von Erwin Josef Ţigla
stell. Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Banat,
Vorsitzender des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen, Reschitza
Vier Schriftsteller im Mittelpunkt: Otto Alscher, Alexander Tietz, Peter Jung und Adam Müller-Guttenbrunn
Für die Banater Schwaben im Kreis Temesch wählte ich Peter Jung aus. Warum? Weil wir heute und hier die Banater Hymne gehört haben.
Am 1. April 1887 in Hatzfeld, damals Österreich-Ungarn, geboren wirkte Peter Jung zunächst als Kaufmann in Budapest. Nach der Teilnahme am Ersten Weltkrieg kehrte er 1919 in seinen Heimatort zurück und übernahm die Schriftleitung der „Hatzfelder Zeitung”. 1928 wechselte er nach Temeswar, in die Redaktion der „Banater Deutschen Zeitung“, um von 1931 bis 1941 wieder als Schriftleiter der „Hatzfelder Zeitung“ tätig zu sein. Von 1945 bis 1949 war er Mitarbeiter der „Freiheit“ (Temeswar), der „Temesvarer Zeitung“ und des „Neuen Wegs“ (Bukarest).
Bekannt geworden ist Peter Jung, der sich als Autodidakt Zugang zur Literatur verschafft hatte, vor allem als Dichter. Die unermessliche Liebe zu seiner engeren Banater Heimat, die Verbundenheit mit der Landschaft und seinem Volksstamm und ein tiefer Glaube sind die Quellen, aus denen Jungs Dichtung schöpft. Er ist der Heimatdichter der Banater Schwaben schlechthin. Jung hat etwa 12.500 Gedichte geschrieben, davon ist aber nur ein geringer Teil in verschiedenen Publikationen und in den bisher erschienenen sieben Gedichtbänden – davon 5 posthum – veröffentlicht worden.
Gestorben ist Peter Jung am 24. Juni 1966 in Hatzfeld. Im vergangenen Jahr gedachte man seiner anlässlich des 50. Todestages auf Initiative des Kultur- und Erwachsenenbildungsvereins „Deutsche Vortragsreihe Reschitza“.
In Hatzfeld erinnern eine Gedenkplatte an dem Haus, in dem er wohnte und dichtete, und eine 2001 im Stadtzentrum enthüllte Büste an den begnadeten Dichter und kämpferischen Journalisten.
Vorlesen möchte ich nun sein Gedicht „Mein Heimatland, Banater Land”, vertont durch Wilhelm Ferch und Josef Linster, heute die der im Banat lebenden Deutschen Hymne:
„Mein Heimatland, Banater Land
Das Land, wo meine Wiege stand,
Wo Wohl und Weh mein Herz empfand,
Der junge Tag mir zugelacht,
Als ich in Mutters Arm erwacht,
Der Wachtel Schlag, der Lerche Sang
Mir in die zarte Seele klang
Und all der Fluren holdes Grün
Als eine Zauberwelt erschien:
Das Land, das ist das schönste Land!
O Heimatland! Banater Land!
Gott segne dich, der segnen kann,
Er segne Kind und Weib und Mann!
Wo unsre Väter hart geschwitzt
Und mancher Dorn ihr Herz geritzt,
Bis in der Welt von Sumpf und Rohr
Die erste Ähre spross hervor;
Wo jeder Pflanze, jedem Strauch
Entstieg des Todes giftger Hauch,
Bis ihn besiegte im Gefecht
Der Schwaben knorriges Geschlecht:
Das Land, das ist das schönste Land!
O Heimatland! Banater Land!
Gott segne dich, der segnen mag
Zu jeder Stund, an jedem Tag!
Und ist die Welt voll heitrem Glück:
Mich zieht es stets zu dir zurück;
Ich mag dir nah, dir ferne sein:
Mit Lieb und Sehnsucht denk ich dein;
Ich steh zu dir in Freud und Leid,
Mein ganzes Sein ist dir geweiht
Und sterb ich einst nach diesem Los,
Sei du mein zweiter Mutterschoss.
O Land, du allerschönstes Land!
Mein Heimatland! Banater Land!
