Jakob Bleyer und der Ungarländische Deutsche Volksbildungsverein

Von Georg Krix

Bald nach der (zweiten, auf Grundlage eines aufgezwungenen faulen Kompromisses zustande gekommenen) Vereinsgründung im August wurde dieser schon am 19. September 1924 vom damaligen Minister des Innern, Iwan Rakokovszky, genehmigt. Die Regierung zeigte sich entgegenkommend, Ministerpräsident Graf Bethlen gratulierte und versprach die Arbeit des Vereins zu unterstützen. Wirklich hat die Regierung auch eine finanzielle Unterstützung zugesagt, die ab 1925 jährlich 160 Millionen Kronen = 126 000 Pengő betrug, doch im Juli 1930 um 10 Prozent reduziert und später auf 8400 Pengô herabgesetzt wurde.

Als Erstes besorgte sich der neugegründete Verein eine Kanzlei in Budapest und ging dann an den Aufbau der Organisation landesweit. Dabei stellten sich sogleich Hindernisse ein, meist wegen der chauvinistischen Lokalbehörden. Die Schaffung von dörflichen Stützpunkten wurde überhaupt erst möglich, als die Regierung eingriff und die Art der Organisationsarbeit mit den Obergespanen besprochen werden konnte.

Die deutsche Bevölkerung nahm die Werbetätigkeit Bleyers und seiner Mitarbeiter fast überall mit großem Verständnis, sehr häufig mit heller Begeisterung auf. Im ersten Jahr wurden über 150 Gemeinden besucht, in 46 Gemeinden Ortsausschüsse gegrün det und in 75 Gemeinden mehr als 50 Mitglieder (je Gemeinde!) geworben. Zu Ende des ersten Vereinsjahres, also im August 1925, gab es 8000 Mitglieder. Sie verteilten sich auf 200 Gemeinden. Besonders gute Arbeit leistete der am 18. Januar 1925 gegründete Ortsausschuss in Ödenburg unter dem Vorsitzenden Pfarrer Dr. Huber und dessen Helfern Alfred von Schwartz und Árpád Török.

Im Vereinsjahr 1927/28 verdoppelte sich die Gesamtmitgliederzahl (15 300) und vermehrte sich laufend. 1930 zählte man 24 966 Mitglieder und 169 Ortsgruppen, 1931/32 waren es 27 517 Mitglieder und 180 Ortsgruppen. Dabei muss immer betont werden, dass die Mitglieder nach dem ung. Gesetz volljährig, also 24 Jahre alt sein mussten. Dies war nebst gewissen Vorteilen doch ein großer Nachteil, weil somit die begeisterte Jugend ausgeschlossen blieb.

Geographisch gesehen breitete sich der Verein von den Komitaten Pest, Tolnau, Wieselburg (Moson), Batsch und Gran (Esztergom) allmählich über ganz Rumpfungarn aus. In der Branau (Baranya), im Eisenburger (Vas) und Arader Komitat, in Shomodei (Somogy) uns Wesprim kam seine Tätigkeit jedoch bald ins Stocken. Besonders die Komitate Weißenburg statt Fejér und Wesprim sowie die „Schwäbische Türkei” waren ihm jahre lang ver sperrt durch den Wi derstand der madjarischen Bevölkerung. Von 1924 bis 1926 musste die Arbeit in der Branau statt Baranya völlig ruhen, erst Anfang 1927 konnte sie wieder aufgenommen wer den, aber noch 1930 traten hier erhebliche Schwierigkeiten auf. Der Jahresbericht von 1931/32 zählte immerhin 32 Ortsgruppen in der Branau.

Innerhalb der Vereinszentrale schuf Bleyer verschiedene Abteilungen, verantwortlich für verschiedene Fachgebiete und entsprechen Aufgaben. Der Kulturabteilung oblag die Veranstaltung von Feiern, die Erforschung der donauschwäbischen Vergangenheit, Mundartenpflege, Sammlung von Liedern, Sagen und Märchen, Trachten und Einrichtungsgegenständen, die Förderung von Volksbräuchen und Sitten. Die Schulabteilung kümmerte sich um die Beschaffung von Schulbüchern und Lehrmitteln, um Volksbildungskurse, Fachschulen, ja um das ganze deutsche Schulwesen, das eben eines der wichtigsten Aufgaben des Vereins war. Daneben gab es noch die volkswirtschaftliche Abteilung, die Rechtsabteilung sowie die Abteilung für Gesang, Musik und Volkskunst.

Für die Büchereien wurden interessante Werke aus Privatbüche reien gesammelt, dann wurden Werke guter Heimatschrift steller (Goethe, Chamisso, Lenau, Gottfried Keller, Rosegger, u.a.) angeschafft und es wurden laufend Leseabende vom UDV veranstaltet. Der Verein sorgte auch für „eigenen” Lesestoff, so z.B. wurde das Buch von Hans Göttling „Aus Vergangenheit und Gegenwart des deutschungarischen Volkes” und jährlich der Volkskalender des UDV herausgegeben, nebst weiteren interessanten Büchlein wie „Ernst und heiter”, „Die neue Heimat”, „Wirtschaftlicher Ratgeber”, „Goldene Heimat” u.a.m.

Es lässt sich denken, dass es nicht so leicht war, die schwerfälligen, in alten Gewohnheiten verwurzelten Bauern abends oder sonntags aus dem Wirtshaus und die Bäuerinnen aus der Küche zu „interessanten Vorträgen” zu locken. Doch es war wichtig, die Landsleute zum Zuhören und Mitreden zu bringen, ihre Freude an Musik und Gaudi in den Dienst der deutschen Sache zu stellen. Dazu benötigte man Vorreiter/Vereinsleiter die gönnerhaft zu den Leuten sprachen (wie selbst Bleyer!), die sich natürlich unter den Menschen bewegten. Leider fehlte es oft an solchen Persönlichkeiten, hier zeigte sich der Mangel einer gebildeten deutschen Oberschicht.

Von großer Bedeutung war die alljährliche Vollversammlung (allgemein am 20. August abgehalten) und natürlich der große Landesschwabenball (der immer im Februar stattfand). Über die große Bedeutung des Schwabenballs für den Zusammenhalt des Deutschtums wusste der Berichterstatter der Zeitung „Magyarság” 1928 zu schreiben: „Diese von Jahr zu Jahr wiederkehrenden Bälle sind in der Tat außerordentlich geeignet, in den voneinander entfernt lebenden, zerstreuten und voneinander nichts wissenden schwäbischen Volksschichten… an Stelle des gedrückten Gefühls des Verlassenseins das völkische Selbstbewusstsein zu stärken… Die zielbewusste Arbeit erreicht in verblüffend kurzer Zeit tiefgreifenden Erfolg und bietet den Überlieferungen kräftigen Schutz gegenüber der Einschmelzungsgefahr.”

(Dieser Artikel erschien in Sonntagsblatt 2014/5)

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