Vasarosnamany - Málenkij robotra elhurcoltak emlékére

Die Kraft der Hoffnung: Eine bewegende Gedenkveranstaltung

Im Januar haben wir unserer Landsleute gedacht, die zur Zwangsarbeit in die Sowjetunion verschleppt wurden. Diese Tag ist für uns mit Schmerzen und tiefen Trauer verbunden. Auch meine Familie war betroffen – mein Urgroßvater ist bis heute in einer Schlackegrube begraben.

Die Erinnerung an Tobias Opa ist bei uns nie verblasst. An Allerheiligen haben wir jedes Jahr auch für ihn eine Kerze auf dem Friedhof angezündet. Als Kind haben mir meine Großeltern viel von ihm erzählt. Er war damals ein Teil unserer Familie und ist auch heute noch.

Auch ich erzähle meinen Kindern, wie grossartig er war. Er ist Teil unserer Familie geblieben.

Ich bin Religionslehrer, und das Alte Testament sowie die Feste und das Leben des jüdischen Volkes sind oft Teil meines Unterrichts. Die Juden messen dem Gedenken an ihre Vergangenheit große Bedeutung bei. Sie tun dies jedoch nicht, um alte Wunden immer wieder aufzureißen, sondern um sich daran zu erinnern, dass Gott sie niemals verlässt und ihnen in jeder Lage beisteht. Dieser tiefe Glaube trägt sie selbst durch schwierigsten Zeiten.

Auch wir Christen empfinden und handel änlich. Für mein Volk, die Deutschen, war das 20. Jahrhundert eine Zeit großer Herausforderungen. Es fiel uns schwer, unsere Identität, unseren Glauben und unsere Hoffnung zu bewahren.

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Im Folgenden möchte ich die Gedanken von Pater Robert Mager, Pfarrer am Hohen Dome zu Fünfkirchen, mitteilen.

Mit großer Anteilnahme versammelten sich zahlreiche Menschen zu einer bewegenden Gedenkveranstaltung, um an das Schicksal der ungarischen Zwangsarbeiter des 20. Jahrhunderts zu erinnern. Diese Gedenkveranstaltung wird bereits zum 29. Mal organisiert, doch für mich persönlich ist es das erste Mal, dass ich daran teilnehme – obwohl meine Familie unmittelbar von dieser furchtbaren Tragödie betroffen war.

Ein Schicksal, das für viele steht

Meine Großmutter mütterlicherseits wurde am zweiten Weihnachtstag 1944 aus ihrem Zuhause in Wakan/Vokány verschleppt. Sie war damals erst 22 Jahre alt. Sie musste zu Fuß durch Ratzpeter/Újpetre nach Fünfkirchen gehen, wo die Deportierten in der Lakits-Kaserne zusammengetrieben wurden. Von dort aus wurden sie in Viehwaggons verladen – mit dem Versprechen einer zweiwöchigen Arbeitsleistung, dem sogenannten „Malenkij Robot”. Doch diese vermeintlichen zwei Wochen wurden für viele Jahre harte Zwangsarbeit in der Sowjetunion. Sie ahnten nicht, dass sie in eine gnadenlose Gefangenschaft geraten waren, weit entfernt von Heimat und Familie.

Ein dunkles Kapitel der Geschichte

Schätzungen zufolge wurden etwa 800.000 Menschen aus Ungarn in die Sowjetunion verschleppt, viele von ihnen kehrten nie zurück. Meine Familie wusste lange nicht, was mit meiner Großmutter geschehen war. Der Kontakt war verboten, ihr Aufenthalt und ihr Schicksal waren ein strenges Geheimnis. Für diejenigen, die verschleppt wurden, bedeutete dies ein Leben voller Demütigungen, Hunger und unbarmherziger Kälte. Die wenigen Heimkehrer kamen nicht nur körperlich, sondern auch seelisch gebrochen zurück. Jahrzehntelang war es ein Tabuthema, selbst innerhalb der Familie wurde kaum darüber gesprochen. Doch das erzwungene Schweigen bedeutete nicht das Vergessen. Es dauerte Jahrzehnte, bis man offen über die erlebten Schrecken sprechen konnte.

Überleben durch Hoffnung

Meine Großmutter erzählte mir oft von ihrer Zeit im Lager. Besonders als in den 1990er Jahren über die Tschetschenien-Kriege berichtet wurde, sagte sie immer wieder: „Ich war dort – aber nicht aus eigenem Willen.” Die atemberaubende Schönheit des Kaukasus konnte sie nicht auf einer Reise genießen, sondern als Gefangene im Arbeitslager von Grosny. Die Erinnerungen an die schneebedeckten Felder, die eisige Kälte und die zahllosen Toten, die nie wieder nach Hause zurückkehren konnten, haben sich für immer in ihr Gedächtnis eingebrannt.

