30 Jahre wiederbelebter Marienkult in Homokkomárom

von Stefan Pleyer

Die fromme Tradition der Homokkomáromer Pilgerfahrt (Komitat Sala) blickt auf eine reiche und lange Tradition zurück. Diese Pilgerstätte der damals aus dem Moselgebiet frisch angesiedelten Donauschwaben wurde bereits im frühen 18. Jahrhundert von Gläubigen aufgesucht, um eine Adoratio (Ehrerbietung) unserer lieben Frau darzubringen. In den dunklen Jahren der Rákosi-Ära wurde jedoch das kirchliche Leben Homokkomároms und dessen Filialen (Langwies, Freiwies, Deutsch-St. Niklau, Obernak) wesentlich geschwächt. Vor 30 Jahren, im Frühling 1988, stellten die Einheimischen das Institut der Pilgerfahrt her. Seither ist die dortige St. Felix-Kirche eine der am meisten besuchten Pilgerstätten Transdanubiens.

Ähnlich wie in vielen ungarländischen Ortschaften begann die Kirchengeschichte Homokkomároms mit der berühmten Anordnung des ersten ungarischen Königs,  Stephan des Heiligen, wonach alle 10 Dörfer eine eigene Kirche errichten mussten. So war es auch in Sandkomor, wo in der Zeit der Arpaden bereits eine Steinkirche stand, die von den einbrechenden Türken in der Neuzeit dem Erdboden gleichgemacht wurde, genau wie die umliegenden Siedlungen.

In der Region galt die Burg von Kanischa (heute Großkanischa, Großkirchen, ung. Nagykanizsa) als die stärkste Befestigung gegenüber den ottomanischen Kräften. Nach 90-jähriger türkischen Herrschaft befreiten die kaiserlichen Truppen die Burg, wodurch sie und die Umgebung in die Hand von Oberst Baron Josef von Schenkendorf (Burgkapitän von Kanischa) fiel, natürlich zusammen mit Sandkomor. Die Bevölkerung war infolge der türkischen Angriffe stark dezimiert: Die Renaissance der Kanischaer Hügellandschaft sollte mit einem tatendurstigen Wiederbau beginnen.

Der Urheber der neuen Kirchen- und Siedlungsgründungen war der erwähnte Oberst von Schenkendorf: Als er Homokkomárom erhielt, befahl er die Errichtung einer neuen Holzkapelle am Ort, wo im Späteren das Fundament einer künftigen Steinkirche gelegt werden sollte. Bei den Bauarbeiten, sofort nach den ersten Spatenschlägen, fanden die Arbeiter ein Marienheiligenbild unter den Wurzeln, das eine Glaskopie vom „Maria mit der Birnenschnitte”-Kunstwerk Albrecht Dürers war. Vor den Türken verbargen sie die früheren Dorfbewohner unter der Erde, und verschonten diese vor einer möglichen Zerstörung, und so wartete es 170 Jahre auf seine Entdeckung.

Die Holzkapelle bekam die Titulatur Mariä Geburt (Einweihung 1702, an ihrem Festtag, dem 2. September), und die Nachricht vom Heiligenbild erreichte auch die benachbarten Ortschaften: Es wurde auf den Hauptaltar gestellt, und in den kommenden Jahren zog es Gläubige in Massen an. Diese Epoche war die Geburtstunde „Unserer Lieben Frau von Homokkomárom” (ung. Homokkomáromi Szűzanya).

In den 1720ern erschienen neue Ankömmlinge im Gebiet, was die Kultur und das Milieu Südsalas maßgeblich beeinflusste. Die Witwe vom Oberst von Schenkendorf verkaufte seine Güter an einen anderen rheinischen Lehensherrn, den Grafen Franz von Esch, der moselfränkische Kolonisten aus der Stadt Koblenz und dessen Umgebung (Westerwald, Moselgebiet) rekrutierte: Diese „Donauschwaben” kolonisierten die umliegenden Felder und gründeten vier neue Dörfer. Die Ansiedler brachten ihren traditionsreichen Rheinkatholizismus nach Ungarn, dementsprechend benötigte die immer größer gewordene Bevölkerung eine feste Steinkirche. Um diesem Anspruch gerecht zu werden wurde 1722 eine Kirche für die Kolonisten gebaut. Um einen weiteren Heiligen wurde Sandkomor 1751 bereichert, als das Relikt von St. Felix in der Kirche Platz fand.

Der Homokkomáromer Liebfrauenwallfahrtsort wies bis 1781 mehr als 50 wunderbare Heilungen auf, laut den historischen Dokumenten. Nach diesen Geschehnissen wurde die Kirche und der ganze Kalvarienhügel noch bekannter und populärer. Typischerweise versammelten sich die Leute sonntags bei Neumond auf dem Hügel. Interessant zu erwähnen ist es, dass die hiesigen katholischen Moselfranken nicht nur die kirchlichen Traditionen ihrer neuen Heimat praktizierten, sondern sie vergaßen  die rheinischen auch nicht: Zeitweise fuhr ein Teil der Langwiesener aus der Sala nach Aachen, um am dortigen Kirchtag teilnehmen zu können. Diese Gewohnheit war im späten 19. Jahrhundert noch am Leben, aber danach wurden keine Pilgerzüge mehr in die ehemalige „Quasi-Hauptstadt” des Fränkischen Reiches  gestartet.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verlor der Wallfahrtsort Homokkomárom nicht an Bedeutung, auch weiterhin blieb der Marienkult lebendig. Unter der kommunistischen Herrschaft der Nachkriegszeit konnten sich die Salaer eine Pilgerfahrt nicht leisten, und hielten keine weiteren Kirchentage ab wie früher. Von der Rákosi-Zeit bis zur Periode des Systemwechsels war das katholische Leben Sandkomors praktisch eingestellt, aber die letzten Jahre der 1980er brachten erste Schritte in Richtung einer Wiedergeburt: Das war nicht zuletzt dem Pfarrer der Nachbargemeinde Magyarszerdahely, Pfr. István Almássy, zu verdanken (nachdem er von Christi-Erscheinungen erfuhr, die Schwester Mária Kovacsics erlebte). Die neuen Pilgerfahrten wurden zur Mariä-Sühne dediziert, und so entschlossen sich die Homokkomáromer, dass der Kirchtag am 13. Tag jedes Monats sein soll (im Einklang mit den Fatimaer Erscheinungen).

Auf diese Weise konnte das fromme Pilgervolk den Homokkomáromer Marienkult am 13. April 1988 nach 40 Jahren Pause fortführen. Seither dienen diese donauschwäbischen Siedlungen unter der Führung Homokkomároms als ein Origo des katholischen Lebens im Komitat Sala: Der ganze Kalvarienhügel wurde renoviert und um weitere Elemente ergänzt. Nicht nur die einheimischen, sondern auch die in der Nähe wohnenden kroatischen Katholiken besuchen die St. Felix-Kirche am Kirchtag: Deswegen steht eine kroatische Fahne neben den vatikanischen, deutschen und Koblenzer Fahnen (gelegentlich werden kroatischsprachige Messen zelebriert, deutsche leider nicht). Jährlich organisiert die Kirche ein Lager für Schüler, um das Aufrechterhalten der Marienverehrung für die kommenden Generationen zu sichern.

Foto: nyolcboldogsag.hu

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