Der Bund der Vertriebenen (BdV) erwägt gut 60 Jahre nach seiner Gründung, seinen Namen zu ändern. „Der Name Bund der Vertriebenen ist, wenn er die Vertreibung als einzige Klammer der Zusammengehörigkeit darstellt, nicht mehr vollständig“, sagte BdV-Präsident Bernd Fabritius (CSU) auf WELT-Anfrage. Er habe eine interne Debatte darüber angestoßen, wie der Verbandsname erweitert werden könne
Die Vertreibung gehöre zur Identität des Verbandes, so Fabritius weiter. Allerdings seien inzwischen „sehr viele Menschen in unserem Verband vereint, die nie vertrieben wurden“. Außerdem hätten sich die Aufgaben weiterentwickelt. „Das, was wir abdecken, ist inzwischen viel mehr, als nur diesen historischen Moment Vertreibung zu thematisieren.“
Fabritius: AfD steht für Positionen, die nicht konsensfähig sind
Stärker wolle man sich künftig auf die deutschen Minderheiten etwa in Polen, Rumänien oder Russland konzentrieren, sagte Fabritius, der auch Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten ist. „Ich sehe keinen Unterschied zwischen den Schlesiern, die vertrieben wurden und den Schlesiern, die heute noch in ihren Herkunftsregionen leben.“ Die deutschen Minderheiten könnten „Botschafter“ sein im bilateralen Verhältnis zwischen Deutschland und Polen. Gleiches gelte für Russlanddeutsche.
Merkel betont Wichtigkeit der Vertriebenen
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte auf dem Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen (BdV) die deutschen Heimatvertriebenen als „wichtige Brückenbauer“ in Deutschland sowie zu den Nachbarstaaten bezeichnet. Zwar seien die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs nur „sehr bedingt“ mit Flucht und Zwangsaussiedlungen von heute vergleichbar, sagte Merkel am Dienstagabend in Berlin. Zugleich betonte sie mit Blick auf die Aufnahme von Flüchtlingen: „Die Vertriebenen wissen, wie wichtig Heimat ist.“ Die Erinnerung an die Vergangenheit könne auch „das Verantwortungsbewusstsein für die Gestaltung der Zukunft prägen“.
Die Kanzlerin betonte, das kulturelle Erbe der Vertriebenen verdiene eine besondere Wertschätzung. Es habe eine „integrierende Kraft“ auch für die im Osten Europas verbliebenen Deutschen. So könnten die deutschstämmige Minderheit in Polen wie auch die polnischstämmige Minderheit in Deutschland dazu beitragen, die zwischenstaatlichen Beziehungen zu stärken.
Merkel hob auch die Bundesförderung von jährlich einer Million Euro für die „Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ hervor, die in Berlin eine Dauerausstellung mit Dokumentationszentrum plant. Mit dem 2017 beschlossenen Konzept sei das Projekt nun einen großen Schritt voran und in die „konkrete Phase“ gekommen.
Quelle: welt.de
Foto: Münchner Merkur