Doch ich habe auch verstanden, dass sie ohne Hoffnung niemals zurückgekehrt wäre. Sie klammerte sich an die Hoffnung, dass dieser Albtraum eines Tages enden würde. Sie glaubte daran, dass ihr kleiner Sohn, den sie mit drei Jahren zurücklassen musste, auf sie wartete. Sie hoffte, ihren in Kriegsgefangenschaft geratenen Ehemann und ihre Familie wiederzusehen. Sie klammerte sich an die Überzeugung, dass das Böse und der Hass nicht siegen dürfen – dass das menschliche Leben unter allen Umständen wertvoll bleibt.

Ganz ähnlich dachte auch Pater Placid Olofsson OCist, der die vier Regeln des Überlebens im Gulag formulierte. Meine Großmutter hätte diese Worte vielleicht nicht so ausdrücken können, aber sie lebte sie:

Man darf das Leid nicht dramatisieren. Klagen macht einen schwächer.

Freude ist essenziell für das Überleben. Man muss bewusst nach den kleinen Freuden des Lebens suchen.

Wir sind nicht perfekt, aber wir müssen zeigen, dass wir besser sind als unsere Unterdrücker. Das gibt Kraft.

Wer Halt hat, kann leichter überleben. Wir Gläubigen können uns an Gott festhalten – und erkennen, dass auch er unser Überleben will.

Eine Botschaft für die Zukunft

Verehrte Anwesende, genau diese Hoffnung sollten wir uns auch heute vor Augen führen. Denn das Opfer der unschuldig Verschleppten war nicht umsonst. Ihr Leid kann uns moralische Kraft für die Gegenwart und Zukunft geben. Wie schön ist es, dass wir gerade in diesem Jahr über die Hoffnung sprechen, da die Katholische Kirche das Jubiläumsjahr unter das Motto „Pilger der Hoffnung” gestellt hat. Papst Franziskus erinnert uns an die Worte des Römerbriefes: „Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen” (Röm 5,5).

Die Menschen, an die wir heute denken, wussten das. Sie waren die wahren Pilger der Hoffnung. Sie waren das Licht in einer für uns unvorstellbar dunklen Welt. Sie haben erfahren, dass Gott uns selbst in den aussichtslosesten Momenten nicht verlässt. Meine Großmutter wurde schließlich, als sie an Typhus erkrankte und abgemagert war, entlassen – weil sie arbeitsunfähig war. Auf abenteuerlichem und beschwerlichem Wege gelang es ihr, über Deutschland zurück nach Ungarn zu kommen – oder besser gesagt, sich zurück nach Hause zu schleichen.

„Wo aber die Sünde mächtig wurde, da ist die Gnade übergroß geworden” (Röm 5,20), sagt der Apostel Paulus. Die Berichte der Zwangsarbeiter bestätigen diese Wahrheit. Selbst im größten Leid kann Gott uns seine Güte und Barmherzigkeit zeigen. Er kann uns Hoffnung und Zukunft schenken, so wie der Prophet Jeremia das Volk tröstet: „Denn ich kenne meine Gedanken, die ich über euch habe – spricht der Herr – Gedanken des Friedens und nicht des Unheils, um euch Zukunft und Hoffnung zu geben” (Jer 29,11). Wäre diese Tragödie nicht geschehen, dann stünde ich heute nicht hier vor Ihnen. Nicht nur, weil es diese Gedenkveranstaltung nicht gäbe, sondern weil ich selbst gar nicht existieren würde. Meine Großmutter fasste nämlich im Lager, inmitten der größten Not, einen Entschluss: Wenn sie heimkehrt, wird sie ein weiteres Kind bekommen. So wurde 1948, ein Jahr nach ihrer Rückkehr, meine Mutter geboren.

Verehrte Anwesende! Auch wir können nur mit Hoffnung und Vertrauen an diese schrecklichen Zeiten erinnern. An diejenigen, die darunter litten, aber zugleich Träger der göttlichen Hoffnung waren. Sie sind uns ein Vorbild für kommende Generationen.

Beitragsbild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:V%C3%A1s%C3%A1rosnam%C3%A9ny_-_M%C3%A1lenkij_robotra_elhurcoltak_eml%C3%A9k%C3%A9re_2013.02.05_(59).JPG

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