Von Dr. Wenzel Bohner
Ein interessanter Artikel. Interessant schon deshalb, weil ich ihn zweimal lesen durfte; – einmal im Sonntagsblatt und beinah zugleicher Zeit auch in der Neue Zeitung, doch hier mit einer anderen Überschrift. Da heißt es: Das Haus des Ungarndeutschtums.Legt man die zwei Überschriften zusammen, so würde das Ergebnis lauten: Das baufällige Haus des Ungarndeutschtums. Klingt gut!
Interessant aber auch deshalb, weil der Artikel aus der Feder eines Jugendlichen stammt! Beinah unglaublich, dass sogar die heutige Jugend (wenn vielleicht auch nur wenige!) merkt, dass mit dem Ungarndeutschtum etwas nicht in Ordnung ist. Wohl geht der Artikelschreiber nicht in Details, er erwähnt nur Schwerpunkte und auch diese nur mit Schlagwörter: Angeschlagene Volkskultur (noch vorhanden), Sprache und Geschichte (im schwinden). Aber er folgert daraus: Ein Neubeginn ist erwünscht, ist dringend notwendig!
Ja, dieses baufällige Haus des Ungarndeutschtums heißt heutein der Praxis: Selbstverwaltung der Ungarndeutschen (LdU).Vorher (vor guten zwanzig Jahren) gab es einen Verband der Deutschen in Ungarn VDU). Ein Haus ohne Fundament. Also Neuland! Denn alles was früher war, war falsch, schlecht, zum verwerfen!
Nun kommt (eigentlich kam vor 25 Jahren) eine alles seligmachende demokratische Wende. Und diese Hoffnung ausstrahlende Wende ermöglichte es, dass auf den fundamentlosen sozialisti-schen Verband ein „neues – demokratisches – Haus” aufgebaut wird, in welchem die (ethnischen) Minderheiten sich selbst verwalten können. So hat es Vater Staat vorgezeichnet. Und anschei-nend klappt der Versuch, denn Vater (Staat) und Kinder (Minderheiten) scheinen zufrieden zu sein. Aber womit? Gute Aussaat doch kein Wachstum, keine Ernte! Praktisch verschwinden die Minderheiten, – doch bildlich sind noch da, müssen sie auch weiterhin existieren. Aus politischen Gründen ist das erwünscht.Deshalb wird geflickt und renoviert. Es gibt Wurzeln(?) und Flügel und Strategien. Aber es bleibt bei schönen Worten und lahmen Experimenten.
Das Haus der Deutschen in Ungarn ist baufällig. Doch bei einem Aufbau muss diesmal mit dem Fundament begonnen werden. Gibt es das alte Fundament von anno noch? Aus der Vorkriegszeit? Bestimmt kann es unter dem nutzlosen Geröll noch aufgefunden werden. Ein altes, aber gutes Fundament kann auch ein neues Haus tragen. Man müsste eben suchen, finden und überprüfen. Und an die Arbeit gehen!