Auf Erden ist kein Land dir gleich,
Als wärst du selbst das Himmelreich!“
Und zum Schluss komme ich zu Adam Müller-Guttenbrunn, der im heutigen Kreis Arad geborene Schriftsteller, mit dessen Namen das Temeswarer „Adam Müller“-Guttenbrunn“-Haus, am 4. Mai 1994 festlich eröffnet, das deutschsprachige Lyzeum in Arad, seit 1999 unter diesem Namen bekannt, aber auch die Gedenkstätte in seiner Heimatgemeinde, in Guttenbrunn, heute Zăbrani, 1970 gegründet, in Verbindung steht.
Geboren wurde er am 22. Oktober 1852 in Guttenbrunn, wo er auch den Schulunterricht begann. Es folgten Temeswar, Hermannstadt und Wien, wohin er 1879 endgültig siedelte.
Im Jahr 1883 begann Adam Müller-Guttenbrunn in Wien seine journalistische Tätigkeit bei der „Deutschen Wochenschrift“, ab 1886 dann bei der „Deutschen Zeitung“.
In den Jahren 1893 – 1896 war er Direktor des neugegründeten Wiener Raimundtheaters, in den Jahren 1898 – 1903 des ebenfalls neugegründeten Kaiserjubiläums-Stadttheaters. Ab dem Jahr 1903 war er nur mehr schriftstellerisch und journalistisch engagiert.
Am 6. November 1922 wurde er Ehrendoktor der Wiener Universität und einige Tage später, am 17. November desselben Jahres Ehrenbürger Wiens. Ferdinand I., Rumäniens König, zeichnete den Dichter ebenfalls 1922 mit dem rumänischen Verdienstorden „Bene Merenti“, erster Klasse, aus.
Adam Müller-Guttenbrunn starb in Wien am 5. Januar 1923. Er wurde in einem Ehrengrab der Stadt Wien begraben. Auf seinem Geburtshaus in Guttenbrunn (Hausnummer 316) steht eine Gedenkplatte, 1921 enthüllt, während im Gemeindepark desselben Ortes eine Büste enthüllt wurde.
Schriftstellerisch hat sich Adam Müller-Guttenbrunn als Dramaturg in Wien im Jahre 1881 erstmals mit dem Stück „Des Hauses Fourchambault Ende“ Erfolg geschaffen. 1907 besuchte er seine Geburtsstätte Guttenbrunn, was ihm den Ansporn gab, seine großen Werke zu schreiben. Adam Müller-Guttenbrunn hat insgesamt 82 Romane und Theaterstücke geschrieben. Erschienen sind auch aus seiner Feder über 3.000 Feuilletons, kulturpolitische und literaturkritische Aufsätze.
Adam Müller-Guttenbrunns Rolle bei der Findung der eigenen Ethnie unserer Volksgruppe sei hier besonders zu betonen. Er war eben auch Politiker und Kämpfer für unser von der Madjarisierung bedrohtes Volkstum. Seine wichtigen Romane sind auch aus der Sicht zu betrachten.
Und nun ein Zitat aus Adam Müller-Guttenbrunn, mit dem ich meinen Festvortrag enden werde. Es sind die ersten Sätze seines berühmten Romans „Glocken der Heimat“:
„Das Schwabendorf lag still und friedlich in der warmen Aprilsonne. Alles war draußen in den Riedfeldern und in den Weingärten; die große Arbeit des Jahres hatte wieder begonnen, und sie war eine Lust nach dem langen, milden Winter, der heuer von südlicher Harmlosigkeit gewesen und fast gar keine Beschwerden gebracht hatte.
Österliche Auferstehung!
