grußbotschaften im Gepäck.  Diese waren vom amtierenden Limburger  Bischof Dr. Georg Bätzing und dem Weihbiscchof im Ruhestand Dr. h. c.  Gerhard Pischl. Pischl hatte mit einer Reisegruppe des Bistums Limburg  Györsövényház in früheren Jahren besucht. Die Botschaften verlas Johann Geigl und Frau Gabriella Hajna, geborene Muszpantner übersetzte diese ins Ungarische. Danach erfolgte die Übergabe.  Bischof Dr. Veres sagte er werde sowohl Bischof Dr. Bätzing  als auch Weihbischof im Ruhestand Dr. Pischl schreiben. Zum Abschluß seiner Rede dankte Johann Geigl  allen Personen die zur Verwirklichung dieses Projektes mitgeholfen haben.

Bürgermeister, Imre Hokstok, verwies in seiner Rede auf den unvergesslichen Tag  im März vorigen Jahres, als nach 71 Jahren das erste Mal die Gruppe der ehemaligen Vertriebenen und ihre Nachkommen ins Dorf kamen. Alle „Statuen” sind mehr als nur ein lebloser Gegenstand, jede Statue hat eine Botschaft, betonte er. Diese Statue vermittelt nicht nur die Botschaft, was Jesus, der gute Hirte, für seine Herde tat und tut, sondern sie vermittelt eine Botschaft über die Vergangenheit und Gegenwart von Györsövényház, über unser Zusammentreffen, und ich hoffe auch über unsere Zukunft.

Die Reise endete am Montag den 25. Juni 2018 mit einem geführten Besuch des Schlosses Esterházy in Fertöd. Am Nachmittag war eine Führung durch die Altstadt von Sopron ( Ödenburg ). Es gab nicht nur viel Interessantes zu sehen sondern auch viel Wissenswertes zu hören.

Bildquelle: Privatsammlung der Plankenhausener und Leydener Heimatvertriebenen

Titelbild: kisalfold.hu

 

Folgen Sie uns in den sozialen Medien!

Spende

Um unsere Qualitätsarbeit ohne finanzielle Schwierigkeiten weitermachen zu können bitten wir um Ihre Hilfe!
Schon mit einer kleinen Spende können Sie uns viel helfen.

Beitrag teilen:​
Geben Sie ein Suchbegriff ein, um Ergebnisse zu finden.

Newsletter

Möchten Sie keine unserer neuen Artikel verpassen?
Abonnieren Sie jetzt!