Ein baufälliges Haus

von Patrik Schwarcz-Kiefer

Das Ungarndeutschtum wurde im XX. Jahrhundert genau wegen seiner oft vorteilhaften Eigenschaft, dass es sowohl dem Ungarntum als auch dem Deutschtum gehört, vielmals von Schicksalsschlägen betroffen. Die zunehmende Assimilation, die zerfallenen Familien nach dem I. Weltkrieg, die Madjarisierungsversuche, die Verluste des II. Weltkriegs, die kollektive Schuld, die Vertreibungen und die Unterdrückung zur Zeit des Sozialismus bedeuteten tiefe Einschnitte für unsere Volksgruppe. Wenn wir das Ungarndeutschtum uns als ein Haus vorstellen, das mit Blut und Schweiß jahrhundertelang von unseren Vorfahren aufgebaut wurde, dann sehen wir leider heute ein Gebäude in Trümmern, dessen Licht nicht so glänzt wie vor 100 Jahren.

Im Haus gibt es Räume die glücklicher waren. Die Bräuche, die Musik, das Tanz, die Kultur haben die Schicksalsschläge der Geschichte gut überstanden. Natürlich hat die Geschichte auch hier Schaden und Spuren gelassen, aber im Vergleich mit anderen Räumen können wir über einen guten Zustand sprechen. Nicht so im Falle der Sprache. Die Dialekte haben nur Dekaden bis ihrem Verschwinden, an den ungarndeutschen Veranstaltungen, Schwabenbällen hört man nur selten auf Deutsch kommunizierende Gruppen. Die Frage ist nicht ob es Hochdeutsch oder Dialekt, sondern ob Hochdeutsch oder Ungarisch ist. Die deutsche Sprache wurde für viele nur ein Fach in der Schule.

Zwei Möglichkeiten stehen vor den Ungarndeutschen: wir flicken, renovieren das Haus weiter in der Glaube, dass es so sein kann, wie früher. Leider ist es zu garantieren, dass es nicht möglich sein wird, viele Verletzungen sind dazu zu schwer. Aber wir können ein neues Haus aufbauen. Ein neues Haus auf dem Grund des Alten, und dabei alles retten, was man retten kann. Man muss jedoch den Fakt akzeptieren, dass man nicht alles retten kann und es gibt solche Dinge deren Verlust wir nicht mehr verhindern können. Aber ins neue Haus kann man solche Sachen einbauen, die mit dem alten Haus nicht vereinbar waren.

Meiner Meinung nach will man heute das alte Haus bewahren. Man kann es versuchen, aber es ist langfristig sinnlos. Das Ungarndeutschtum muss aus der erstickenden Gefangenschaft der Geschichte ausbrechen und einen neuen Weg finden. Falls es nicht so kommt, wird gemäß der heutigen Tendenz das „Svábság” für unsere Enkeln nur ein Hobby sein. Bälle, Tanzgruppen, Musik. Dagegen muss man was unternehmen, und die einzige Möglichkeit ist, dass man die Jugend anspricht und sie in die Politik mit einbezieht. Sonst werden die folgenden Dekaden uns so genauso forttreiben, wie es das letzte Jahrhundert mit den anderen deutschen Volksgruppen im Karpatenbecken getan hat.

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