Neuer Saft, neues Leben, neue Liebe war in alle Wesen geschlossen, in Pflanze, Mensch und Tier. Wie die Lerchen sich in den Lüften wiegten, jubelten und tirilierten, so sprangen die Kälber und Lämmer auf der Weide, so sausten die jungen Füllen über die Wiesengelände der Donauauen, so tollten nach dem Schulschluss die Buben und die Mädeln durch die breiten, mit Baumreihen besetzten Gassen des Dorfes. Noch läuteten und bimmelten die Schneeglöckchen hinter mancher Weißdornhecke an den Dämmen draußen beim Wasser, aber es mischte sich schon Veilchenduft in den kräftigen Geruch der Ackerscholle, und die Stare schwätzen in allen Gärten. Über Nacht hatten sich die Knospen der Obstbäume aufgeblättert, schlohweiß blühten die Aprikosen; es war ein Jauchzen und Duften in der ganzen Natur, und die Erde dampfte in wonnigen Schauern.
Selbst seine Hochwürden der Herr Pfarrer schaffte heute eigenhändig in seinem Garten, und Oberlehrer nebenan tat es ihm nach. Dabei plauderten sie über den Zaun hinweg miteinander. Die Frau Oberlehrer setzte Salatpflanzen aus und beteiligte sich auch an dem Gespräch. Und drüben im Pfarrgarten arbeitete nicht nur der Pfarrer Horvat, auch Fräulein Juliska war mit dabei, während die Klarinéni, ihre Mutter, die dem Hochwürdigen seit zwei Jahrzehnten die Wirtschaft führte, nur ab und zu ging und mit der Frau Oberlehrer Sämereien über den Zaum hin austauschte. In einer fernen Ecke des Gartens beteiligte sich auch der Herr Kaplan, ein hübscher, junger Mann, mit dem glatten Gesichte eines Knaben, an der gärtnerischen Tätigkeit. Er hatte einen grauen, kleinen Rohleinensack umhängen und „putzte Raupen“. Von einem Obstbaume ging er zum andern und spähte nach Ungeziefer, das etwa doch noch aus übersehenen Raupennesten ausgekrochen sein mochte. Der Straubmichel hatte die Bäume zwar im Februar gereinigt, aber wer weiß…. Auch im Vorjahre wurden ein paar Aprikosenbäume kahlgefressen, und der Oberlehrer schlug Lärm, weil auch der Schulgarten in Gefahr kam. Freiwillig erbot sich der Kaplan zu dieser wenig verlockenden Tätigkeit. Denn es war Frühling, man musste ja was tun, musste zugreifen, wo alles sich regte, alles schaffte. Selbst die zierliche Juliska schaufelte lachend mit. Bei den Schwestern von Sacré-Coeur in Preßburg war sie erzogen worden, Französisch hatte sie gelernt und arbeitete dennoch im Pfarrgarten. Da durfte er, der ein Bauernsohn war, doch nicht zurückstehen; und Básci nannte sie Seine Hochwürden, als ob sie die Nichte des Pfarrers wäre. Die Leute behaupten sogar, sie sähe dem alten Herrn viel ähnlicher, als dies sonst bei Nichten der Fall war. Aber was ging das ihn an, den jungen Fant, den sie erst kürzlich aus dem klösterlichen Seminar hatten ausfliegen lassen? Er war gut aufgehoben, seine erste geistliche Station gefiel ihm, und er hätte am liebsten in Juliskas Lied eingestimmt. Aber das hätte sich doch nicht geschickt. Mehr Würde! Mehr Würde! hatte der Rektor immer gerufen, wenn die Kleriker lustig sein wollten.“
Warum diese Aufzählung von vier verschiedenartigen Schriftstellern, die Teile oder das gesamte Banat im Laufe ihrer Lebenszeiten, aber auch danach, bis heute geprägt hatten / haben? Weil jeder Einzelne von ihnen seine / unsere Heimat, so verschiedenartig, wie sie eben landschaftlich und menschlich auch sei, durch sein Schreiben, ob es um Prosa oder um Vers geht, maßgebend beeinflusst hat und es bis heute tut. Wir, die Banater Deutschen wären viel, viel ärmer, wenn wir diese Schriftsteller und viele anderen nicht hätten. Vergessen wir also nicht, dass Heimat auch unser Schrifttum bedeutet. Dafür sollen wir uns auch in Zukunft einsetzen: Das möchte ich mit meinem Festvortrag am heutigen Tag bekräftigen. Danke für Ihre Aufmerksamkeit!